Aussstellung (1): "Car Culture":Gib Gummi!

"Car Culture" heißt die Ausstellung zum "Automobilsommer 2011" - aber etwas weniger Car und dafür mehr Culture wäre schön gewesen.

Sandra Danicke

Vor dem Museum bilden fünf turnende VW Käfer ein akrobatisches Stillleben. Im Foyer scheint ein Lastwagen aus Styropor durch die Mauer zu brechen, und das Erste, was im Ausstellungsraum den Weg versperrt, ist ein adipöser roter Porsche, bekannt als "Fat Car" von Erwin Wurm.

Aussstellung (1): "Car Culture": 1970 hatte der Künstler HA Schult 20.000 Kilometer in nur 20 Tagen in einem orangefarbenen Citroën Dyane zurückgelegt, indem er innerhalb Deutschlands hin und her fuhr. Eine Art Dauerhappening, das uns in seiner ökonomischen Sinnlosigkeit auch heute noch einen gewissen Respekt abringt.

1970 hatte der Künstler HA Schult 20.000 Kilometer in nur 20 Tagen in einem orangefarbenen Citroën Dyane zurückgelegt, indem er innerhalb Deutschlands hin und her fuhr. Eine Art Dauerhappening, das uns in seiner ökonomischen Sinnlosigkeit auch heute noch einen gewissen Respekt abringt.

(Foto: HA Schult / VG Bild-Kunst, Bonn 2011)

Schon verrückt, was Künstler mit Autos so alles anstellen, mag man da denken. Es geht sogar noch verrückter: Der Besucher des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) darf sich in einen Wagen des Künstlertrios Severin Hofmann, David Moises und Leo Schatzl setzen, der an bunten Gummiseilen von der Decke hängt und den flotten Werktitel "Gimme Gummi (Autorotation)" trägt. Sodann wird man von bereitwilligen Helfern im Kreis gedreht, um hernach schwungvoll aufzutrudeln. Klingt nach Rummelplatz? Stimmt.

Car Culture" heißt die Ausstellung zum "Automobilsommer 2011", von der man sich etwas weniger Car und dafür mehr Culture gewünscht hätte. Stattdessen erinnert der Schauraum im ZKM derzeit an eine Mischung aus Tiefgarage, Autohaus und Fahrgeschäft: Karosserie steht neben Karosserie - oder dem, was die Künstler daraus gemacht haben . Vielen Fahrzeugen wurde übel mitgespielt: Man hat sie platt gewalzt (Wolf Vostell), verschrottet (Gottfried Bechtold) oder geteert und gefedert (Michael Elmgreen und Ingar Dragset).

Für Autofreunde mag dies ein staunenswerter Parcours sein. Zumal man hier Modelle findet, die es im Autohaus gar nicht gibt: etwa einen mit schwarzem Hochglanzlack und Chromapplikationen veredelten "Trabant E Klasse" von Ecke Bonk.

Auch die Aktionskunst der Siebziger kommt mit einer Dokumentation und Relikten von HA Schults "Aktion 20 000 km" zu ihrem Recht (unser Bild: HA Schult: "Aktion 20 000 km", 1970, Foto: HA Schult / VG Bild-Kunst, Bonn 2011). 1970 hatte der Künstler die beachtliche Strecke in nur 20 Tagen in einem orangefarbenen Citroën Dyane zurückgelegt, indem er innerhalb Deutschlands hin und her fuhr. Eine Art Dauerhappening, das uns in seiner ökonomischen Sinnlosigkeit auch heute noch einen gewissen Respekt abringt.

Die Mehrzahl der ausgestellten Werke demonstriert eine kritische Haltung zu den Themen Konsum und Ressourcenverschwendung, was nicht weiter schlimm wäre, wären die Werke nicht häufig so bemüht originell geraten. "Car Culture" zeigt das Auto als Dreckschleuder, als schützenden Kokon, als Potenzersatz. Für eine Kunstausstellung sind das dürftige Erkenntnisse.

"Car Culture" im ZKM Karlsruhe, bis 8. Januar 2012. Infos unter www.zkm.de

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