Automarkt:Angst vor der Vollbremsung

Einige Autobauer hat es schon erwischt. Andere wie VW und Daimler setzen auf boomende Schwellenländer und hoffen, dass die Krise an ihnen vorbeizieht.

Thomas Fromm und Kristina Läsker

Im September hatte Philippe Varin im Grunde schon alles gesagt. Dass er befürchte, dass die Finanzkrise auf die Realwirtschaft übergreift. Dass er seinen Autokonzern PSA Peugeot Citroën auf das Sparen vorbereiten müsse. Der Peugeot-Chef sprach von Umbauten und davon, dass er Schichten zurückfahren werde. Nur Entlassungen seien nicht geplant, sagte der Manager damals. Das war ihm wichtig.

Taxi nach Shanghai

Wenn ein Autokonzern in China die Taxen stellt, hilft ihm das beim Absatz ungemein. So wie VW: Hier fährt das Modell Santana als Taxi in Shanghai.

(Foto: Pressinform)

Krise, Umbauten, Vorsicht. Während sich Varin in einem Nebenzimmer der Frankfurter Automesse IAA erklärte, feierten die Deutschen nebenan ihre Partys. VW, Daimler, BMW - die heimischen Platzhirsche waren lange von Rekord zu Rekord geeilt. Und von einer Krise wollen sie nichts wissen. Schon da war klar, dass sich die weltweite Autoindustrie spaltet. In diejenigen, für die nach der Krise schon wieder vor der Krise ist. Und die anderen, die sich noch erfolgreich dagegen stemmen können.

Spätestens seit am Mittwoch schlechte Nachrichten aus Paris kamen, ist klar: Für PSA ist die Krise längst wieder da. 800 Millionen Euro will der Konzern einsparen, und natürlich werden Stellen gestrichen. 6000 insgesamt, allein 1000 in europäischen Fabriken.

Die Malaise der Franzosen ist symptomatisch. Der Hersteller ist zu europäisch ausgerichtet, die Rabattschlachten in der Heimat und die Einbrüche in Italien und Spanien gehen an die Substanz. Es ist die Zeit, in der Autoherstellern vor allem eine Frage gestellt wird: Die nach dem Wo. Auch deshalb hat die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit von Fiat herabgestuft. Grund: Zu viel Absatz in Italien, zu wenig Geschäft in den Boommärkten China, Indien und Russland.

Das ist die eine Geschichte. Die andere geht so: Weil die Autobranche außerhalb Europas kräftig wächst, kassieren einige Hersteller noch gewaltig. Volkswagen und Daimler etwa. Beide profitieren derzeit vom weltweiten Autoboom, beide fahren Milliardengewinne ein, als gebe es kein Ende des Booms. Zum Beispiel VW: Europas größter Autobauer verkauft inzwischen die meisten Autos in China und betreibt eigene Fabriken in Russland, Indien und Brasilien. Dort sind Polo, Golf, Jetta & Co begehrt.

Die aufstrebenden Oberschichten leisten sich gerne größere Limousinen wie die von Audi. Das rentiert sich: Zwischen Januar und Ende September erzielte VW einen stolzen Gewinn von 13,6 Milliarden Euro. Obwohl der europäische Markt wegen der Schuldenkrise schwächelt. Doch das tangiert VW nicht. Noch nicht. "2011 wird klar ein neues Rekordjahr", schwärmte der sonst eher nüchterne Finanzchef Hans Dieter Pötsch.

VW profitiert von weltweiter Präsenz

Der oberste Finanzer gibt sich gelassen: Schon jetzt hat der Vielmarkenkonzern mehr Profit gemacht als im gesamten letzten Jahr. Seit Jahresbeginn verkaufte VW mehr als sechs Millionen Autos - so viel wie nie zuvor. Volkswagen sei auf dem Weg, zur ökonomischen und ökologischen Nummer eins zu werden, sagte Pötsch.

Der Autobauer will spätestens bis 2018 Weltmarktführer sein. Wenn es so weiter geht, ist dieses Ziel schneller erreicht. "VW bleibt auf der Überholspur", sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister. Dinge, die Manager und Politiker häufig über profitable Autokonzerne sagen.

Auf dem Weg zur Spitze hat VW derzeit zwei andere Feinde: Die immer größere Komplexität im eigenen Haus - und die unberechenbaren Konkurrenten aus Asien. Es gebe neben dem geschwächten Hersteller Toyota aus Japan nur einen anderen relevanten Wettbewerber und das sei die koreanische Firma Hyundai mit der Automarke Kia, betonte Pötsch. "Die sind aggressiv, und die nehmen wir sehr ernst."

Nicht nur VW profitiert davon, weltweit präsent zu sein. Auch Daimler. Zuletzt stieg die Zahl der verkauften Fahrzeuge des Stuttgarter Autobauers um ein Zehntel auf 525.500. Dass der Gewinn zwischen Juli und September von 1,61 auf 1,36 Milliarden Euro zurückging, ist nach Meinung der Manager noch kein Hinweis darauf, dass die Finanzkrise den Konzern erreicht.

Vor allem hohe Ausgaben für neue Modelle und steigende Rohstoffkosten haben das Ergebnis nach unten gezogen. "Die Produktion läuft weiter auf Hochtouren", betonte Finanzchef Bodo Uebber. Auch wenn die Konjunkturaussichten für das nächste Jahr alles andere als gut sind - Daimler macht auf Optimismus. "Unser Basisszenario für 2012 ist: weniger dynamisch, aber keine Rezession", sagt Uebber.

Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. "Die europäischen Endkunden sind mehr und mehr verunsichert", gestand VW-Vertriebschef Christian Klingler am Donnerstag ein. Deshalb würde auch VW, wenn es denn nötig sei, künftig über "Preisaktivitäten" nachdenken, das heißt Rabatte.

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