Audi A4 Avant im Fahrbericht:Wer Mittelklasse sucht, wird Oberklasse finden

Der neue Audi A4 Avant.

Der neue Audi A4 Avant kostet mindestens 30 650 Euro.

(Foto: Audi)

Audi hat ein gutes Auto noch besser gemacht - vor allem dank vieler Technik-Innovationen, die aus größeren Modellen stammen. Das schlägt sich aber auf die Preise nieder.

Von Jörg Reichle

Man wundert sich schon. Da steigen seit Jahren die Gehälter nicht wirklich und trotzdem fahren in Deutschland Massen von Autos herum, die mit ein bisschen Begleitmusik gut und gerne 50 000, 60 000 Euro kosten und mehr. Dass wir ein Volk sind, dem es materiell wohl geht, ist ja bekannt. Aber so?

Gehen wir also davon aus, dass die allermeisten Exemplare der BMWMercedesAudi-Welt als Dienstwagen unterwegs sind, nach dem Motto: Auto gegen Gehalt. Und hier steht die Mittelklasse der sogenannten Premiummarken ganz vorne. Beispiel Audi A4: Von insgesamt 5261 Neuzulassungen im letzten Monat waren 4788 gewerbliche. Was nichts Schlechtes heißt, im Gegenteil. Schließlich hat uns der beinharte Kampf um dieses Abnehmerpotenzial Autos von einer Qualität beschert, die der Luxusklasse kaum noch nachsteht.

Außen markant, innen nobel

Nun also der neue A4 Avant. 2,5 Millionen Stück hat Audi seit 1992 vom Kombi verkauft, Mitte November kommt die neue Generation auf den Markt, zeitgleich mit der 1850 Euro billigeren Limousine. Um es vorwegzunehmen: Hier hat keine Revolution stattgefunden, ein gutes Auto ist aber noch besser geworden. Auch rein designmäßig hat sich nichts Umwerfendes getan, was dem Restwert der Noch-Generation auf dem Gebrauchtwagenmarkt zugute kommen dürfte. Ansonsten sehen wir Audi wie gewohnt und geschätzt: als Komposition klarer Flächen und nochmals geschärfter Linien, in diesem Fall auf einer 4,73 Meter langen und 1,84 Meter breiten Außenhaut. Und auch, wenn der Riesengrill namens Single Frame nicht jedermanns Sache sein mag - markant ist er doch.

Was ebenso für den noblen Innenraum gilt: Die Architektur ist horizontal ausgerichtet, die Verarbeitung fast schon sprichwörtlich präzise. 785 Einzelteile sind hier mit einer Akkuratesse hergestellt und zusammengefügt, dass sich die Konkurrenz die Zähne ausbeißt, auch wenn Mercedes mit der C-Klasse inzwischen recht ordentlich aufgeholt hat.

Dass die Eleganz der Form gewisse Kompromisse in Sachen Inhalt bedingt, ist nicht neu für die Premium-Kombis von Audi, BMW und Mercedes. Der Avant hat zwar etwas zugelegt (505 bis 1510 Liter Gepäckraum), ist aber immer noch auf Augenhöhe mit BMW Dreier (495-1500 Liter) und C-Klasse T-Modell (490-1510 Liter). Für die meisten Transporte mag das genügen, zumal die Laderoutine unterstützt wird durch allerlei zusätzliche Ordnungspakete. Bemerkenswert ist dafür die Bewegungsfreiheit, die man drinnen genießt, übrigens auf exzellenten Sitzen.

Vorbildliche Aerodynamik

Der Innenraum des neuen Audi A4 Avant.

Der nobel eingerichtete Innenraum überzeugt mit präziser Verarbeitung.

(Foto: SOM)

Viel Arbeit im Detail haben die Audi-Ingenieure dem Thema Aerodynamik und Leichtbau gewidmet, beides wichtig für die Einhaltung künftiger Abgasgrenzwerte und zur Senkung des Verbrauchs. Mit Erfolg. Der Cw-Wert von 0,26 unterbietet sogar die bislang vorbildliche C-Klasse und 120 Kilo maximal eingespartes Gewicht sind alles andere als bloße Kosmetik.

Was man beim Fahren merkt. Überraschend leichtfüßig und direkt fühlt sich der neue Avant an, die neu abgestimmte elektromechanische Lenkung (Dynamiklenkung für 1000 Euro Aufpreis) gibt sich mitteilsam, dirigiert präzise und schafft im Einklang mit dem 980 Euro teuren Komfortfahrwerk nebst Dämpferregelung ein sportlich-verbindliches Fahrerlebnis. Wozu natürlich die Motoren wesentlich beitragen. Zum Verkaufsstart wird es sieben Aggregate zwischen 150 und 272 PS zur Auswahl geben: drei TFSI-Benziner und vier TDI, aber weil schon bisher mehr als 80 Prozent Avant mit Diesel gekauft wurden, gilt dem Selbstzünder auch jetzt wieder die größte Aufmerksamkeit - vorausgesetzt der jüngste Abgas-Skandal macht ihm nicht den Garaus.

Unsere Favoriten nach ausgiebigen Testfahrten rund um das französische Aix-en-Provence sind bei den Benzinern der sparsame 2.0 TFSI Ultra mit 140 kW (190 PWS; ab 35 050 Euro) und Sechsgang-Schaltgetriebe sowie der gleich starke 2.0 TDI (ab 40 400 Euro), der seine Kraft über die feine Siebengang-STronic auf die Straße bringt. Der 3.0 TDI mit seinen 272 bärigen PS ist zwar echt kräftig im Anmarsch, ein bisschen weniger tut's aber durchaus. Dann lieber gut 2300 Euro mehr für den Allradantrieb ausgeben, der nämlich ist ein echter Sicherheitsgewinn.

Techniktransfer aus TT und Q7

Wie weit die Digitalisierung im Auto inzwischen fortgeschritten ist, zeigt der neue Audi A4 Avant aber auch. Das reicht vom virtuellen, schon aus TT und Q7 bekannten Cockpit bis zum neu konzipierten Bedienkonzept samt Freitextsuche und Sprachsteuerung bis zu den diversen Online-Möglichkeiten und der Einbindung von Smartphones. Auch was die Assistenten angeht, bekommt man für den A4 so gut wie alles, was es auch im teureren Q7 gibt. Man fährt also teilautonom im Stop-and-go-Verkehr, kann automatisch einparken, Assistenten warnen vor Querverkehr, helfen beim Abbiegen, Ausweichen und Aussteigen. Oder der Fahrer kann seine Fahrweise schon mal vorausschauend an die Strecke anpassen. Und, und, und.

Am Ende des Tages gilt: Wer im neuen A4 Avant die Mittelklasse sucht, wird Oberklasse finden. Und bezahlen. Aber, siehe oben, es trifft ja keine Armen.

Audi A4 Avant

Lange/Breite/Höhe: 4,73/1,84/1,41 Meter

Motoren: Drei Benziner TFSI mit 150, 190, 272 PS; vier Diesel TDI mit 150, 190 und 272 PS

Front- oder Allradantrieb

Sechsgang-Schaltgetriebe, Siebengang-STronic oder Achtgang-Tiptronic

Kofferraum: 505-1510 l

Normverbrauch: 3,8 l/100 km (2.0 TDI Ultra) bis 6,3 l/100 km (2.0 TFSI Quattro)

Grundpreise: ab 30 650 Euro.

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