Auto-Emissionswerte:Gemessen wird nicht am Auspuff, sondern per Elektronik

Ob sich daran künftig etwas ändert, ist fraglich. Denn die Lobbyarbeit der Automobilhersteller war in der Vergangenheit gründlich. Auch bei der periodischen Abgasüberwachung hat die Industrie ihren Einfluss geltend gemacht und dafür gesorgt, dass bei Fahrzeugen mit Onboard-Diagnosesystem (OBD) ab Erstzulassung 2006 nur noch in Ausnahmefällen die Abgaskonzentration am Endrohr gemessen wird. Stattdessen vertraut man auf die fahrzeuginterne Elektronik und überlässt ihr das Aufspüren von Grenzwertüberschreitungen bei den Abgaswerten. Die von den Herstellern programmierten OBD-Systeme führen keine echte Abgasmessung durch, sondern bestimmen anhand von Parametern, Modellrechnungen und Wahrscheinlichkeiten, ob das Abgasverhalten eines untersuchten Fahrzeugs in Ordnung ist oder nicht. Und was das System sagt, kommt in den Prüfbericht.

Wie unzuverlässig OBD-Systeme Abgasgrenzwertüberschreitungen detektieren, wurde in mehreren Studien, unter anderem von BaSt, CITA oder der EU-Kommission (TEDDIE-Studie) nachgewiesen. Alle Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Kombination aus OBD-System und Abgasmessung am Endrohr die sicherste Methode ist, um Luftverschmutzer zuverlässig aus dem Verkehr zu ziehen. "In der aktuellen Form ist die Abgas-Untersuchung sinnlos", sagt Harald Hahn, Präsident des Bundesverbands der Hersteller und Importeure von Automobil-Serviceausrüstungen (ASA). Die gesetzlichen Grenzwerte seien derart hoch, dass sich derzeit eigentlich jede Prüfung erübrige. Das führt laut ASA unter anderem dazu, dass viele OBD-Dieselfahrzeuge die aktuellen AU-Grenzwerte selbst dann unterschreiten, wenn vor der Abgasmessung der Rußpartikelfilter entfernt wird.

Es gibt längst genauere Messgeräte

Dabei wäre die Messtechnik zur Überwachung deutlich strengerer Grenzwerte verfügbar. Der ASA selbst hatte 2010 gemeinsam mit Prüforganisationen den Anstoß für die Entwicklung einer neuen Generation von Abgasmesssystemen (Opazimeter II) gegeben. Die neue Technik ist hundertmal präziser als die AU-Geräte der alten Generation. Sie findet auch kleinste (Ruß-)Partikel im Abgas, die als besonders gesundheitsgefährdend gelten, weil sie über die Lunge direkt ins Blut gelangen.

Doch die Anstrengungen des Verbandes waren nutzlos. Man konnte sich lediglich auf den so genannten Plakettenwert einigen. Diese AU-Grenzwerte schaffen viele moderne Diesel auch ohne Partikelfilter problemlos. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Politik insbesondere das Verkehrsministerium seine Ankündigung, alle Systeme rund um Fahrzeugzulassung und -überwachung auf den Prüfstand zu stellen, in die Tat umsetzt. Oder ob wir auch künftig mit Fehlern im System leben müssen.

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