Alternative Antriebe:Der Kohleausstieg ist eine Jahrhundertchance fürs Auto

Alternative Antriebe: Bei der Entwicklung von neuen Batterien ist der Vorsprung asiatischer Hersteller uneinholbar. Doch die Wasserstofftechnologie wie beim Hyundai Nexo bietet viele Optionen.

Bei der Entwicklung von neuen Batterien ist der Vorsprung asiatischer Hersteller uneinholbar. Doch die Wasserstofftechnologie wie beim Hyundai Nexo bietet viele Optionen.

(Foto: Hyundai)

Doch die besten Möglichkeiten bietet nicht die Entwicklung neuer Batterien für Stromer - sondern der Wasserstoffantrieb.

Kommentar von Joachim Becker

Atomkraft, nein danke. Kohle, nein danke. Und der Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen ist auch nur eine Frage der Zeit. Die Energiewende wird zur Großbaustelle. Gut so, denn das Klimaproblem lässt sich nur sektorübergreifend lösen. Mit Innovationen, die gleichermaßen gut für den Wirtschaftsstandort und die Umwelt sind.

Da hilft es wenig, wenn die Autoindustrie mauert. Alles Maulen über die "scharfen" CO₂-Ziele für 2030 nützt nichts: Die Verkehrsemissionen sind erneut gestiegen und liegen nun schon zwei Prozent über den Werten von 1990. Um die Klimaziele einzuhalten (minus 40 Prozent bis 2030), müssen Ende der nächsten Dekade mindestens ein Drittel aller Neuwagen elektrisch fahren. Ohne Schulterschluss mit dem Energiesektor und neue Infrastrukturlösungen wird das nicht funktionieren. Der Ausstieg aus der Braunkohle ist deshalb eine Jahrhundertchance - auch für die Autos von morgen.

"Batteriezellen statt Braunkohle!" fordern jetzt Gewerkschafter, die Milliarden in neue Akkufabriken lenken wollen. Doch bei aktuellen Lithium-Ionen-Technologien ist der Zug längst abgefahren. Die Asiaten haben einen immensen Vorsprung bei der Industrialisierung von Energiespeichern für Mobilgeräte. Außerdem entstehen in den hoch automatisierten Zellfabriken kaum Arbeitsplätze. Der absehbare Personalabbau in Motorenwerken lässt sich so nicht ausgleichen.

Bei Wasserstoff ist das Energierennen noch vollkommen offen

Es stimmt schon: Batterien haben den entscheidenden Vorteil, dass sie den Strom ohne (teure und energiezehrende) Wandlungsprozesse direkt aus der Leitung nuckeln. Doch mit dem Ausstieg aus Kernenergie und Kohle entfallen viele Kraftwerke für die Grundversorgung. Womit werden die Stromer geladen, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint? Pumpspeicherkraftwerke wie in den Alpenländern sind keine Lösung. In Deutschland reicht ihre Kapazität gerade einmal für rund 20 Minuten des Energiebedarfs. Beim Umbau des deutschen Energiesystems fällt Brennstoffzellen deshalb eine zentrale Rolle zu. Sie können elektrische Energie, die im Wasserstoff geparkt wird, jederzeit in Strom zurückverwandeln. Anders als bei Batterien ist das Technologie-Rennen hier völlig offen. Das Einsatzspektrum reicht vom Pkw über den 40-Tonner bis zum Gigawatt-Speicher für Windparks. Und ein Ressourcenproblem wie bei Kobalt und Lithium gibt es auch nicht.

Je mehr Strom aus Wind und Sonne fließt, desto dringender wird die Speicherfrage. Mit den milliardenschweren Strukturhilfen für die (ehemaligen) Braunkohlereviere lässt sie sich absehbar beantworten. Hiesige Forschungsinstitute sind bei vielen Wasserstoff-Technologien gut aufgestellt. Das Forschungszentrum Jülich sitzt sogar direkt im rheinischen Braunkohlerevier. Was es jetzt braucht, ist der Schritt von der Forschung in die Industrialisierung. Eine neue Wasserstoffwirtschaft könnte auch die Energiewende auf der Straße entscheidend voranbringen. Noch ist es für die deutsche Autoindustrie nicht zu spät, bei diesem Neustart mitzumachen.

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