Ausbau: Autobahn A 8:Mit dem Auto über den Chiemsee?

Neue Tunnel, Autobahn-Terrassen oder eine Brücke über den Chiemsee? Für den Ausbau der A 8 Richtung Salzburg gibt es eigenwillige Ideen.

Günther Fischer

Autobahnen sind meist breite Straßen, auf denen einfach nur schnell gefahren werden kann. Es sind Bandwürmer, die sich mehr oder minder hässlich durchs Land ziehen.

Ausbau: Autobahn A 8: Eine Idee mit wenig Realisierungschancen: die A8 hinter Bernau (Fahrtrichtung Salzburg)auf einer Brücke über den Chiemsee zu führen.

Eine Idee mit wenig Realisierungschancen: die A8 hinter Bernau (Fahrtrichtung Salzburg)auf einer Brücke über den Chiemsee zu führen.

(Foto: Grafik: TU München)

Ein Abschnitt aber ist schön, landschaftlich reizvoll und abwechslungsreich: die Autobahn A 8 ab München bis zur österreichischen Grenze nahe Salzburg. Gelassen schwingt sie sich hier durch die Gegend, umkurvt Berge und durchquert Täler. Was auch den angenehmen Nebeneffekt mit sich bringt, dass sie Raser fast von alleine ausbremst.

Initiiert von den Nationalsozialisten und gebaut in den Jahren 1934 bis 1939 war sie von Anfang an als "Panoramaautobahn" geplant. Das heißt: Sie wurde vor allem im Abschnitt München-Salzburg bewusst landschaftlich exponiert geführt. Jeder Autofahrer sollte das Alpenpanorama genießen können.

Die Streckenführung über den Irschenberg geht angeblich sogar auf eine Anweisung von Adolf Hitler zurück - weshalb man dort teuer zu bauende Steigungen von knapp sieben Prozent in Kauf nahm. Auch die Autobahntrasse, die unmittelbar am Südufer des Chiemsees verläuft, wussten die Nationalsozialisten zu nutzen - nicht nur des schönen Ausblicks wegen, sondern auch mit einer eigenen Ausfahrt zu Urlaubs- und Erholungsheimen (die nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Amerikaner nutzten).

Heute heißt das aber: Die A 8 ist eine der ältesten Autobahnen Deutschlands - und weist vor allem im Abschnitt Rosenheim bis zur Bundesgrenze die Merkmale einer typischen Vorkriegsautobahn auf.

So verläuft die A 8 ab Rosenheim nur zweispurig (pro Fahrtrichtung), Pannenstreifen beziehungsweise Stand- und Mittelstreifen fehlen völlig, die Entwässerungs-Einrichtungen entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. Und am Irschenberg und am Bernauer Berg verläuft die Autobahn sogar steiler als das Gesetz es erlaubt. Lärmschutzwände haben Seltenheitswert.

Der Vollausbau der A 8 ist beschlossen, in vielen Teilen Süddeutschlands auch bereits umgesetzt - immerhin beginnt sie bereits in Karlsruhe. Jetzt ist die Panoramaautobahn in Bayern an der Reihe - und da betreffen die aktuellen Planungen der Straßenbauverwaltung eine Vielzahl von Menschen, Durchreisende und Interessengruppen. Und das sind nicht nur Umwelt- und Naturschützer.

Zahlreiche Bürgerinitiativen sind in kurzer Zeit entstanden - ein Beleg dafür, dass der Ausbau der A 8 in diesem Teil einen empfindlichen Nerv trifft. Für die nächsten Jahre sind grandiose Staus garantiert, vor allem zu Ferienzeiten.

Viele Lösungen sind möglich

Ideen müssen also her. Zukünftige Führungskräfte der Bayerischen Staatsbauverwaltung - Hoch- und Tiefbauingenieuere, Landschaftsarchitekten, Städteplaner - haben sich an der Technischen Universität München an die Arbeit gemacht und beispielhaft Lösungen für den Teilbereich zwischen Frasdorf und Grabenstätt erarbeitet. Manche sind realitätsnah, manche skurril oder eigenwillig, mitunter findet sich Charmantes - immer aber mit dem Grundgedanken, die Panorama-Atmosphäre der Autobahn zu erhalten.

Beipiele (siehe auch Bildergalerie auf der vorigen Seite): Um die Gemeinde Frasdorf zu entlasten, könnte der Verkehr vollständig oder teilweise in einen Tunnel verlagert werden. Und wenn schon eine Lärmschutzwand gebaut werden muss, dann ist oben drauf auch noch Platz für einen Spazierweg oder eine Rollerskater-Bahn.

Der Bernauer Berg ist zu steil? Kein Problem - Den Berg könnte man abtragen und die Gegenspur wieder in einen Tunnel verlegen. Auf der Kuppe wiederum hätte eine Raststätte Platz: an dem Punkt, an dem etliche Menschen immer wieder auf die Autobahn laufen - wegen der schönen Aussicht auf den Chiemsee.

Der schwierige Ausbau der Autobahn am Ufer des Chiemsees provoziert die meisten Ideen: Richtung Wasser gibt es keinen Platz, auf der anderen Seite stoßen die Planer auf Naturschutzgebiet.

Ein möglicher Ausweg: die Autobahn als Terrasse anzulegen, drei Spuren unten, drei Spuren oben, mit zwei sich überlappenden Spuren. Über all das könnte man dann noch sogenannte Naturbrücken legen. Oder, die vielleicht verwegenste Idee: die Autobahn nach Bernau über eine Brücke in den Chiemsee zu verlegen und sie vor Grabenstätt wieder an Land zu führen. Der Panoramablick auf die Berge, den Chiemsee und seine Inseln bliebe wunderbar erhalten, lautstarker Protest von Wasser- und Naturschützern wäre bei diesem Modell allerdings vorgezeichnet.

Und was sagen die verantwortlichen Planungsleiter zu den Ideen ihrer zukünftigen Baureferendare? Wolfgang Wüst, Diplomingenieur und Abteilungsleiter bei der Autobahndirektion Südbayern: "Natürlich sind da viele schöne und faszinierende Ideen dabei. Aber nicht jede ist umsetzbar oder zu finanzieren. Wir sind in solchen Fällen immer die Spaßbremse. Wir müssen es sein. Leider." Was wirklich kommen wird, entscheidet sich in den nächsten Monaten.

Übrigens: Das historische Vorbild für die Panoramaautobahn A 8 war der amerikanische Mount Vernon Memorial Highway, den die Nationalsozialisten an Technik und Schönheit noch übertreffen wollten - auch, um die Überlegenheit ihrer Ideologie zu demonstrieren.

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