Süddeutsche Zeitung

Audi A8 4.2 TDI quattro:Mit gezähmter Kraft

Der neue A8 ist ein souveräner und kraftvoller Begleiter auf großer Fahrt. Den Kampf um den größten Kühlergrill hat er allerdings auch gewonnen.

Günther Fischer

Mann, was für ein Trumm von Auto! Aber wie gut er es kaschiert! Der neue A8 verzichtet - im Gegensatz zur Mercedes S-Klasse - auf bombastierende Ausbuchtungen, was ihn schlank und rank wirken lässt, ohne dass er es wirklich ist. Die coupéhafte Dachline und der scharfe Falz der hoch liegenden Gürtellinie verleihen ihm sogar im Vergleich zum 7er BMW eine ziemlich sportliche Anmutung. Was freilich Nachteile mit sich bringt: Unsere Beifahrerin beklagt sich nicht nur einmal darüber, dass sie etwas zu tief einsteigen muss und sich dabei jedes Mal beinahe den Kopf stößt.

BMW 7er, Mercedes S-Klasse, Audi A8: Das deutsche Dreigestirn der Luxuslimousinen ist wieder höchst erfolgreich - dank China und den USA. Was der A8 den anderen aber voraus hat, sind vor allem zwei Dinge: eine Aluminiumkarosserie (die seit kurzem erst auch Jaguar bei den Modellen XJ und XK anbietet) und der serienmäßige Allradantrieb, der das seine dazu beiträgt, den 2,1-Tonner etwas sicherer auf der Straße zu halten.

A8, acht Zylinder, automatisches Achtganggetriebe. Das Triple-8 macht klar, dass die Domäne des großen Audi die Autobahn, Fernreisen und Überlandfahrten sind - Stadtverkehr und Einparken können es schon auf Grund der schieren Größe nicht sein (er ist 5,14 Meter lang). Auch der Wendekreis von 12,3 Metern lässt zahlreiche zusätzliche Manöver nötig werden.

Einmal unterwegs erweist sich der A8 als die nahezu perfekte Reiselimousine. Mehr als die 350 PS des gewaltigen Achtzylinder-Diesels beeindrucken während der Fahrt die 800 Nm Drehmoment, die der 4,2-Liter-Motor auf die Kurbelwelle stemmt. Kraft ist also nicht nur im Notfall im Überfluss vorhanden.

Die Automatik stellt zudem jederzeit die passende Übersetzung bereit - der Motor muss nur sehr, sehr selten höher als 2000 U/min drehen. Die Folgen zeigen sich direkt an der Tankstelle: Wir verbrauchten im Schnitt 9,6 Liter auf 100 Kilometer, was für einen Oberklassewagen dieses Zuschnitts einen hervorragenden Wert darstellt.

Natürlich ist Audis "Drive Select" an Bord. Damit können Lenkkraft, Gasannahme und die serienmäßige Luftfederung in drei Stufen beeinflusst werden - von normal ("Comfort") über "auto" bis sportlich ("Dynamic"). Wer "Individual" drückt, darf sich seine Optionen selbst aussuchen. "Dynamic" ist der etwas hilflose Versuch, aus dem A8 so etwas wie einen Sportwagen zu machen. "Comfort" reicht völlig - die Federung ist selbst dann immer noch straff genug. Wer notwendigerweise in die Eisen steigen muss, kann sich über eine jederzeit exzellente Bremsanlage freuen.

Müssen wir noch Worte verlieren über die inneren Qualitäten des A8? Nicht wirklich. Einmal mehr ist Audi state of the art - bei Verarbeitung und Zutaten. Es ist alles zu haben, was das Luxusherz und der Wunsch nach Sicherheit begehren mögen: Klimaforschung kann gegen Aufpreis auch im Fond betrieben werden, Pre Sense Plus bremst das Auto bei Kollisionsgefahr bis zum Stillstand ab (3570 Euro, in Verbindung mit dem Tempomat "Adaptive Cruise Control" und der Einparkhilfe plus) und der Lane Assist (500 Euro) hilft beim Spurhalten. Die LED-Scheinwerfer lassen sich darüber hinaus mit den Navidaten vernetzen - dann kann besonders vorausschauend geleuchtet werden.

Das MMI wiederum, das Multimedia Interface von Audi, das Musik, Telefon und Navigation über einen einzelnen Drehknopf steuert, ist nach kurzer Eingewöhnungszeit narrensicher zu bedienen - wobei die Doppelverglasung (690 Euro) dazu beiträgt, dass kein lästiger Außenschall über Gebühr das von der 1460 Watt starken Bang&Olufsen-Anlage wiedergegebene Klavierkonzert stört. Auf Wunsch kneten Massagesitze nebenbei auch noch den Rücken von Fahrer und Beifahrer durch.

Gibt es überhaupt etwas zu bemängeln? Oh ja. Etwas eigenständigere Heckleuchten hätten nicht geschadet. Die des neuen A8 ähneln doch allzusehr denen des A4 oder des A5 Sportback. Der Mangel an Ablagen im Innenraum ist ebenso wenig erfreulich wie die knappen 510 Liter Kofferraumvolumen. Beides lässt sich nur mit dem Argument wegdiskutieren, dass der A8 nun wahrlich kein Auto für den Familienurlaub sein will.

Was uns aber am meisten stört, ist der riesige, chromüberladene Single-frame-Kühlergrill. Er sieht geradezu obszön aus und stört den ansonsten dezenten Auftritt der Ingolstädter Luxuslimousine doch gewaltig. Wer dem A8 Böses wollte, dem könnte allein deswegen das böse Wort von der "Ludenkarre" entschlüpfen.

Audi A8 4.2 TDI quattro: 258 kW / 350 PS; max. Drehmoment 800 Nm bei 1750-2750 U/min; 0-100 km/h: 5,9 sec.; Vmax 250 km/h; Testverbrauch 9,6 l (Werksangabe: 7,6 l); Euro 5, CO2: 199 g/km; Preis: ab 90.800 Euro (Testwagenpreis: 123.099,98 Euro)

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