Ausbau Autobahn A 8:Gewitzte Ideen

Neue Tunnel, Autobahn-Terrassen oder eine Brücke über den Chiemsee? Für den Ausbau der A 8 Richtung Salzburg gibt es eigenwillige Ideen. Die Entwürfe in Bildern

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Ausbau Autobahn A8

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Der Ausbau der A8 bringt eine Menge Probleme mit sich. Baureferendare der Technischen Universität München haben charmante und eigenwillige Lösungen erarbeitet.

Die A8 München-Salzburg ist eine der ältesten Autobahnen Münchens, ab Rosenheim aber entspricht sie nicht mehr zeitgemäßen Kriterien: Zum Teil gibt es keine Standstreifen, die Mittelstreifen, sofern vorhanden, sind zu schmal, die Entwässerungseinrichtungen entsprechen nicht dem Stand der Technik. Auch der Ausblick auf eine weiter zunehmende Verkehrsbelastung legt einen Ausbau auf sechs Fahrspuren plus Standstreifen nahe. Das heißt aber auch: Mitunter wird wird A8 doppelt so breit wie bisher.

Bauingenieure der TU München haben sich deswegen vier Teilabschnitte der Autobahn vorgenommen und mögliche Lösungen erarbeitet:

Abschnitt 1: Frasdorf Abschnitt 2: Bernauer Berg Abschnitt 3: Bernau Abschnitt 4: Chiemsee

Eine der vielen Vorgaben war auch, dass der Charakter als Panoramaautobahn erhalten bleiben muss.

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Abschnitt 1: Frasdorf

Werden Straßen neu bzw. wesentlich umgebaut, haben die angrenzenden Bewohner nach der 16. BImSchV Anspruch auf einen ausreichenden Lärmschutz. Der wird in der Praxis durch Maßnahmen wie Wälle, Wände, lärmmindernden Asphalt oder Schutzfenster umgesetzt. Oft stellen gerade die meterhohen, straßenbegleitenden Lärmschutzwände aus Sicht der Bewohner eine Verbesserung der Lebensqualität dar - aus Sicht der Autofahrer jedoch eine Verschlechterung der visuellen Qualität und Abschottung von Stadt und Landschaft.

Im Fall von Frasdorf bestand die Aufgabe darin, den verschiedenen Ansprüchen von Autofahrern und Anwohnern gerecht zu werden - immerhin läuft die A8 extrem knapp an der Ortschaft vorbei.

Variante 1: Die erste Variante legte sich auf einen Ausbau mit einem 5+2-Querschnitt (Bild) fest. Dieser beinhaltet einen variablen fünften Fahrstreifen, der bei hohem Verkehrsaufkommen z .B. bei Urlaubs- oder Pendlerverkehr einer Richtung zugeschaltet werden kann. Bei dauerhaft rückläufigem Verkehr könnt der Mittelstreifen zu einem Grünstreifen zurückgebaut werden. Der Ausbau könnte auf der bisherigen Trasse vorgenommen werden wobei diese dabei nur geringfügig verbreitert wird.

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Das Konzept sieht zudem einen innovativen Lärmschutz vor. Vorstellbar wäre eine höhenverstellbare Lärmschutzwand, bei der, wie bei einem Rollladen, die Wandhöhe in der Nacht, wenn die Lärmbelastung geringer ist, hochgefahren werden kann. So kommt sie mit einer geringeren Höhe aus als vergleichbare statische Konstruktionen. Für die Autofahrer bliebe so am Tag der Landschaftsblick erhalten.

Um für die Gemeinde Frasdorf die Lage nicht zu verschlechtern, wird die Fahrbahn um den Betrag tiefer gelegt, den der feste Teil der Lärmschutzwand höher werden würde. Zusätzlich könnten Photovoltaikelemente über der Autobahn zusätzlich zur regenerativen Stromerzeugung genutzt werden. In der Nacht werden die Elemente horizontal gedreht - um den Lärmschutz weiter zu verbessern.

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Variante 2:

Während die Planungen der Autobahndirektion einen 6+2-Ausbau (sechs Fahrspuren, zwei Pannenstreifen) auf dem bestehenden Verlauf vorsehen, favorisieren die angrenzenden Gemeinden und verschiedene Interessensvertretungen die vollständige Verlegung des Verkehrs in einen Tunnel.

Die Variante 2 des Ausbaus um Frasdorf sieht deswegen folgendes vor: Der Fahrstreifen Richtung München soll in einen Tunnel verlegt, die Fahrbahn Richtung Salzburg auf der bestehenden Trasse ausgebaut werden.

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Durch das Bauen auf Bestand würde zudem die Neuversiegelung von Flächen reduziert, der angrenzende Hang der Kirchleite bliebe weitestgehend unbeeinträchtigt, die Lärmemissionen auf Frasdorf würden durch den halbierten Verkehr vermindert und die zu den Alpen gewandte Fahrbahn bliebe an der Oberfläche.

Zudem wäre genügend Platz für einen Lärmschutz vorhanden.

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Abschnitt 2: Bernauer Berg

Im Bereich des Bernauer Bergs hat die Autobahn A8 neben dem allgemeinen Problem des zu geringen Querschnitts ein Gefälle von rund sieben Prozent, was nicht den aktuellen Normen entspricht. Durch die extreme Steigung werden Lkws stärker abgebremst als Pkws und stellen so ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Auch der Schadstoffausstoß erhöht sich - die richtlinienkonforme Steigung von maximal vier Prozent brächte auch in diesem Punkt Abhilfe.

Variante 1:

Die Fahrbahn führt künftig mit etwa gleichem Kurvenverlauf, indes auf tiefer im Berg liegender Trasse hinab bis zur Anschlussstelle Bernau. Mit diesem Einschnitt und einer folgenden Dammlage könnte eine flachere Neigung von nur noch vier Prozent verwirklicht werden, ...

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... welche überdies ausgeglichener zwischen dem höchsten und dem tiefsten Punkt des Streckenabschnittes verlaufen würde.

Zudem könnte auf dem Bernauer Berg über der Fahrbahn ein attraktiver Aussichtspunkt entstehen, eine Raststätte gar, die Nah- und Fernblicke in die Umgebung und auf den Chiemsee erlaubt.

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Variante 2

Der Hang des Bernauer Bergs stellt im Prinzip nur für die Fahrtrichtung Salzburg-München ein Problem dar. Um diesen Bereich richtlinienkonform (mit nur vier Prozent Steigung) auszubauen, könnte diese Fahrtrichtung in einen einbahnigen Tunnel mit 3+1-Querschnitt (drei Fahrspuren, eine Pannenspur) verlegt werden.

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Die Fahrtrichtung München-Salzburg hingegen könnte auf der Bestandstrasse über den Bernauer Berg bestehen bleiben.

Es wäre möglich, den ehemaligen 4+0-Querschnitt für beide Richtungen ohne große Eingriffe zu einem einbahnigen 3+1-Querschnitt umzubauen. Auf diese Weise könnte auch das beim Reichsautobahnbau in den dreißiger Jahren inszenierte Blickerlebnis auf den Chiemsee bestehen bleiben.

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Abschnitt 3: Bernau

Im Bereich zwischen der Anschlussstelle Bernau und der Anschlussstelle Felden ist im Falle eines Autobahnausbaus Lärmschutz für Bernau notwendig.

Aber: Die Autobahn verläuft hier auf einem Damm mit bis zu sechs Meter Höhe, da eine Bahnstrecke und ein Bach überquert werden müssen. Errichtete man darauf noch einmal zusätzliche Lärmschutzwände, entstünde eine bis zu 14 Meter hohe Barriere zwischen Bernau und dem Chiemsee.

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Die Lösung: Die Autobahntrasse könnte nach der Ausfahrt Bernau in einem Trog verlaufen, der die Bahnstrecke von München nach Salzburg und die "Bernauer Ache" unterführt und sich vor der Anschlussstelle Felden auf das Ursprungsniveau wieder anhebt.

Für diese Planung wäre es sinnvoll, leicht von der Bestandstrasse abzurücken, da der Ausbau bei rollendem Verkehr durchzgeführt werden könnte.

Das Überführungsbauwerk, über das der Bach zukünftig verlaufen müsste, würde so breit ausgeführt, dass es als Grünbrücke fungieren und der bereits bestehende Rad- und Wanderweg von Bernau zum Chiemsee erhalten bliebe.

Und: Die Gemeinde Bernau würde optimal von der neuen Autobahntrasse abgeschirmt. Zudem bekäme Bernau eine freie Aussicht auf den Chiemsee.

Im Bild: alter Schnitt (oben), neuer Schnitt (unten)

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Abschnitt 4: Chiemsee

Die A8 wurde zwar einst als Landschaftserlebnis für den Autofahrer konzipiert, muss sich heute aber neuen Herausforderungen stellen. Am Chiemsee, der von Landschafts- und Naturschutzgebieten umgeben ist, verläuft sie zum Beispiel am Ufer entlang, in einem ökologisch überaus sensiblen Bereich. Der See und die bestehende Bebauung begrenzen diesen Bereich zusätzlich.

Variante 1:

Drei Punkte sind wichtig: den Blick in die Ferne weitestgehend zu erhalten, sicherheitstechnische Aspekte sowie eine erlebnisreiche Fahrt ohne Stress und Übermüdung. Bei Umwelt und Natur ist es das Wichtigste, diese zu schützen.

Auf dieser Basis wurden zwei Lösungen erarbeitet.

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Lösung 1: Die "Terrassenvariante" (oben) zeichnet sich durch einen Höhen- und Lageversatz der beiden Fahrbahnen aus. Für den Autofahrer stellt sich durch die Tribünenwirkung ein "Fahrerlebnis" dar, das durch den weiträumigen Ausblick unterstrichen wird.

Lösung 2: Bei der "Fingervariante" (unten) wird der Ausbau der A8 auf sechs Fahrstreifen auf einer Ebene realisiert. Dabei wird von Süden kommend die Fahrbahn wellenartig mit einem Grünrücken und mehreren Grünbrücken überspannt, die das Alpenvorland wieder mit dem großzügigen Ufergelände verbinden. Dabei entsteht ein Fernblick, welcher harmonisch von den Bergen über das Gelände bis hin zum See gleitet. Gleichzeitig entsteht ein ungehinderter Landschaftsverbund.

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Variante 2:

Diesem Lösungsentwurf liegt die Idee zugrunde, den Autobahnabschnitt in zwei Sequenzen zu unterteilen - "Seeblick" und "Bergblick" - wobei die Autofahrer die Landschaft aus ihrem Blickwinkel wahrnehmen und entsprechend ihrer Geschwindigkeit erleben sollen.

Landschaft "inszenieren", das heißt ...

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... dass die zukünftige Autobahn im Bereich "Seeblick" mit einer Brücke auf den Chiemsee hinausgeführt werden und im Bereich "Bergblick" zu den Bergen hin geschwungen sein könnte.

Das Erlebnis der "Panorama-Autobahn" könnte so weiter verstärkt werden. So würde nicht mehr nur der Zeitfaktor zählen, auch die visuellen Eindrücke auf der Fahrt gewännen wieder an Bedeutung.

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Die Lösungsvorschläge wurden im Interdisziplinären Seminar der Baureferendare (TUM) 2009/2010 erarbeitet, und zwar von:

Irina Martaler, Katharina Frtus, Katherina Schmitt, Sara Yamani, Christine Grampp, Cornelius Rentsch, Karsten Wachtel, Christoph Eichler, Andreas Lindenmaier, Julianna Günther, Wibke Dehnert, Alex Eder, Silvia Asadi, Jochen Fellendorf, Christian Reichgruber, Peter Böhm, Hartmut Wilke, Leif-Peter Krause, Alexander Schlegel, Sandra Müller, Imke Mumm, Dagmar Alsbach, Anna-Maria Martin, Martin Rohrmüller, Steve Gallasch, Martin Donath, Matthias Groß, Bernhard Simon, Thomas Riedler, Cornelia Barth, Stephanie Kreisel, Barbara Schelle, Nina Roschakowski, Matthias Moll, Daniel Albert, Thomas Spindler, Andreas Hofmann, Stefan Krabatsch.

Im Bild: der Mount Vernon Memorial Highway, einst Vorbild für die Panorama-Autobahn A9

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