Test Mercedes C300de:Der Diesel-Hybrid hat Ladehemmung

FV  EQ Stuttgart 2018  Driven by EQ Stuttgart 2018; Mercedes C300 de

Laut Werksangaben soll die C-Klasse als Diesel-Hybrid nur 1,6 Liter verbrauchen. Das ist unter normalen Bedingungen utopisch.

(Foto: Daimler AG)

Mercedes kombiniert in der C-Klasse Diesel- und Elektromotor. Das Versprechen, auch auf der Langstrecke besonders sparsam zu sein, hält der Doppelantrieb aber nicht.

Von Joachim Becker

Sommer, Sonne, Eisschmelze. Die Leute mit den roten Gesichtern können gar nicht so schnell schlecken, wie ihnen das Halbgefrorene in der Hand zerrinnt. In diesem Hochofen mit wenig Straßenbegleitgrün wirkt der Mercedes wie eine Oase. Kaum hörbar und vor allem ohne Verbrennungsmotor werkelt die Eismaschine unter der Motorhaube. Das Geheimnis der Sommerfrische steckt aber im Kofferraum: Zehn Kilowattstunden effektiv nutzbarer Energie halten die Klimakammer auf Wunschtemperatur. Beim Fahren ist der Batteriespaß von kürzerer Dauer. Nach nur 40 Kilometern erwacht der Dieselmotor aus der Elektro-Lethargie. Plug-in-Hybride können eben nie genug Akkukapazität haben.

Als zweite Gewissheit nehmen wir von der Testfahrt mit, dass auch der Rest des Autos ein Update braucht, wenn ein Hochvoltantrieb eingebaut wird. Weil vor der Hinterachse kein Platz war, thront das Akkupaket 15 Zentimeter hoch mitten im Gepäckabteil. Die Treppenstufe zeigt, wie weit die Elektromobilität noch weg war, als diese C-Klasse entwickelt wurde. In der nächsten Modellgeneration wird es so eine Form von Ladehemmung mit Sicherheit nicht mehr geben. Fraglich ist allerdings, ob der Nachfolger ab dem nächsten Jahr überhaupt noch einen Plug-in-Hybrid mit Dieselmotor bekommen wird. Dagegen spricht dreierlei: Die Entwicklung ist wegen der Abgasreinigung aufwendiger als beim Benziner, zudem kombiniert der Selbstzünder mit Stecker zwei sehr teure Antriebsvarianten. Zudem wird der Platz im Unterboden knapp, weil Euro-6d-Diesel einen zweistufigen SCR-Katalysator brauchen. Viel Platz für alternative Energiespeicher bleibt dann nicht mehr.

Schade, denn der Stecker-Kombi segelt souverän durch den Alltag. Man muss den Drehzahlmesser schon genau im Auge behalten, um über das Zusammenspiel von Verbrenner und Batterieantrieb immer auf dem Laufenden zu sein. Selbst mit fast leerem Hochvoltakku verabschiedet sich der Diesel im Schubbetrieb umgehend. Wie ein Seiltänzer hält der Mercedes elegant die Balance zwischen Energierückgewinnung und ein wenig Elektroboost, um den Selbstzünder ja nicht zu wecken. Gerade auf gesteckt vollen Autobahnen mit Baustellen und allerlei Temposchilderei verschleift das Automatikgetriebe gekonnt alle Übergänge. Auch von der schrittweisen Reinigung des Partikelfilters bekommen die Passagiere nichts mit.

Auf längeren Strecken kann man dem Spiel der Anzeigen zuschauen, wie der Teilzeitstromer überall ein bisschen Energie einsammelt. Doch am Ende hilft alles wenig, wenn die Ladesäulen selbst in Parkhäusern noch Mangelware sind. Ohne solche Stromspritzen profitiert der Diesel als Langstreckenantrieb zu wenig von der aufwendigen Elektrifizierung. Nach 770 Kilometern mit nur einer einzigen Lademöglichkeit stehen 7,4 Liter Durchschnittsverbrauch auf dem Tankzettel. Viel zu viel für einen Hybrid, der mit 1,6 Liter Normverbrauch hausieren geht. Zumal der 2500 Euro günstigere C 300 d im Langstreckeneinsatz wohl auf einen ähnlichen Verbrauchswert käme: Der konventionelle Vierzylinderdiesel mit 180 kW (245 PS) ist 250 Kilogramm leichter, was man nicht zuletzt in schnellen Kurven merkt. Dort lässt die hoch gelegene, schwere Plug-in-Batterie den Kombi wie ein schlecht gemachtes SUV hin und her schwänzeln. Sportlichkeit ist also nicht seine Sache, auch wenn der Mercedes C 300 de mit über 300 PS Systemleistung auf dicke Hose macht. Der Spurt in 5,7 Sekunden von Null auf 100 km/h mag einige Kunden ködern, viel Sinn macht er bei einem Sparantrieb nicht.

Das Auto wurde der SZ-Redaktion zu Testzwecken vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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