Alternative Antriebe:Probefahrt mit der Technik von morgen

BMW 1er mit Wassereinspritzung

Der BMW Einser mit Wassereinspritzung beschleunigt schneller als sein Pendant ohne die Technologie.

  • Dank Wassereinspritzung beschleunigt der BMW Einser besser und verbraucht weniger Sprit.
  • Der BMW Zweier Active Tourer mit Plug-in-Hybridantrieb zeigt, wie man die Technolgie ideal umsetzen kann.
  • Auch der Wasserstoffantrieb beweist im Fünfer GT, dass er Zukunft hat. Aber noch fehlt es an der nötigen Infrastruktur.

Von Georg Kacher

Der erste Kandidat klingt unter der Tarnkappe fast so kernig wie das Einser M Coupé. Der zweite Proband ist ein in Duschvorhang-Folie gewickelter Effizienzkünstler mit Doppelherz-Antrieb. Das dritte Zukunftsmodell beherrscht die mal säuselnden, mal aufbrausenden Stimmlagen der vier Winde. Schon auf den ersten Blick wird klar, dass der BMW Einser mit Wassereinspritzung, der BMW Zweier Active Tourer Plug-in-Hybrid mit elektrisch angetriebener Hinterachse und der BMW Fünfer GT mit Brennstoffzelle einen ganzen Blumenstrauß von Antriebsinnovationen für die nächsten Jahre bereithalten. Doch eins nach dem anderen.

Unter der Haube des Vor-Facelift-Einser grummelt, bollert und röhrt ein ganz besonderer Dreizylinder. Das 1,5-Liter-Aggregat leistet 218 statt 204 PS und verbraucht bis zu acht Prozent weniger Sprit. Sein Geheimnis? DWI, die direkte Wasser-Einspritzung. Nein, das gute Stück verbrennt weder San Pellegrino noch Apollinaris. Stattdessen reduziert die fein dosierte Beigabe von Kondenswasser die Klopfneigung des Motors. In Verbindung mit einer von 9,5 auf 11,0 angehobenen Verdichtung, höherem Ladedruck und einem früheren Zündzeitpunkt verbessert das den Wirkungsgrad.

Kondenswasser aus der Klimaanlage

Je nach Auslegung lässt sich DWI in Richtung Verbrauch oder Leistung optimieren. Der rote Einser beschleunigt spürbar besser als das Serien-Pendant, hängt besser am Gas und steht auch beim Höchsttempo besser im Futter. Das verdankt er einzig und allein dem knapp ein Kilogramm leichten Einspritzsystem, das aus einem Sechs-Liter-Behälter destilliertes Wasser wahlweise in den Ansaugtrakt oder direkt in den Brennraum injiziert. Das Wasser fällt bei der Verdunstung in der Klimaanlage an.

Auf der Rennstrecke fließen bei Volllast rund 0,8 Liter pro 100 km durch die Mini-Förderpumpe. Im Alltag hält sich der Durst jedoch in Grenzen; das Nachfüllen kann man sich daher sparen. Bei Minusgraden wird das System nach Abstellen des Motors automatisch entleert. Selbst in harten Wintern soll das Eis im Sammler in ein paar Minuten aufgetaut sein - beim Kaltstart braucht der Verbrenner ohnehin noch kein Löschwasser.

Sobald es BMW gelingt, die Kosten für das System auf unter 1000 Euro zu drücken, könnte DWI im Rahmen der technischen Überarbeitung Zug um Zug bei allen Verbrennern zum Einsatz kommen. Doch bevor es so weit ist, muss in manchen Fahrzeugen erst der nötige Einbauraum für die komplexe Anlage geschaffen werden. Außerdem ist noch nicht klar, ob das Wasser über eine zusätzliche Einspritzleiste oder direkt über die Injektoren verteilt werden soll. Das System funktioniert in allen Benzinmotoren - vom Dreizylinder bis zum Biturbo-Sechszylinder im neuen M4 GTS, der mit 500 PS und 600 Nm den Antriebsrädern das Gummifell über die Ohren zieht.

So schnell wie das bisherige Topmodell

Während DWI 2016 bei BMW M in Kleinserie geht, steht der Zweier Active Tourer Plug-in-Hybrid bereits im September auf der IAA. Vom neuen Antrieb - vorne quer eingebauter Dreizylinder, hinten E-Motor samt Leistungselektronik und Batteriepaket - profitiert wenig später auch der X1. Mit einer Systemleistung von 220 PS und 385 Nm liegt der BMW 225 eDrive auf Augenhöhe mit dem fast gleich starken und ähnlich teuren BMW 225i xDrive. Der kompakte Van sprintet in 6,5 Sekunden von null auf 100 km/h, ist 205 km/h schnell und verbraucht nach Norm nur 2,0 Liter (50 g/km CO₂).

BMW 2er Active Tourer Plug-in-Hybrid

Der BMW Zweier Active Tourer soll als Plug-in-Hybrid nach Norm nur 2,0 Liter verbrauchen.

Obwohl die E-Technik das Gewicht im Vergleich zum 218i um 250 zusätzlichen Kilos erhöht, gibt sich der Wagen spritzig, durchzugstark und dank der leicht heckbetonten Achslastverteilung von 46:54 bemerkenswert handlich. Das liegt auch am straßengekoppelten Allradantrieb, der per Torque Vectoring das Drehmoment bedarfsgerecht verteilt. Die neue Technik ohne mechanischen Link verspricht ein Plus an Stabilität, Sicherheit und Traktion. Einen Schotterhügel mit 80 Prozent Steigung hat das Vorserienauto jedenfalls ebenso klaglos gemeistert wie ein paar schnelle Runden auf dem Handling-Parcours.

Nur 38 Kilometer rein elektrisch

Der Reiz des Zweier-Hybrid liegt vor allem im elektrischen Fahren. Drei E-Programme stehen zur Wahl: Auto eDrive (erst elektrisch, ab etwa 80 km/h auch mit Verbrenner), Max eDrive (bis 130 km/h rein elektrisch - außer bei Kick-down) und Save Battery (hält den Ladezustand konstant um die 50 Prozent). Während die hybridische Reichweite bis zu 550 Kilometer betragen soll, gehen im E-Programm spätestens nach 38 km die Lichter aus. Sparfüchse segeln im Eco-Pro-Modus fast lautlos über den Asphalt, doch wer richtig Spaß haben will, zieht den Wählhebel in die S-Gasse. Jetzt wird im Duett beschleunigt, auch jenseits von 130 km/h kräftig zugelegt und beim Überholen nach Bedarf geboostet. Weniger Hybrid will man nicht, mehr Hybrid braucht man nicht.

Der Wasserstoff-Cocktail schmeckt nicht nach Verzicht

Das Geschäftsmodell Brennstoffzelle (FC) ist - Stand 2015 - eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Obwohl der technische Fortschritt rasch Fahrt aufnimmt, steckt die Infrastruktur zumindest in Europa noch in den Kinderschuhen. Doch mittel- bis langfristig lockt die Umwandlung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff in Strom und Wasserdampf mit der unwiderstehlichen Vision der emissionsfreien (Langstrecken-)Mobilität. Gemeinsam mit Toyota entwickelt BMW daher ein wegweisendes Antriebskonzept, das durch Details wie den mit Karbon ummantelten Wasserstoffspeicher und ein innovatives Betankungssystem aufhorchen lässt.

BMW Fünfer GT mit Wasserstoffantrieb

Tiefkalt tanken: BMW Fünfer GT an der Wasserstoff-Zapfsäule.

Eingebaut ist der Flüsterantrieb in eine Prototypen-Testflotte von zehn Fünfer GT. Um das Leergewicht unter der Zwei-Tonnen-Grenze zu halten, wurde der Wagen rundum gewichtsoptimiert - zum Beispiel durch Räder aus Kohlefaser-Alu-Verbund, ein Dach und die einteilige Heckklappe aus Karbon. Die hinter der Vorderachse platzierte Brennstoffzelle leistet 200 PS, beschleunigt den Wagen in 8,4 Sekunden auf 100 km/h und erlaubt 180 km/h Spitze. Wer das Gaspedal streichelt, kommt mit dem Hightech-Stromer hochgerechnet bis zu 700 Kilometer weit. Wer sehr schnell unterwegs ist, muss freilich schon nach 450 Kilometer an die H₂-Zapfsäule. Die Betankung mit flüssigem oder gasförmigem Wasserstoff dauert keine fünf Minuten.

Das Konzept überzeugt schon heute

Ganz neu ist der von BMW patentierte zylindrische Kryodruck-Tank, der im nur geringfügig verbreiterten Kardantunnel Platz findet. Die Vorteile der Kryo-Technik: höhere Energiedichte, weniger Druck, bis zu zwei Monate Standzeit ohne allzugroße Verluste. Den Wirkungsgrad der Umwandlung geben die Münchner mit 65 Prozent an.

Nicht genug Power? Dann steigen wir doch um in den mit Wasserstoff betriebenen i8. Das betont dynamisch gestylte Coupé schafft den Sprint in sechs Sekunden und läuft 200 Sachen, aber eine Tankfüllung reicht für höchstens 250 Kilometer. Anders als der Fünfer GT, der als reiner Hecktriebler ausgelegt ist, beherrscht das 245 PS starke Power-Pack des i8 die gesamte Palette von Front-, Heck- und Allradantrieb. Obwohl frühestens 2020 mit einem Serieneinsatz gerechnet wird, überzeugt zumindest der Fünfsitzer schon heute durch tolle Laufruhe, gleichmäßige Kraftentfaltung und satten Schub bei voll durchgetretenem Fahrpedal.

Ökologisches Fahren mit emotionaler Klangkulisse

Der Fünfer GT mit dem Hochdruck-Speicher zwischen den Sitzen klingt bei Vollgas wie der Soundtrack eines gewaltigen Vogelzugs, bei Teillast wie ein sich formierender Schwarm Hummeln und im Schiebebetrieb wie ein leise ausatmender Pottwal. Zu emotional? Genau darum geht es doch. Auch die blütenweiß-saubere Mobilität von morgen verdient eine Klangkulisse, die Gänsehaut erzeugt und zur Marke BMW passt. Entsprechend haben die Münchner den Kraftfluss der Brennstoffzelle mit einer Batterie als Zwischenspeicher aufgedoppelt. Nach dem Sofortschub beim Start nimmt die Beschleunigungskurve einen ähnlich progressiven Verlauf wie Maurice Ravels Boléro. Erst auf dem allerletzten Zentimeter Gaspedalweg zündet der gefühlte Nachbrenner im Stil eines Formel-E-Rennwagens. Als Belohnung strahlt die Kraftfluss-Anzeige jetzt im supersauberen Project-i-Blau.

Fazit: Heute, morgen, überübermorgen. Der erste BMW mit elektrifizierter Hinterachse surrt bereits in den Startlöchern, der M4 GTS setzt von 2016 an auf das System der Wassereinspritzung. Nur auf die Brennstoffzelle müssen wir noch warten, bis die Politik und Big Oil sich endlich bewegen.

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