Autoklassiker (44): VW Iltis:Ursprung aller Quattros

Sein Auftritt bei der Bundeswehr floppte, auch als ziviles Auto war der VW Iltis alles andere als ein Volltreffer. Doch viele Allradfans schwärmen noch heute vom Iltis. 1980 gewann er zudem völlig überraschend den Vorläufer der Rallye Paris-Dakar.

Echte Geländewagen aus deutschen Landen tragen einen Stern auf dem steil im Wind stehenden Kühler. Das Mercedes G-Modell überstrahlt seit mehr als 30 Jahren alle anderen Offroad-Modelle, die sich nach dem zweiten Weltkrieg zudem kaum nennenswert in Szene setzen konnten.

Altgediente Soldaten, Brandbekämpfer und Allradpuristen kennen aus der Historie noch einen DKW Munga oder seinen Nachfolger VW Iltis - beide waren ausschließlich für den Einsatz bei Armee, Feuerwehr und Katastrophenschutz gedacht. Vom rustikalen Europa-Jeep des Typs VW Iltis schafften es von den insgesamt 9416 produzierten Fahrzeugen kaum mehr als 600 Modelle in die Hände von Privatkunden.

Die Gründe liegen Ende der 70er-Jahre an einer kaum nennenswerten Nachfrage und übermächtigen Konkurrenten wie Mercedes G-Klasse, Jeep Wrangler und Land Rover Defender.

Zudem waren für den von 1978 bis 1982 produzierten Iltis 36.615 D-Mark ein stolzer Preis für einen rustikalen Geländewagen, der bei der Bundeswehr nur wenig überzeugen konnte. Gebaut wurde der VW Iltis nicht bei Volkswagen in Wolfsburg, sondern bei Audi in Ingolstadt. Viele sind aber bis heute der festen Überzeugung, dass es ohne den vergleichsweise erfolglosen VW Iltis niemals quattro-Modelle im Hause Audi gegeben hätte.

Angetrieben wird der gerade einmal 3,88 Meter lange Volkswagen-Geländewagen mit der internen Bezeichnung Typ 183 von einem 1,8 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 55 kW / 75 PS. Nur wenige Fahrzeuge fuhren mit einem 70 PS starken Dieselmotor vom Band.

Die 75-Benziner-PS sind nicht viel, um den gut 1,3 Tonnen schweren Allradler im Straßenverkehr zu bewegen. Gerade im unteren Drehzahlbereich geht beim Iltis wenig. Der Iltis ist aufgrund fehlender Motordämmung und seiner katastrophalen Aerodynamik laut, der Durchzug allenfalls schwach.

Gelände und Dauerlauf sind seine Domänen

Wer genügend Geduld mitbringt, knackt mit Anlauf sogar die 130-km/h-Marke. Aufgrund des hohen Fahrzeuggewichts wird der Spurt 0 auf Tempo 100 zum Dauerlauf von mehr als 20 Sekunden. 14 Liter Durchschnittsverbrauch sind auch eher Minimum als obere Grenze.

Besser schlägt sich der Hecktriebler mit zuschaltbarem Allradantrieb im Gelände. Der Leiterrahmen ist rustikal und die Überhänge sind kurz. Differenzialsperren vorn und hinten sowie eine Untersetzung sorgen dafür, dass es für den Iltis selbst im schweren Gelände kaum ein Halten gibt.

Die Sperren werden am Fahrzeugboden an den Sitzschienen bedient. Wie es richtig geht, zeigen Pfeildiagramme auf dem Armaturenbrett, wo es außer einem vom Käfer entliehenen Zentralinstrument nicht viel zu beäugen gibt. Tacho, Tankanzeige und Kilometerzähler - das war es.

Steile Anstiege sind im ersten Gang jedoch selbst bei Eis und Schnee problemlos zu bewältigen und auch bei tiefen Wald- oder Wasserdurchfahrten kann der Iltis mehr als 30 Jahre nach seiner Premiere noch überzeugen. Insbesondere die große Bodenfreiheit und der kurze Radstand machen sich bei Bergkuppen und großen Hindernissen angenehm bemerkbar. Das Heck hat im Fahrbetrieb allerdings seine Tücken - mit 4x4-Vortrieb geht es sicherer.

Entwickelt und produziert wurde der Iltis für die Streitkräfte. Doch nur ein paar Monate nach seiner Publikumspremiere auf dem Genfer Salon im Frühjahr 1979 sorgte der Offroad-Volkswagen schon für einen Donnerschlag: Mit dem Audi-Werksfahrer Freddy Kottulinsky am Steuer gewann die Koproduktion aus Wolfsburg und Ingolstadt die Rallye Oasis, den herausfordernden Vorläufer der Materialschlacht Paris-Dakar, seinerzeit die härteste Rallye der Welt.

Auch die drei weiteren Iltisse konnten sich mit den Plätzen zwei, vier und neun im Vorderfeld platzieren. Das Siegerfahrzeug mit der Startnummer 137 ist heute im Volkswagenmuseum in Wolfsburg zu besichtigen.

Fürs Militär ein Flop

Bei der Bundeswehr floppte der VW Iltis. Die Verantwortlichen hatten sich von dem Nachfolger des kleineren und leichteren DKW Munga deutlich mehr erhofft. So wurde der Iltis, der intern als "Lkw 0,5 t tmil gl" - 0,5 Tonnen Zuladung, teilmilitarisiert und geländegängig - bezeichnet wurde, schon nach wenigen Jahren sukzessive vom zwar teureren, aber auch deutlich robusteren Modell der Mercedes G-Klasse (interne Wehrbezeichung "Wolf") ersetzt.

Der VW Iltis war wegen seiner Geländegängigkeit aber durchaus vielseitig einsetzbar. Das Planenverdeck jedoch war trotz stabilem Überrollkäfig eine überaus windige Lösung, die den Erfolg als ziviles Straßenfahrzeug zusätzlich erschwerte. Die besonders gut ausgestatteten Modelle glänzten sogar mit Seriensitzen aus dem Audi 80 / 90 mit weichem Flockvelours.

Der Fahrer konnte sich dann sogar über eine Sitzheizung freuen, während aus dem Frontgebläse die wohlig warme Heizungsluft bollerte. Die zivile Iltisversion bot sogar ein Kassettenradio. Davon konnten die Rekruten bei der Grundausbildung in ihren kargen und zumeist klappernden Nato-Hüpfern nur träumen. Das kantige Heck wurde von der Halterung für die überlange Funkantenne, den Ersatzreifen und dem Ersatzkanister dominiert. Hübsch ist anders, aber seinen urwüchsigen Charakter kann man dem Allradler kaum absprechen.

Als der VW Iltis im Jahre 1982 an seinem Produktionsstandort Ingolstadt auslief, wurde die komplette Produktionsstraße an den kanadischen Mischkonzern Bombardier verkauft. Der baute den Iltis in einer leicht modifizierten Form unter anderem für kanadische und belgische Streitkräfte weiter.

Heute gibt es auf dem Gebrauchtwagenmarkt nur selten VW-Iltis-Modelle und besonders wenige, die sich als gut gepflegt erweisen. Die meisten Modelle sind ehemalige Fahrzeuge der Bundeswehr oder der belgischen Armee. Sie kosten zwischen 3000 und 6000 Euro.

Einen der raren zivilen Iltisse zu ergattern ist nahezu unmöglich. Schließlich wurden gerade einmal 616 Stück in Ingolstadt gebaut - auch der Lizenznachfolger Bombardier baute ja ausschließlich Militärversionen.

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