Aston Martin: Die wechselvolle Geschichte einer großen Marke:Legende und kein Ende

In den James-Bond-Filmen wurde es zum berühmtesten Auto der Filmgeschichte. Der neueste Aston Martin V8 darf sich als tüchtiger Nachfahr in einer illustren Ahnenreihe fühlen.

Georg Kacher

Rückblick ins Jahr 1915. Der erste Aston Martin rollt aus einer kleinen tristen Hinterhof-Garage im Londoner Stadtteil Kensington. Nein, eine Schönheit ist das Einzelstück mit dem Spitznamen Coal Scuttle (Kohlenkasten) nicht. Erst 1920 entsteht ein zweiter Prototyp, doch zu diesem Zeitpunkt hat der Mitbegründer der Marke, der Konstrukteur Robert Bamford, das Unternehmen schon wieder verlassen.

Bond, AP

"James Bond" alias Pierce Brosnan mit einem Aston Martin Vanquish

(Foto: Foto: AP)

Die Geburt der Marke Aston Martin beginnt mit schweren Wehen. Der Name entsteht, weil Bamfords Kompagnon, der Autohändler Lionel Martin, sein erstes Rennen auf der Strecke von Aston Clinton gewann. Und aller Anfang ist schwer: Bis 1925 werden auf Bestellung nur rund 60 Fahrzeuge gefertigt - zu wenig, um überleben zu können.

Also verkauft Lionel Martin an Lord Charnwood, der seinerseits bereits mit diversen Rennautos Furore machte. Doch schon 1932 steht der nächste Eigentümerwechsel an. Erst jetzt schafft Gordon Sutherland als erster Firmenchef den Technik-Transfer von der Piste auf die Straße.

Vom Typ 15/98 (Speed) lässt er ein Cabrio, ein Coupé und eine Limousine entwickeln. 1939 beginnt die Arbeit am stromlinienförmigen Atom, doch das ehrgeizige Projekt treibt Aston Martin abermals in die Pleite.

Die Legende tut sich schwer, eine zu werden. Den endgültigen Durchbruch bringt nach dem Krieg der DB2. Die Initialen stehen für den neuen Eigner David Brown, der auch Lagonda übernommen hatte. Der 2,5-Liter-Sechszylinder des DB2 stammt übrigens von W.O. Bentley. Die vom Österreicher Eberan von Eberhorst konstruierte Rennversion heißt DB3. 1954 kommt der 125PS starke DB2/4 auf den Markt.

Der neue Chefingenieur Tadek Marek entwirft für Brown 1958 den DB4 mit 3,7-Liter-Sechszylinder, dessen Gitterrohrrahmen in Italien bei Touring mit einer Aluminiumkarosserie beplankt wird. 1963 startet mit dem DB5 die Evolution dieses innovativen Konzepts. Neu im Angebot ist eine Dreistufen-Automatik.

Berühmtestes Auto der Kinogeschichte

Mit James Bond am Steuer wird der DB5, panzerplattenbewehrt und schwer bewaffnet, zu einem der berühmtesten Autos der Kinogeschichte. Der schon 1965 nachgeschobene DB6 ist mit zwei verschiedenen Radständen zu haben. Das Cabrio heißt erstmals Volante, die auf 330 PS leistungsgesteigerte Ausführung trägt den Zusatz Vantage.

Mit jedem neuen Modell baut Aston Martin jetzt größere und schwerere Autos. Das gilt auch für den 1967 eingeführten DBS, in dem von 1969 an auf Wunsch ein 5,3-Liter-V8 Dienst tut. Das Unternehmen schreibt wieder einmal rote Zahlen und wird 1972 für die symbolische Summe von 100 Pfund an ein Konsortium englischer Geschäftsleute verkauft.

Nachdem die Briten 1975 das Handtuch werfen, engagieren sich zwei reiche Amerikaner und legen die kantige, von William Lyons gezeichnete Lagonda-Limousine auf Kiel. 1981 übernimmt der im Ölgeschäft tätige Victor Gauntlett das Steuer, vier Jahre später geht der griechische Reeder Peter Livanos mit an Bord. Erst 1987 kehrt die Marke unter der Ägide von Ford zurück in ruhigeres Fahrwasser.

Seit 1994, Ruhe nach dem Sturm, gehört die Marke komplett zu Ford, seit 1998 zur Luxusdivision Premier Automotive Group. In der letzten Phase vor der Übernahme konzentrierte sich Aston Martin auf die so genannten V-cars: V8 Vantage (1977), Virage (1989), Virage Vantage (1992), V8 Coupé (1996). Das bislang meistverkaufte Modell ist der 1994 vorgestellte DB7, der mehr als 7000-mal vom Band lief.

Legende und kein Ende

Vor fünf Jahren übernahm der frühere BMW-, Porsche- und Daewoo-Manager Ulrich Bez das Kommando. Das neue Topmodell, der Vanquish V12 (Vorstellung 2001), war zwar schon weit gediehen, doch für den DB9 (2004) und den V8 Vantage (2005) konzipierte der umtriebige Schwabe ein intelligentes Gleichteile-Konzept.

VH heißt die neue Struktur - eine flexible Alu-Matrix, deren Einmalaufwand sich auf zwei bis drei neue Fahrzeuge verteilen lässt. Während der sehr teure Vanquish nur eine Nebenrolle spielt, übertrifft der als Coupé und Cabrio lieferbare DB9 alle Erwartungen.

Nur 3500 Stück im Jahr

Noch größere Hoffnungen setzen die Engländer in den V8 Vantage, der demnächst zu den Händlern rollt. Der günstigste Aston kostet knapp 105.000 Euro und ist schon bis weit ins nächste Jahr ausverkauft - kein Wunder bei der auf 3500 Stück pro Jahr beschränkten Produktion.

Gebaut werden alle Modelle übrigens nicht mehr in der alten Fabrik bei Newport-Pagnell, sondern im hochmodernen Werk von Gaydon, wo sich auch der Firmensitz befindet.

Wir haben uns den V8 für zwei Tage ausgeborgt und sind damit quer durch England gefahren - von der lieblichen Ostküste hinüber an die raue Westküste. Natürlich geht das Achtzylinder-Coupé nicht ganz so gut wie die V12-Modelle, aber richtig vermisst haben wir den großen Motor eigentlich nicht.

Der neue 4,3-Liter-Sauger liest jeden Wunsch vom Gaspedal ab, er dreht bei Bedarf bis 7500 Touren und er lastet weniger schwer auf Lenkung und Vorderachse. Die Nennleistung beträgt 283kW (385 PS). Das reicht, um in 5,0 Sekunden die 100-km/h-Marke zu erreichen und 280 km/h schnell zu sein.

Ein 911 kann das zwar etwas besser, aber dafür verliert der Wagen aus Zuffenhausen das Drehmoment-Duell gegen den Aston Martin. Mit maximal 410 Nm verteilt der V8 mehr Muskelmasse über ein breiteres Spektrum. Für die Portionierung ist ein Sechsgang-Handschalter zuständig.

Das gut abgestufte Räderwerk arbeitet knorrig-exakt und mit kurzen Wegen. Als kongenialer Partner agiert die leichtgängige und progressive Kupplung. Auf dem Geläuf durch die Hochmoore findet der Vantage erstaunlich schnell einen Rhythmus.

Durch die Transaxle-Bauweise, die das Getriebe an die Hinterachse auslagert, ergibt sich eine wunderbar ausbalancierte Gewichtsverteilung und der V8 zieht seine Radien mit der Akkuratesse eines Kurvenlineals. Die Lenkung ist in sich gefestigt und hält vor allem um die Mittellage mit stoischer Ruhe die Spur. Die Bremse spricht spontan an und ist leicht dosierbar. Das Potenzial der Verzögerung suggeriert Reserven, die man im öffentlichen Straßenverkehr kaum ausschöpfen mag.

20 Liter und mehr

Schwächen? Die hintere Aufhängung neigt auf kurvig-welliger Fahrbahn zum Nachtreten, der Federungskomfort ist in Verbindung mit den aufpreispflichtigen 19-Zoll-Rädern auf manchen Oberflächen nur rudimentär. Die schlecht ablesbaren Instrumente und die verwirrende Mittelkonsole werden in Testberichten Punkte kosten, doch im wirklichen Leben ersetzt die digitale Geschwindigkeitsanzeige den Tacho und die rote Hochschalt-Warnlampe den Drehzahlmesser.

Der Praxisverbrauch schwankt: Wer dahingleitet, kommt mit weniger als zwölf Liter aus. Wer jedoch Zorro zeigen will, wie es wahre Schurken treiben, muss mit 20 Liter und mehr rechnen.

Fazit: Aston Martin hat in seiner 90-jährigen Geschichte gerade mal 21.000 Autos hergestellt. Wenn uns nicht alles täuscht, wird sich diese Zahl bis zur 100-Jahr-Feier wohl mehr als verdreifachen.

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