Alfa 8c:Rot ist die Liebe

Der neue Alfa 8C verkörpert das Beste aus Maserati und Ferrari, nur: Das faszinierende Coupé ist seit Monaten ausverkauft.

Georg Kacher

Romeo sucht Julia. Sie sollte vermögend sein, Alfa-affin und geduldig. Denn der 8C ist als Coupé seit Monaten restlos ausverkauft, scusi. 500 Stück für die ganze Welt, da hilft nicht einmal mehr der direkte Draht zum Fiat-capo Sergio Marchionne. Die Glücklichen dürfen nach hartem Auswahlverfahren demnächst 174.600 Euro nach Italien überweisen.

Nein, dieser Betrag ist kein Druckfehler. Der 8C Competizione kostet nackt zwar 159.860 Euro, aber im Schnitt sind nochmal 13.400 Euro für Extras fällig. Zum Beispiel für geflochtene Ledersitze, Sonderlack im Babyblau der sechziger Jahre, Schedoni-Kofferset oder Bremssättel in Wunschfarbe. In Deutschland gab es 210 Interessenten, aber nur 81 zuteilungsreife Verträge.

Ein Auto, das uns den Kopf verdreht

Das Verrückte ist: Dieses Auto hat den Rummel verdient. Der 8C wäre es sogar Wert, das Domizil zu verkaufen, den Familienschmuck zu verpfänden und sich hoch zu verschulden. Wenn es zwischen Mensch und Maschine eine Art Hörigkeit gäbe, dann bestünde Gefahr, dass uns der Competizione den Kopf verdreht, bis wir am Stock gehen. Das bevorzugt rote Coupé eignet sich nämlich nicht nur zum Besitzen, sondern auch zum Vererben. Und natürlich zum Fahren.

Obwohl dieser Alfa eigentlich gar kein Alfa ist. Die Bodengruppe mit dem Doppelquerlenker-Chassis stammt vom Maserati GranSport, das Cambiocorsa-Transaxle-Getriebe trägt ebenfalls die Teilenummern des Dreizacks und der V8 wird gar aus der Kaderschmiede von Ferrari zugeliefert. Mit 4,7 Liter Hubraum besitzt er noch größere Lungen als der F430 oder der Quattroporte, was sich auch im maximalen Drehmoment von 480 Nm niederschlägt.

Rot ist die Liebe

Dass der V8 450 PS leistet, ist erst einmal vollkommen nebensächlich. Was uns a priori den Atem raubt, das ist der Soundtrack zum bewegten Bild. Um diese unverschämt laute und mitreißende Akustik vom zuständigen EU-Gremium abgesegnet zu bekommen, braucht man wohl beste Beziehungen zum Vatikan oder zur Mafia.

Bei Halbgas gehen selbst unbeteiligte Zuschauer ehrfurchtsvoll in die Knie, ab 5000 Touren schaltet das Trommelfell auf Trance und jenseits von 7000 U/min hält es ohnehin nur noch Taubstumme auf den Sitzen. Mit warmen Reifen und auf griffigem Asphalt beschleunigt der immerhin 1585 Kilo schwere 8C in 4,2 Sekunden von null auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 292 km/h.

Der V8 dreht bis in die Puppen

Gezeichnet hat den Alfa Wolfgang Egger, der inzwischen für Audi arbeitet. Der Allgäuer hat eine zeitlose Kohlefaser-Karosserie geschaffen, in der viel mehr Platz ist als seinerzeit im Show Car. Hinten lagert das maßgeschneiderte Gepäck, vorne laden erstaunlich bequeme Schalensitze zur ersten Ausfahrt.

Statt rundum zu kneifen wie ein Lamborghini, bietet der Alfa genug Freiheit für Kopf, Bein und Schultern. Dazu gibt's ein edles Cockpit mit viel Aluminium, Karbon und Leder. Die Teppiche sind mit farblich abgestimmten Kedern eingefasst, die Tasten und Schalter wurden speziell für dieses Modell angefertigt, das Instrumentarium hat seine eigene Graphik.

Es gibt nur zwei Pedale, denn Cambiocorsa heißt automatisiertes Schaltgetriebe. Der Automatikmodus ist die gewohnt matte Sache mit Kopfnick-Gangwechseln im Schlafmittel-Tempo, aber in der Sportstellung geht derart vehement die Post ab, dass man mit dem Hochschalten per Zeigefinger kaum nachkommt. Der V8 dreht bis in die Puppen, hängt sensibel am Gas und wuchtet allzeit genug Drehmoment an die Hinterachse, um die Antriebsräder von einer Verlegenheit in die nächste zu stürzen.

Rot ist die Liebe

Der Maserati GranSport ist bockhart und kopflastig, der Ferrari F430 übereifrig-eckig und hecklastig. Der 8C ist mehr als die goldene Mitte. Er hat seinen ganz eigenen Charakter und der entpuppt sich als unerwartet verbindlich und ausgewogen.

Klar, mit abgeschaltetem Stabilitätsprogramm drehen die Pirellis wütend durch, kommt das Heck auch im dritten Gang noch nachdrücklich quer, steigt beim rabiaten Zurückschalten kurzfristig Rauch auf, ist die Richtungsstabilität mehr Absichtserklärung als Vollzug.

Der 8c soll den US-Markt knacken

Doch mit aktivierter Fahrhilfe glätten sich die Wogen und der Alfa surft schneidig entlang der Ideallinie statt sie ständig in wilden Driftwinkeln zu kreuzen. Das Lenkrad ist eine Spur zu groß, aber das tut dem bis in die Tiefe des Raumes hinein intuitiven Ansprechverhalten keinen Abbruch. Gewichtung, Rückmeldung und Kraftaufwand sind tadellos. Nur in schnellen Wechselkurven stört ein gewisses Verhärten den Fluss der Bewegung. Auch die Bremsen sind nicht ganz so souverän wie die Stopper im F430. Hier hätten wir uns noch etwas mehr Aufwand gewünscht.

Alfa hat einiges vor mit dem 8C, nicht zuletzt wollen die Italiener ihr Comeback auf dem US-Markt einfädeln, wo rund 200 Autos über das Maserati-Händlernetz vertrieben werden sollen. Statt Tränen der Enttäuschung zu vergießen, sollten die unrettbar in den Zweisitzer verschossenen Fans strategisch vorgehen und sich eine Option auf das sichern, was noch kommt.

2009 wird nach inoffiziellen Informationen zum Beispiel der 8C Spyder in Kleinserie gehen, wobei wieder von einem limitierten 500er-Kontingent auszugehen ist. Chance Nummer drei bietet sich vermutlich 2010 in Form des 8C Superleggera. Der ist nicht nur leichter, sondern dem Vernehmen nach auch 500 PS stark. Von es soll nur 100 Stück davon geben.

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