Audi A8 2. 5 TDI:Sparmeister in der Oberklasse

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Niedriger Verbrauch und hoher Komfort für 83 500 Mark

(SZ vom 14.06.1997) Sie waren rauh, ruppig und laut, aber sparsam - deshalb fristeten Dieselmotoren mit Direkteinspritztechnik in der Vergangenheit ein schattiges Dasein unter den Motorhauben von Lastwagen. Das änderte sich 1989, als Audi den Selbstzünder, bei dem das Gemisch nicht erst in einer Vorkammer verwirbelt, sondern direkt in den Brennraum eingespritzt wird, soweit kultiviert hatte, daß er für den Einsatz im Pkw reif schien. Der Fünfzylinder-TDI der Ingolstädter wurde daraufhin zu einer Art Trendsetter-Motor, der geringe Verbrauchswerte mit Laufkultur und spontaner Leistungsentfaltung kombinierte.

Ergänzt um einen kleineren Bruder mit 1,9 Liter Hubraum, erfuhren sich die TDI-Motoren in den kleineren Baureihen A3, A4 und A6 gute Kritiken - und stießen auch bei den Käufern auf hohe Resonanz: Bei Audi stieg der TDI-Anteil inzwischen auf 15 bis 20 Prozent. Noch steiler ist der Siegeszug des TDI gegenüber den konventionellen Selbstzündern: 1994 betrug der TDI-Anteil 26 Prozent, jetzt liegt er bei 44 und soll bis zum Jahr 2000 auf 72 Prozent steigen.

Nur in der automobilen Oberklasse, der Domäne der S-Klasse von Mercedes-Benz und der 7er-Reihe von BMW, taten sich Dieselmotoren bisher schwer, obwohl diese beiden Hersteller mit dem S 300 TD und dem 725tds entsprechende Fahrzeuge (allerdings ohne Direkteinspritzung) im Sortiment haben. Prestigedenken verhinderte die Wahl der sparsamsten Motorvariante häufig. Doch ein Umdenken ist im Gange - und dieser Prozeß dürfte sich nach dem jüngsten Paukenschlag der Audi-Techniker noch erheblich beschleunigen.

Unter dem Nobel-Aluminium-Kleid des A8 wird von Juli an der weltweit erste V6-Diesel mit Direkteinspritzung erhältlich sein. Das neue 2,5-Liter-Aggregat mit Vierventil-Technik löst damit den Fünfzylinder-TDI ab. Erste Fahreindrücke bestätigen, daß der Audi-TDI das mit Abstand modernste Triebwerk ist. Die 110 kW (150 PS) reichen locker aus, um die 1,6 Tonnen schwere Limousine in allen Geschwindigkeitsbereichen dynamisch zu bewegen - und immer wieder ist man erstaunt über die Verbrauchswerte, die der Bordcomputer berechnet: In der Praxis konsumiert der TDI bei normaler Fahrweise zwischen acht und 8,5 Liter Diesel (gegenüber dem Durchschnittswert von 7,3 Litern nach der neuen EU-Norm). Man muß sich das noch einmal vor Augen führen: Acht Liter sind für eine Oberklasse-Limousine ein sensationeller Wert. Dabei bleiben aber Laufkultur, Akkustikkomfort und Drehmoment nicht auf der Strecke. Nur nach dem Starten - und ganz dezent im Leerlauf - gibt sich der V6 als Nagler zu erkennen. Bestechend ist sein Durchzugsvermögen: Das maximale Drehmoment von 310 Nm steht im Bereich zwischen 1500 und 3200 Touren zur Verfügung. In der Praxis bedeutet das einerseits den nötigen Schub bei einem beherzten Tritt auf das Gaspedal. Auf der anderen Seite läßt sich der A8 2. 5 TDI wunderbar schaltfaul fahren, auch auf der Autobahn, wo Steigungen im sechsten Gang genommen werden können. Wenn es einmal ganz schnell gehen muß, endet der Vortrieb erst bei 220 km/h.

Kein Liebling der Tankwarte

Tankwarte dürften sich über den Diesel-A8 eher wenig freuen, denn sie werden ihn relativ selten zu Gesicht bekommen: Mit 90 Litern vollgetankt, sind Reichweiten von mehr als 1000 Kilometer überhaupt kein Problem. Deshalb hat Audi vor allem die Gruppe der Vielreisenden, aber auch technophile Autofahrer, die auf Luxus nicht verzichten wollen, aber dennoch mit einem guten Umweltgewissen reisen wollen, als Kundengruppe im Visier. 83 500 Mark kostet dieser A8.

Das scheint nicht zu viel, wenn man bedenkt, welch hohen technischen Entwicklungsaufwand die Ingenieure treiben mußten, um einen solchen Multitalent-Motor zu schaffen. Abgasturbolader mit variabler Turbinengeometrie, modernstes Motormanagement und ein neu entwickeltes Hochdruck-Einspritzsystem, das mit bis zu 1500 bar Druck arbeitet, sind nur einige Stichpunkte.

Klar ist, daß dieser V6 im A8 nur der erste Schritt, eine Art Wegweiser für die Motorentechnologie der Zukunft ist. Er wird vom Spätsommer an auch im A8 mit tiptronic und quattro-Antrieb zu haben sein, und vom Herbst an wird dieser TDI Einzug in die A6-Baureihe halten. Ende des Jahres kommt dann das sehr kompakte Triebwerk in den A4. Klar ist ebenfalls, daß der Sechszylinder die technische Basis für neue Vier- oder Achtzylinder-Dieselmotoren sein kann. Und auch Konzernmutter VW dürfte schon begehrliche Blicke nach Ingolstadt werfen - schließlich würde sich der TDI doch wunderbar im Passat machen.

Von Otto Fritscher

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