Audi A6 Avant 3.0 TDI im Test:"Besser als mein A8 - aber nicht für den Preis"

Reijo Ranki mit dem Audi A6 Avant 3.0 TDI Quattro.

Reijo Ranki fährt seit 29 Jahren Audi. Meist hatte er einen A6.

(Foto: Thomas Harloff)
  • Reijo Ranki fährt seit 29 Jahren Audi, meistens A6 und aktuell einen A8. Der Berufspendler legt jährlich etwa 70 000 Kilometer zurück.
  • Für Süddeutsche.de testete er den aktuellen A6: Er hatte nur wenig zu bemängeln.
  • Antrieb und Fahrwerk gefielen Ranki besonders gut. Das Head-Up-Display zeigt dagegen Schwächen - und die Preise hält er für absurd.

Von Thomas Harloff

40 075 Kilometer umfasst der Äquator. Für fast 34 Millionen deutsche Autofahrer eine schwer greifbare Distanz, denn sie fahren höchstens 20 000 Kilometer im Jahr. Reijo Ranki kann dagegen ziemlich genau abschätzen, wie lang der Äquator ist. Der Geschäftsführer eines Sägewerkes ist Wochenendpendler und legt jährlich etwa 70 000 Kilometer zurück, die mit Abstand meisten davon freitags und sonntags auf den Autobahnen zwischen Hunsrück und Oberfranken.

Wer fast fünf Mal so viele Kilometer abspult wie der durchschnittliche deutsche Autofahrer, schätzt Langstreckenkomfort ebenso wie einen gleichermaßen kräftigen und sparsamen Motor. Der gebürtige Finne Ranki hat höhere Ansprüche: Das Auto seiner Wahl sollte zudem agil um Kurven fahren, viel Platz bieten und praktisch sein.

Seit 29 Jahren Audi-Fahrer

Als er sich vor 29 Jahren seinen ersten Audi kaufte, einen 100 Avant mit Fünfzylindermotor, überzeugte der Kombi derart, dass Ranki der Marke seitdem treu blieb. Es folgten A6-Modelle fast aller Generationen, bevor er zu seinem aktuellen Auto, einem A8 3.0 TDI, wechselte. Die Oberklasselimousine, Baujahr 2008, hat mittlerweile etwa 355 000 Kilometer auf dem Tacho - und nicht nur deshalb bald ausgedient. "Eigentlich war er mir schon immer zu groß, ich finde seine Luftfederung zu schwammig und die Sitze bieten zu wenig Seitenhalt", sagt Ranki. "Außerdem lassen sich die Rücksitzlehnen nicht umklappen. Darüber habe ich mich schon oft geärgert."

Audi A6 Avant und Audi A8 3.0 TDI Quattro

Der A6-Testwagen (r.) neben Rankis A8. Den kompakteren Audi findet unser Testfahrer besser - obwohl er ein Kombi ist.

(Foto: Thomas Harloff)

Dass es sich beim Testwagen um die Faceliftversion des A6 handelt, sieht er an den kleinen optischen Änderungen an Front und Heck. Die dynamischen Blinker, bei denen das orangefarbene Licht nicht nur an und aus geht, sondern sich in Abbiegerichtung bewegt, haben es Ranki besonders angetan. Audi kombiniert sie im A6 mit den optionalen LED-Scheinwerfern.

Tolle, aber teure Technologien

Der Testwagen setzt mit dem sogenannten Matrixlicht, das die LED-Lichtquelle mit dem Kamerasystem des Avant verbindet, sogar einen drauf. Der Fahrer muss nur das Fernlicht aktivieren, den Rest macht der Audi selbständig. Das System reguliert die Lichtstreuung automatisch, sodass keine vorausfahrenden oder entgegenkommenden Autos geblendet werden. Alle anderen Bereiche der Straße werden aber weiterhin mit dem taghellen Fernlicht ausgeleuchtet. "Eine tolle Technologie", sagt Ranki, "dafür würde ich auch Aufpreis bezahlen." Allerdings, schränkt er ein, nicht die happigen 2430 Euro, die Audi verlangt.

Ähnlich ist es beim Head-Up-Display, das erst vor kurzer Zeit den Weg in Audis Aufpreislisten gefunden hat. "Das funktioniert super", sagt unser Testfahrer, "aber 1380 Euro wäre es mir nicht wert." Zumal Ranki ein Manko festgestellt hat. "Bei Sonneneinstrahlung spiegelt sich das Gehäuse des Displays in der Frontscheibe." Nichts zu meckern gibt es dagegen in Bezug auf das 1110 Euro teure Kamerasystem, das nicht nur nach vorne und hinten filmt, sondern mit Kameras unter den Außenspiegeln auch eine 360-Grad-Rundumsicht erzeugt. "Damit sieht man wirklich alles. Wer trotzdem beim Rangieren aneckt, muss blind sein."

Am besten passt die Sporteinstellung

Reijo Ranki im Audi A6 Avant 3.0 TDI

Reijo Ranki ist Berufspendler und fährt etwa 70 000 Kilometer im Jahr.

(Foto: Thomas Harloff)

Das Fahrwerk seines A8 stellt der 62-Jährige konsequent in den Dynamic-Modus. Das hätte er auch beim Test-A6 sofort getan, doch um den Unterschied herauszufahren, probiert er zunächst die Komforteinstellung. "Deutlich besser als bei meinem", sagt er nach den ersten Kilometern - Audi hat seine 1950 Euro teure adaptive Luftfederung in den vergangenen Jahren stark verbessert. Dennoch liegt ihm der Avant in schnell gefahrenen Autobahnkurven zu schwammig auf der Straße.

Die Sporteinstellung findet Ranki dagegen perfekt: "Man hat eine deutlich bessere Kontrolle über das Auto, und viel Komfort bietet sie trotzdem." Hier hat Audi eine frühere Schwäche abgelegt, bisher war die Spreizung zwischen den einzelnen Modi sehr gering. Neuerdings sind die Unterschiede spürbar, ohne dass die jeweilige Abstimmung zu extrem wäre.

Den Motor seines derzeitigen Dienstwagens, ein Dreiliter-Turbodiesel mit 233 PS, würde Ranki jederzeit wieder nehmen. "Der ist sowohl kräftig als auch relativ sparsam." Die Sechsgang-Automatik schaltet ihm jedoch zu träge, weshalb er das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe des Testwagens als echten Fortschritt empfindet: "Die S-Tronic schaltet schnell und fast unmerklich. Außerdem harmoniert sie wunderbar mit dem kräftigen Motor." Ansprechverhalten und Durchzugsstärke des 272 PS und maximal 580 Newtonmeter starken V6-Turbodiesels sorgen immer wieder für ein Lächeln auf seinem Gesicht. Genau wie dessen Klang, der innen völlig frei vom typischen Diesel-Nageln ist. "Aber da haben sie wohl nachgeholfen", sagt er später grinsend, als er den Motor von außen hört. "Jetzt klingt er doch wie ein Diesel."

Der Innenraum des Audi A6 Avant 3.0 TDI Quattro.

Mit allem ausgestattet, was gut und teuer ist: der Innenraum des A6 Avant.

(Foto: Thomas Harloff)

Es stehen noch einige Äquatorumrundungen an

Und dann die entscheidende Frage: Würde er sein Auto gegen den getesteten Audi eintauschen? "Absolut, ich finde ihn viel besser als den A8. Aber nicht als Kombi - und nicht für diesen Preis", sagt der Vielfahrer, der inzwischen ein Limousinenfan ist. 87 005 Euro kostet der vollausgestattete A6 Avant, etwa 30 000 Euro mehr als in der Basisausstattung. Die vielen gut funktionierenden Technologien lässt sich Audi wie gehabt teuer bezahlen.

Für Ranki hat die Aufpreispolitik seiner bevorzugten Marke längst absurde Züge angenommen. Er greift deshalb nun zum A6 2.0 TDI, einem Jahreswagen mit 177 PS starkem Vierzylinder-Diesel und Frontantrieb. Der ist deutlich billiger und sparsamer als der A8 und hat eine umklappbare Rücksitzlehne. "Trotzdem wären mir der V6 und Allradantrieb des Testwagens lieber", sagt er kurz vor dem Abschied. Doch Reijo Ranki wird sich mit seinem neuen Auto sicher arrangieren. Die Zeit dafür hat er, schließlich wird er noch einige Äquator-Umrundungen damit bewältigen.

Technische Daten Audi A6 Avant 3.0 TDI Quattro:

V6-Dieselmotor mit 3,0 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 200 kW (272 PS); max. Drehmoment: 580 Nm bei 1250/min - 3250/min; Leergewicht: 1910 kg; Kofferraum: 565 - 1680 l; 0 - 100 km/h: 5,7 s; Vmax: 250 km/h; Testverbrauch: 9,0 l / 100 km (lt. Werk: 5,3; CO2-Ausstoß: 138 g/km); Euro 6; Grundpreis: 56 000 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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