Autohistorie:Die neuen Oldtimer

Autohistorie: Biedermann aus Rüsselsheim: Der Opel Omega A kam 1986 auf den Markt. Wirklich aufregend sah er nicht aus.

Biedermann aus Rüsselsheim: Der Opel Omega A kam 1986 auf den Markt. Wirklich aufregend sah er nicht aus.

Die Auto-Modelle aus dem Jahr 1986 sind reif für das H-Kennzeichen. Das Zeug zum Klassiker haben nicht alle.

Von FELIX REEK

1986 waren sie Neuwagen, 30 Jahre später kommen die ersten Modelle von damals ins H-Kennzeichen-Alter. Doch ein Überblick über das Autojahr 1986 zeigt: Nicht alles, was altert, hat auch das Zeug zum Klassiker. Bei einigen der damaligen Neulinge sind den Designern offenbar die Zeichenstifte etwas entgleist.

Ob der Opel Omega A ein Klassiker ist, bleibt eine echte Streitfrage. Einerseits ist er eines der letzten Opel-Modelle mit Hinterradantrieb, andererseits aber auch eines, das extrem bieder geriet. In den späten Achtzigern war er der Inbegriff von Spießigkeit - Wackeldackel und gehäkelte Klorollen-Haube auf der Rückfensterablage inklusive. Obwohl seine Technik als solide gilt, haben nur wenige Exemplare die letzten 30 Jahre überstanden. Es scheint, als seien die Skeptiker in der Überzahl.

Jahrzehntelang warf man Porsche vor, immer das gleiche Auto zu bauen: den 911. Dann brachte der Sportwagenbauer 1986 mit dem 959 ein Auto heraus, das aussah wie der . . . 911. Auch wenn er dessen schlichte Schönheit nicht komplett adaptieren konnte. Zu gedrungen wirkt die Karosserie, zu groß die Überhänge und der Heckspoiler ist eher ein Fremdkörper. Ein Erfolg wurde das stückzahlmäßig limitierte schnellste Serienauto seiner Zeit (450 PS, 317 km/h Höchstgeschwindigkeit) aber trotzdem. Er fand derart reißenden Absatz, dass sich ein Zweitmarkt etablierte, auf dem gebrauchte Exemplare bald mehr kosteten als der Neuwagen. Heute wird er mit siebenstelligen Preisen gehandelt.

Selbst die stilsicheren Briten von Aston Martin sind vor formalen Ausrutschern nicht gefeit. Im Fall des V8 Zagato ist jedoch die italienische Designschmiede Schuld an der misslungenen Linienführung. Die Scheinwerfer wirken, als habe man sie bei der Gestaltung des Kühlergrills vergessen. Auf der Motorhaube wölbt sich eine unschöne Ausbuchtung, um Platz für den Vergaser zu schaffen. Den musste Aston Martin nachträglich einbauen, da der ursprünglich eingeplante Einspritzmotor die Abgasvorgaben nicht einhielt. Entsprechend wenige Autos verkaufte Aston Martin seinerzeit. Es waren genau 89.

Bei der dritten Generation des Audi 80 ist vom sportlichen Design der späten Jahre noch nichts zu sehen. Im Gegenteil, er ist ein rundum nüchternes Auto, das Design eher behäbig-freudlos. Technisch lag dieser Audi 80 aber weit vorn, auch dank des Sicherheitssystems Procon-ten. Beim frontalen Aufprall straffte es die Gurte und zog die Lenksäule zurück, damit der Kopf nicht auf das Lenkrad aufschlug. Als sich die Airbags durchsetzten, wurde das aufwendige System jedoch überflüssig.

In seinem Heimatland führte der Renault 21 bereits in seinem Erscheinungsjahr die Verkaufszahlen der Mittelklasse an. Das liegt auch an der fortschrittlichen Technik. So gab es bereits Servolenkung, elektrische Fensterheber, Infrarot-Zentralverriegelung, ABS und Klimaanlage. Doch in Deutschland wollte den kantigen Franzosen kaum jemand haben.

Den ersten BMW M3 wollten viele haben, doch nur wenige konnten ihn sich leisten. Der kantige Sportwagen weckte Begehrlichkeiten. Kein Wunder, schließlich stammt sein Motor vom damals sehr erfolgreichen BMW-Formel 1-Motor ab. Vierstellige Leistungswerte wie in der F1 - dort per Turbo zwangsbeatmet - lieferte der Vierzylinder im M3 zwar nicht, aber 200 PS und maximal 230 km/h waren alles andere als alltäglich in einem ansonsten vollkommen alltagstauglichen Auto.

Den ersten BMW M3 wollten seinerzeit viele haben, aber nur wenige konnten sich ihn leisten

Mit dem Siebener des Jahres 1986, interner Werkscode E32, erklomm BMW in der Oberklasse erstmals S-Klasse-Niveau. Erst recht, als 1987 der 750i mit dem ersten deutschen Nachkriegs-Zwölfzylinder folgte. Doch die meisten Kunden griffen zu den Sechszylindern. Die hatten zwar weniger Leistung und Prestige, aber das gleiche elegante Design, das dem E32 den Ruf einbrachte, der deutsche Jaguar zu sein.

Einen echten neuen Jaguar gab es 1986 auch: den XJ40. Der hatte es nicht leicht bei den Fans der Marke, die sich vor allem an den Glasbaustein-Scheinwerfern störten, die die klassischen runden Leuchten ersetzten. Und am Hartplastik, das im Inneren auf das gewohnte Herrenzimmer-Interieur aus Holz und Leder traf.

Dann sind da noch der Toyota Supra und der Lamborghini LM 002. Der eine ein echtes Kind der Achtziger, mit Klappscheinwerfern, Targadach rundum verglaster Heckpartie und zarten Coupélinien. Der andere ein grobschlächtiger Geländewagen mit unendlichem Durst, einst für die US Army entwickelt, aber dann mangels Interesse der US-Regierung doch erfolglos in zivil auf den Markt gebracht.

Toyota baute Sportwagen, Lamborghini Offroader: 1986 war nicht nur das Jahr der Design-Fehltritte, sondern auch das der vertauschten Rollen.

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