Airbus A400M vor dem Jungfernflug:Der Pannenvogel

Vor dem Jungfernflug des Airbus A400M: Zehntausende Arbeitsplätze und Europas Prestige stehen auf dem Spiel. Ein Scheitern des Projekts kann sich niemand erlauben.

Peter Blechschmidt

Frankreichs Verteidigungsminister Hervé Morin wäre gern an Bord, wenn der neue Militärtransporter A400M voraussichtlich am Freitag dieser Woche vom Werksflugplatz in Sevilla zu seinem Erstflug startet. Das verriet Morin seinem neuen Freund und Amtskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg, als der ihm Mitte November in Paris seinen Antrittsbesuch abstattete. Daraus wird nichts werden - neben der sechsköpfigen Testbesatzung dürfen weder der deutsche noch der französische Verteidigungsminister mitfliegen, wenn der erste Prototyp des Militär-Airbus sich in die Lüfte schwingt.

Airbus A400M vor dem Jungfernflug: Am Freitag soll der neue Militär-AirbusA400Min Sevilla zu seinem Jungfernflug abheben - mehr als drei Jahre zu spät und überschattet vom Streit darüber, wer die zusätzlichen Kosten von sieben Milliarden Euro trägt. Mit dem Großprojekt wollten vor allem Deutschland und Frankreich ihre militärische Unabhängigkeit demonstrieren und zeigen, was die europäische Rüstungsindustrie leisten kann.

Am Freitag soll der neue Militär-Airbus

A400M

in Sevilla zu seinem Jungfernflug abheben - mehr als drei Jahre zu spät und überschattet vom Streit darüber, wer die zusätzlichen Kosten von sieben Milliarden Euro trägt. Mit dem Großprojekt wollten vor allem Deutschland und Frankreich ihre militärische Unabhängigkeit demonstrieren und zeigen, was die europäische Rüstungsindustrie leisten kann.

(Foto: Infografik: SZ)

Dies wäre der erste sichtbare Erfolg für eines der größten europäischen Rüstungsprojekte. Bisher war es von Pleiten, Pech und Pannen geprägt. Im Jahre 2003 bestellten sieben Nationen insgesamt 180 Transportflugzeuge dieses Typs, der bis dahin nur auf dem Reißbrett existierte. Die erste Maschine sollte Ende 2009 ausgeliefert werden. Inzwischen ist der Zeitplan völlig aus den Fugen geraten, ebenso wie der Kostenrahmen von ursprünglich 20 Milliarden Euro.

Je mehr in dem Projektvertrag festgelegte Fristen verstrichen, desto stärker wurden die Streitigkeiten zwischen der eigens gegründeten Herstellerfirma Airbus Military und ihrem Mutterunternehmen, dem deutsch-französischen Rüstungskonzern EADS, einerseits und den Abnehmerstaaten andererseits nach außen getragen. Mal spielte der eine Vertragspartner, mal der andere öffentlich mit dem Gedanken, aus dem Projekt auszusteigen. Wirklich ernst gemeint waren diese Drohgebärden aber nie.

Für die Abnehmerländer kam es vor allem darauf an, ihre Abhängigkeit von amerikanischen Lieferanten zu verringern und Arbeitsplätze in der eigenen Rüstungsindustrie zu sichern. Europaweit sind in dem Programm A400M 40.000 Menschen beschäftigt, davon rund 11.000 in Deutschland. Dass die Bestellernationen niemals wirklich an einen Ausstieg gedacht haben, zeigt sich schon daran, dass es nie eine ernsthafte Alternativplanung gab. Wann immer jemand vorschlug, man könne doch einfach vorhandene Flugzeugmodelle in den USA oder auch in Russland kaufen, kam aus den Verteidigungsministerien der Einwand, keiner dieser Typen werde den ganz speziellen Anforderungen gerecht, die der A400M zu erfüllen habe. Gerade weil es dieses besondere Leistungsprofil gebe, habe man sich ja zu einer Neuentwicklung entschlossen.

Niemand will auf den fliegenden Lastwagen verzichten

Für Airbus war es überdies von Vorteil, dass man die Herstellernationen - ein bisschen zumindest - gegeneinander ausspielen konnte. Die nationale Karte stach beispielsweise für Frankreich immer stärker als etwa für Deutschland. Auch braucht Frankreich den A400M als Ersatz für seine veralteten Transall-Flugzeuge dringender als Deutschland, das seine Transall-Flotte laufend modernisiert hat und deshalb die Lieferverzögerungen beim A400M besser überbrücken kann. Von solchen Rangeleien wollen Morin und Guttenberg seit ihrem Treffen in Paris nichts mehr wissen. Die Rüstungsstaatssekretäre der beteiligten Länder kamen vorige Woche in Berlin überein, dass es sich lohne, im Projekt zu bleiben.

Nun wird also wieder verhandelt. Dabei geht es um neue Liefertermine, um mögliche Leistungskürzungen und vor allem um die Finanzierung der entstandenen und sich noch abzeichnenden Mehrkosten. EADS beziffert diese Mehrkosten auf fünf bis 7,4 Milliarden Euro. In den Ministerien wird bezweifelt, dass diese Rechnungen alle sachlich begründet sind. Für Mehrkosten, die allein auf Managementfehler bei Airbus zurückzuführen seien, will man beispielsweise nicht aufkommen. Andererseits werden die Abnehmerstaaten auf einige geforderte Leistungen verzichten müssen. Würden sie auf den ursprünglichen Spezifikationen bestehen, bräuchte der A400M zum Beispiel eine völlig neue Tragfläche. Das scheint undenkbar zu sein. Bis Ende dieses Jahres soll jedenfalls Klarheit herrschen, ob es zu dem Geschäft kommt.

Im Koalitionsvertrag haben Union und FDP vereinbart: "Beim Rüstungsprojekt A400M besteht die Koalition auf vollständiger Erfüllung." Auch aus diesem Wunsch wird wohl nichts werden.

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