An Bord des Airbus A380:Raum und Wirklichkeit

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Von außen ist der neue Airbus A380 ein Gigant, an Bord geht es dagegen eher eng zu. Eindrücke vom ersten Langstreckenflug des Riesenvogels.

Jens Flottau

Die Wolke kommt, erst klein und in weiter Ferne, immer schneller auf uns zu. Sie wird größer und größer, bis nur noch Weiß den Blick umfängt. Ein paar Augenblicke später taucht der Koloss aus dem weißen Nebel hervor und dreht eine sanfte Kurve, so dass er mit den Flügelspitzen die Wolkenobergrenze zu berühren scheint. Ein paar Tropfen kleben an der Außenhaut und werden schnell abgewaschen durch den Wind.

Im Anflug: der Welt größter Passagierflieger (Foto: Foto: AFP)

Mit das Beste an diesem ersten langen Flug mit dem Airbus A380 ist diese Kamera. Sie ist oben auf dem Seitenleitwerk montiert und schaut nach vorne. Eigentlich soll sie ja nur den Piloten helfen, ihr riesiges Fluggerät sicher auf engen Flughäfen zu manövrieren, ohne anzuecken.

Der atemberaubende Blick auf den Schirm

Deswegen lässt sich das Bild im Cockpit auf den Schirm schalten. Aber auch an jedem Sitz lässt sie sich per Fernbedienung auf den Monitor holen und dann hat man diesen atemberaubenden Blick, als säße man fest angeschnallt auf der Flosse des A380 und würde sich die Sache einmal von oben betrachten.

Drinnen im Rumpf geht es eher um die Details. An den Innenwänden sind kleine Mikrophone angebracht, die den Lärmpegel in den verschiedenen Kabinenabschnitten messen sollen.

Peter Jacobus, der Purser auf dem Flug, verweist darauf, dass der Boden in den Bordküchen in diesem Testflugzeug weniger Gewicht verträgt, als die späteren Linienmaschinen. Und deswegen gibt es heute die Krabben, das Steak und den Salat nur von Plastiktellern, dem festlichen Anlass und der allgemeinen Hochstimmung der Gäste ganz unangemessen.

"Der A380 ist ein sehr großes Flugzeug"

Airbus und Lufthansa hatten rund 460 Mitarbeiter, Geschäftspartner, Lieferanten und einige Journalisten auf den ersten der sogenannten Route-Proving-Flüge von Frankfurt nach New York gebeten.

Bei diesen Flügen geht es einerseits ums Image, denn der A380 hat doch in der öffentlichen Meinung unter der zweijährigen Verspätung, den Milliardenkosten und dem Arbeitsplatzabbau bei Airbus gelitten.

Andererseits aber geht es auch darum, die Abläufe bei einem (fast) normalen Linienflug zu testen und herauszufinden, was den Passagieren gefällt und was nicht. Am Donnerstag landete der A380 erst aus New York und hob am Freitag wieder in Richtung Hongkong ab. Danach steht noch einmal Washington auf dem Terminplan, bis er dann Mitte der kommenden Woche auch einen Abstecher zum Flughafen München macht.

"Der A380 ist ein sehr großes Flugzeug", sagt Purser Peter Jacobus. "Aber man merkt es nicht." Das ist eine ziemlich wahre Aussage, auch wenn Airbus das vielleicht nicht so gerne hört, denn eigentlich gibt es nur wenige Stellen in dem Flugzeug, in dem man das Gefühl von großzügigem Platz hat.

Airbus A380 von innen
:Platz für 550 Menschen

Der Superjumbo ist knapp 73 Meter lang, seine Spannweite beträgt rund 80 Meter. Ein Blick ins Innere ist spannend.

Die offene Treppe ins Oberdeck zum Beispiel ist so breit, dass man hier spürt, wie viel Raum der Rumpf umfasst. Auch unten im Vorraum ist viel Bewegungsfreiheit und oben hat Airbus zwei Sofas an die Seitenwände gestellt. Schade nur, dass ausgerechnet hier die Kabine am lautesten ist.

Der A380 ist leiser als ältere Modelle, die Triebwerke hört man während des Reisefluges praktisch nicht. (Foto: Foto: AP)

Der dritte geräumige Bereich ist die Bar zwischen First und Economy Class. Vor allem im Oberdeck sind die Gepäckablageflächen nicht sehr groß. Zwar hat Airbus seitlich an den Wänden Fächer eingebaut, doch schon normale Aktentaschen sind für sie zu groß. Dicke Rollkoffer passen nur schwer in die äußeren Ablagen.

Keine Komik in der Küche

"Ich bin überrascht, wie leise es ist", sagt August Wilhelm Henningsen", Vorstandschef von Lufthansa Technik. Henningsen hat einen Sitz in der ersten Reihe der Business Class ergattert. Peter Jacobus pflichtet bei. Für den Purser und seine Kollegen hat die Ruhe auch einen kleinen Nachteil. Ungezwungene Gespräche untereinander in der Küche sind nicht mehr ganz ungefährlich, es könnte gut sein, dass die ersten Reihen hinter dem Vorhang noch mithören könnten.

Der A380 ist zwar wirklich leiser als ältere Modelle, aber es gab einige unter den Premierengästen, die noch ein wenig mehr Ruhe erwartet hatten. Die Triebwerke hört man während des Reisefluges praktisch nicht, doch der aerodynamische Lärm ist vor allem vorne deutlich vernehmbar. Lufthansa Technik arbeitet aber bereits an Technologien, wie der Lärm weiter unterdrückt werden kann, verrät Technologiechef Bernhard Conrad.

Wie die Kabinen im Linieneinsatz aussehen, ist natürlich Sache der Kunden. Sie alle hüten ihre Pläne wie Staatsgeheimnisse.

Bei Singapore Airlines, die im Oktober endlich die erste Maschine bekommen, Emirates oder Lufthansa sind auch intern nur wenige eingeweiht.

Doch viele haben angekündigt, die Einführung des A380 zu nutzen, um vor allem ihre First und Business Class aufzuwerten. Etihad Airways aus Abu Dhabi plant angeblich sogar, im Heck eine Art Restaurant unterzubringen - aber auch das ist eigentlich streng geheim und würde niemals bestätigt werden. Etihad übrigens wird das Flugzeug bekommen, das derzeit für das Route Proving genutzt wird.

Bei der Lufthansa werden sowohl First als auch Business Class im Oberdeck untergebracht, obwohl die geräumigere Kabine unten wäre. Doch wollen offenbar viele Passagiere aus den teuren Buchungsklassen lieber im Oberdeck reisen, so wie sie das auch aus der Boeing 747 gewöhnt sind.

Fernreisen bleiben Fernreisen

Alle, die in der Economy Class sitzen, werden allerdings feststellen, dass auch im A380 Fernreisen lang werden können. Airbus rechnet zwar vor, dass es pro Passagier mehr Platz gibt, als bei jedem anderen Flugzeug. Doch wie viele Sitze in die Kabine wirklich eingebaut werden, ist ebenfalls Sache der Fluggesellschaften.

Und weil die Kabinendecke in dem Doppeldecker relativ niedrig ist, entwickelt sich zumindest in der Economy Class kein großzügiges Raumgefühl. Ablenken kann man sich mit einem neuen interaktiven Unterhaltungssystem, bei dem Dutzende Filme und Musikprogramme gespeichert sind und auf Wunsch abgerufen werden können.

Die größten Fans des A380 sitzen aber ganz vorne im Cockpit. Carl Sigel, Flugbetriebsvorstand der Lufthansa, durfte schon vor ein paar Wochen Kreise drehen über dem Airbus-Werk in Toulouse und Starts und Landungen üben.

"Das war ein Höhepunkt meiner 40-jährigen Karriere", sagt Sigel, der altersbedingt bald mit der Fliegerei aufhören muss. Die Piloten loben, wie leicht die Maschine trotz ihrer Größe zu bewegen ist. Weil die Steuerflächen im Verhältnis zum Gesamtflugzeug so groß seien, sei der A380 sogar "agiler als ein A320", findet Sigel.

© SZ vom 24.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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