Süddeutsche Zeitung

Audi A8 2010:Das Innenleben zählt

Das Streben hat ein Ende: Den neuen A8 von Audi, das Flaggschiff der Marke, müssen wir nehmen, wie er ist - fast perfekt. Er müsste nur noch ein wenig abnehmen. Die erste Ausfahrt.

Günther Fischer

Allein die Kunstmesse in Miami/USA war vor einiger Zeit gut genug, um den neuen A8 vorzustellen, um ihn quasi auf ein besonderes Podest zu heben. Der Grund: Wie ein Bildhauer seine Büste auf einen Sockel gestellt wissen will, so versteht Audi seinen neuen A8 als Skulptur, der man einen besonderen Auftritt verschaffen muss. Aber wie es mit Kunstwerken dann eben so ist: Man darf sie betrachten, aber nicht bewegen.

Aber was haben die Ingolstädter da vorgestellt? Nach all den Lorbeeren, die das Audi-Design in den letzten Jahren eingeheimst hat (TT, der frische A4, der mit Preisen bedachte A5 Sportback), wirkt der neue A8 ausgesprochen konservativ. Vielleicht ist das ein Zugeständnis an die Klientel, die Audi für diese Art Autos begeistern muss. Zumal Audi mittlerweile in der komfortablen Lage ist, über einen gewissen Vertrauensvorschuss zu verfügen.

Dabei beginnt es mutig: Nie wirkte der Singleframe-Grill opulenter, nie war die Scheinwerfer-Grafik so auffällig. Es zeugt ohnehin von einem gewissen Einfallsreichtum, dass in diesem Bereich immer wieder neue Muster gelingen. Doch schon an dern vorderen Kotflügeln flaut der Mut wieder ab: Klare und reduzierte Linien ziehen sich über die Seite zum Heck, das dann doch eher an einen etwas groß geratenen A4 erinnert.

Ein wenig wirkt es so, als ob sich Pablo Picasso, der Meister des Kubismus, in seinen späten Jahren zum Impressionisten gewandelt hätte - mit dem netten Nebeneffekt der höheren Gefälligkeit und des besseren Verkaufswerts. Oder wie es Mischa Ehlers, Leiter des Produktmarkting A8, formuliert: "Lassen Sie das Design doch erst einmal auf sich wirken. Es hat seine Effekte."

Doch zunächst haben wir das Bewegen der Skulptur nachgeholt. Zwei Achtzylinder, 4.2 FSI quattro und 4.2 TDI quattro, und der 3.0 TDI als Sechszylinder standen zur Verfügung. Der erste Eindruck: Der Zugewinn an Fahrdynamik im Vergleich zum Vorgänger ist gewaltig. Audis Drive Select ist natürlich an Bord, hat die Fahrdynamik bestens im Griff und erweist sich in jeder Einstellungsstufe (Comfort, Auto, Dynamic, Individual) als ausgesprochen ausgewogen, die Lenkung íst präziser denn je. Nichts bringt den Wagen mit seinem permanenten Allradantrieb aus der Ruhe - egal, ob man majestätisch gleitet oder ihn sportlich über Bergstrecken treibt.

Dank Achtgang-Tiptronic, Turbodiesel mit Dierekteinspritzung und dem V8-Sauger mit nochmals verbesserte FSI-Technik will Audi seinen Motoren auch eine unglaubliche Sparsamkeit anerzogen haben: Der Benziner soll im Schnitt nur 9,5 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen, der Achtzylinder-Diesel 7,6 und der 3,0 TDI 6,6. Das wären Bestmarken im Luxusbereich. Diese Werte haben wir bei unseren ersten Ausfahrten natürlich nicht erreicht, aber auch mit 10,4 (Benziner) sowie 8,5 (4.2 TDI) und 7,2 Litern (3.0 TDI) kann sich dieser Audi mit jedem Konkurrenten auseinandersetzen.

Auch das muss gesagt sein: Eigentlich braucht man keinen Achtzylinder-Diesel, zumal dieser Motor mit seinen 372 PS und 800 Nm Drehmoment manchmal den Eindruck erweckt, dass er vor Kraft kaum laufen kann. Höchst subjektiv das, natürlich. Zumal auch Geld und Gewissen gegen den großen Diesel sprechen, sowie die Tatsache, dass der 3.0 TDI alle Aufgaben genauso gut meistert. Bis auf eines: die Akustik. Gegen das bärige Röhren, das der V8 von sich zu geben vermag, kommt keiner der anderen Motoren an.

Dass im neuen A8 auch in puncto Ausstattung und Innenraum alles seine Klasse Angemessene zu haben ist, scheint selbstverständlich: ein in drei Farben indirekt beleucht- und individuell justierbarer Innenraum; die 1460 Watt starke Bang&Olufsen-Soundanlage; die Perfektion der Nähte; die Qualität des Leders; ein auch dank Google weiter verfeinertes Navigationssystem oder die Vierzonen-Klimaautomatik, die in der Vollversion 25 Stellmotoren beschäftigt. Eigentlich überrascht nur die Tatsache, dass Audi, ohnehin schon Benchmark bei Materialien und Verarbeitung, sich selbst noch einmal übertrifft: mit handpoliertem Holz, Klavierlack noch auf den kleinsten Knöpfen oder Hirschleder für den Automatik-Wählhebel. Das ist Luxus, der fast schon an Extravaganz grenzt.

Natürlich kosten viele dieser Dinge Aufpreis - aber auch das ist bei Audi keine Überraschung mehr. Das Soundsystem von Bang & Olufsen schlägt mit 6500 Euro zu Buche, die "Audi-Design-Selection balaobraun" mit 14.440 Euro. Dafür gibt es dann aber auch weiße Nähte im braunen Leder, einen weißen Velourshimmel, Komfortsitze und eine moccabraune Schalttafeloberseite.

Erste Daten

Audi A8 4.2 FSI: 273 kW / 372 PS; 445 Nm bei 3500 U/min; 0-100 km/h 5,4 s; Vmax 250 km/h; Verbrauch (Werksangabe) 9,5 l; Euro 5, CO2 219 g/km; Preis: ab 89.300 Euro

Audi A8 4.2 TDI: 258 kW / 350 PS; 800 Nm bei 1750-2750 U/min; 0-100 km/h 5,7 s; Vmax 250 km/h; Verbrauch (Werksangabe) 7,6 l; CO2 199 g/km; Preis: ab 90.800 Euro

Der Audi A8 3.0 TDI quattro kommt erst im 3. Quartal des Jahres 2010. Sein Preis: ab 72.200 Euro. Fronttriebler und Hybrid-Modell folgen 2011.

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