Audi TT Roadster im Fahrbericht:Nicht so recht gefühlsecht

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Der neue Audi TT Roadster kostet mindestens 37 900 Euro. (Foto: Audi AG)
  • Ende März bringt Audi den neuen TT Roadster zu Preisen ab 37 900 Euro auf den Markt.
  • Anfangs gibt es drei Varianten: einen Diesel mit 184 PS, einen Benziner mit 230 PS und das Topmodell TTS mit 310 PS.
  • Dank viel Hightech erreicht er eine tolle Fahrdynamik. Gleichzeitig sorgt die Technik für ein synthetisches Fahrgefühl.
  • Auf den verwinkelten Bergstraßen Mallorcas macht der TT Roadster durchaus Spaß. Aber es mangelt ihm an Authentizität.

Von Thomas Harloff

Für Mallorca-Reisende ist Sóller ein zwangsläufiges Ziel - zumindest für jene, die mehr vorhaben, als nur zwischen Hotelzimmer, Platja de Palma und den dort angesiedelten Diskotheken hin und her zu pendeln. Schließlich bietet der Ortsteil Port de Sóller im Nordwesten der Insel eine der schönsten Hafenpromenaden Mallorcas. In einem der dort gelegenen Cafés kann man dem Treiben im kleinen Yachthafen zusehen, der Strand lädt zum Baden oder zum Beobachten der Bucht ein, die historische Innenstadt bietet einige Sehenswürdigkeiten.

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Fast noch interessanter als die Stadt selbst ist die Fahrt dorthin. Die meisten Touristen wählen den "Tren de Sóller" als Verkehrsmittel. Bereits seit 1912 verbindet die Bahn das Städtchen mit der Hauptstadt Palma. Die ruckelige, aber gemütliche Tour durch Orangenhaine, über die Sierra de Alfàbia sowie über einige Viadukte und durch 13 Tunnel entwickelt sich zum Highlight eines jeden Mallorca-Urlaubs.

Das Dach öffnet und schließt in zehn Sekunden

Ähnlich pittoreske Aussichten mit einem vielleicht sogar etwas größeren Unterhaltungswert verspricht eine Autofahrt nach Sóller. Allerdings nicht über die ebenso gut ausgebaute wie langweilige Ausfallstraße Ma-11, sondern über die verwinkelten Landsträßchen Ma-10 und Coll de Sóller (Ma-11A). Kurvensurfen im Roadster - das ist auf Mallorca sogar Anfang Februar ein Vergnügen. Wenn die Sonne scheint, reichen etwa zwölf Grad aus, damit bei passionierten Offenfahrern das Dach nach hinten klappt.

Die Instrumente werden komplett virtuell angezeigt. Wer möchte, kann Tacho und Drehzahlmesser zugunsten der Routenanzeige verkleinern. (Foto: Audi AG)

Beim neuen Audi TT Roadster, der in Deutschland Ende März auf den Markt kommt, passiert das serienmäßig auf Knopfdruck. Die Prozedur dauert etwa zehn Sekunden und funktioniert bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h - sinnvoll, falls ein plötzlicher Schauer die Hügel Mallorcas heimsucht oder es auf den schattigen Teilen der beiden Bergstraßen zu kühl wird. Einige aufpreispflichtige technische Hilfsmittel sorgen im offenen, mindestens 37 900 Euro teuren Zweisitzer jedoch dafür, dass sich dieser Moment lange hinauszögern lässt: das elektrisch ausfahrbare Windschott für 450 Euro, die 350 Euro teure Sitzheizung und die warme Luft aus der Kopfraumheizung, die 460 Euro extra kostet und sich wie ein Schal um den Hals der Insassen legt. Ab der zweiten von drei Intensitätsstufen wird sie allerdings so lautstark, dass sie den Fahrtwind übertönt.

Synthetische Klangkulisse

Gleiches gelingt - sofern man sich für eins der Benzinermodelle entschieden hat - auch dem Motor. Oder besser: dem Klang, den Audi als Motorsound verkauft. Ist das 200 Euro teure System "Audi Drive Select" an Bord, mit dem sich unterschiedliche Fahrzeugcharakteristika einstellen lassen, bellt der Roadster im "Dynamic-Modus" wie der Nachbarshund. Untermalt wird das von Zündaussetzern beim Schalten, die man anfangs für spaßig hält - die auf Dauer aber eher nerven. Wenn man schließlich realisiert, dass das Auto bei geschlossenem Dach kaum leiser wird, verfestigt sich der Eindruck, dass die Sounddesigner übertrieben haben mit der Klang-Synthetik. Aber es gibt ja die Möglichkeit, in anderen Modi zu fahren, die das Gehör mit zurückhaltender Akustik entspannen.

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Bislang war die Drive-Select-Funktion in Audi-Modellen ein verzichtbares Extra, weil die Unterschiede zwischen den Modi zu klein waren. Im neuen TT ist das anders, die Spreizung zwischen den Stufen ist größer geworden. In der Komfort-Abstimmung agiert die Lenkung mit sehr viel Servounterstützung und deshalb sehr leichtgängig und gefühllos. Das Doppelkupplungsgetriebe wechselt die Gänge gemächlich und der Allradantrieb leitet die Motorkraft bevorzugt an die Vorderräder. Im Dynamik-Modus ergibt sich ein völlig anderes Bild: Die Lenkung arbeitet exakt, eher schwergängig und sehr verbindlich. Die S-Tronic legt die Fahrstufen zackiger ein und die Hinterachse gewinnt bei der Aufgabe, die Motorkraft auf den Untergrund zu übertragen, die Oberhand. Dazwischen rangiert die Auto-Einstellung, und mit der Effizienz-Abstimmung mit besonderem Augenmerk auf den Spritverbrauch ist das Auto für die meisten Herausforderungen gerüstet.

Nur nicht für die Ma-10 und Ma-11A, die an vielen Stellen einer Buckelpiste gleichen. Wer hier für ein präziseres Lenkgefühl den Dynamik-Modus wählt, muss mit der allzu straffen und deshalb unkomfortablen Federung leben - oder nimmt das umgekehrte Phänomen in den anderen Abstimmungen in Kauf. Hier hilft eine weitere individuelle Einstellmöglichkeit innerhalb von "Audi Drive Select", die jedoch nur mit der situationsabhängigen Stoßdämpferregelung "Magnetic Ride" Sinn ergibt. Damit hat der Fahrer die Möglichkeit, sein Auto an die Verhältnisse anzupassen: Er kann alle Parameter scharfstellen, aber die Dämpfung im Auto-Modus belassen, um auf schlechten Straßen wie rund um Sóller genug Restkomfort zu behalten. Oder zusätzlich die Klangkulisse entschärfen, falls er von ihr genug haben sollte.

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Der Haken am Magnetic-Ride-Fahrwerk: Es kostet bei der Benzinervariante 2.0 TFSI mit 230 PS 1100 Euro Aufpreis. Nur in der 310 PS starken Topversion TTS ist es serienmäßig dabei. Genau wie der Quattro-Allradantrieb, der beim schwächeren Benziner zusammen mit dem S-Tronic-Doppelkupplungsgetriebe 4500 Euro extra kostet. Doch selbst dann, wenn man dem 2.0 TFSI besagte Extras gönnt, bleibt ein Preisunterschied von mehr als 10 000 Euro - und der ist kaum zu rechtfertigen.

Weniger Leistung - kein Problem

Auch nicht durch den Motor. Beide Versionen verwenden den gleichen Vierzylinder-Turbobenziner, nur eben in verschiedenen Leistungsstufen. Auf dem Papier ist der Unterschied bei den Fahrleistungen (Null auf Hundert in 4,9 beziehungsweise 5,6 Sekunden) größer als in der Realität, denn beim maximalen Drehmoment (380 zu 370 Newtonmeter) herrscht fast Gleichstand. Bereits der schwächere Motor hat im niedrigen und mittleren Drehzahlbereich mehr Kraft, als nötig wäre, präsentiert sich durchzugsstark und harmoniert sehr gut mit dem Automatikgetriebe. Lediglich bei im Alltag selten genutzten hohen Drehzahlen ist das TTS-Triebwerk deutlich überlegen.

Ohne einen mittleren Bildschirm sieht das TT-Armaturenbrett sehr aufgeräumt aus. Die Klimaregelung versteckt sich in den Lüftungsdüsen. (Foto: Audi AG)

Als dritte Option gibt es einen 184 PS starken Zweiliter-TDI, mit dem der TT Roadster die Metamorphose zum sanftmütigen Gleiter vollzieht. Der angenehm leise Turbodiesel lädt ein zur Gemütlichkeit, ebenso wie das manuelle Sechsganggetriebe mit etwas zu langen Schaltwegen. Allradantrieb gibt es für ihn allerdings nicht.

Der direkte Vergleich zeigt, welchen Einfluss vier statt zwei angetriebene Räder auf die Agilität des TT Roadster haben. Muss die Vorderachse die Motorkraft allein auf den Asphalt übertragen, sind die Reifen beim Gasgeben am Kurvenausgang oft überfordert - und die Regelsysteme zwacken in diesen Momenten spürbar Leistung ab. Der Quattro-Antrieb lässt dagegen so gut wie nie Schlupf zu. Droht ein Reifen dennoch durchzudrehen, leitet der Allradantrieb die Kraft in Sekundenbruchteilen so um, dass sie von den anderen Rädern genutzt werden und der Audi verzögerungsfrei beschleunigen kann.

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Gönnt man ihm die entsprechenden Technologien, ist der offene Audi TT ein - auch dank 280 Liter Kofferraumvolumen - alltagstauglicher Roadster, der zwei Charaktere in sich vereint: den des gelassenen Cruisers und den des sportlichen Kurvenkünstlers. Doch Letzteres erfordert viele Kreuze in der Aufpreisliste und ist deshalb teuer. Und es sorgt für einen Nebeneffekt: Bei allen unbestreitbaren Qualitäten ist der Zweisitzer auf eine künstliche Art sehr perfekt geraten. Hier liefern Computer und Sensoren den Fahrspaß, der Fahrer übernimmt lediglich die Rolle des Erfüllungsgehilfen.

Der TT Roadster hat fraglos Charakter - wenn auch keinen besonders authentischen. Dafür ist er überall zuhause: in hektischen Innenstädten ebenso wie auf perfekt ausgebauten Autobahnen oder den Holperpisten Mallorcas.

Die Reisekosten zur Präsentation des Audi TT Roadsters auf Mallorca wurden teilweise vom Hersteller übernommen.

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