Süddeutsche Zeitung

50 Jahre VW Bus:Verboten gut

Der Bulli, der nie so heißen durfte, wurde zum Verkaufsschlager

(SZ vom 29.03.2000) Ben Pon hat ein Kistchen mit vier Rädern in sein Notizbuch gezeichnet. Der holländische Volkswagen-Importeur zeigte die Skizze im Frühjahr 1947 dem damaligen VW-Werksleiter, dem britischen Major Ivan Hirst. Daraus, so ist überliefert, entstand dann unter Leitung des VW-Generaldirektors Heinrich Nordhoff der Volkswagen Transporter. Vor genau 50 Jahren, im März 1950, kam der erste VW Transporter auf den Markt.

Inoffiziell hieß er Bulli. Offiziell durfte er so nie heißen, da sich der Traktorenhersteller Fendt bereits die Namensrechte gesichert hatte - doch der Volksmund behielt die liebevolle Bezeichnung bis heute bei. Seine wirklichen Namen waren viel nüchterner: Transporter hieß der Lieferwagen, Bus der Achtsitzer und Sonderbus dessen Luxusversion mit Faltschiebedach und zusätzlicher Dachrandverglasung. Auch sie bekam einen Kosenamen: Samba-Bus.

Technisch basierte der Transporter auf dem Käfer. Er lieferte die Mechanik: Den von Professor Ferdinand Porsche entwickelten luftgekühlten Heckmotor mit vier Zylindern in Boxeranordnung, der für das so typische VW-Geräusch sorgte. Er hatte zunächst 1100 cm3 und 25 PS und wuchs später auf 1200 cm3 und 25 PS, dann noch auf 34 PS. Mit dieser Maschine läuft der Käfer bis heute.

Keine guten Kritiken

Der Konstrukteur Alfred Haesner benötigte gerade einmal ein Jahr, um den Bulli zu entwerfen. Im November 1949 kam der VW Transporter offiziell auf die Welt: Er wurde der Presse vorgestellt und erntete zwar keine vernichtende, aber auch keine gute Kritik. Sein Hauptmanko war der durch den Heckmotor eingeschränkte Laderaum. Da halfen auch die wie Schranktüren aufklappbaren beiden Seitentüren nichts: Ein Großteil des Laderaums war vom Motor belegt.

Dennoch verkaufte sich der Bulli gut. Nordhoff boxte ihn am Markt durch, indem er in der Anfangsphase den VW-Händlern drohte: Nur derjenige, der vier Bullis an den Mann brachte, bekam einen der gut verkäuflichen Käfer zugeteilt. Aber Tansporter waren in der Zeit des Wiederaufbaus und Wirtschaftswunders fast wichtiger als Personenwagen.

Die erste Transporter-Generation wurde von März 1950 bis Juni 1967 hergestellt. Im März 1956 eröffnete Nordhoff ein modernes Produktionswerk für den Bulli in Hannover. Dort werden noch heute VW-Lieferwagen gebaut. Mehr als 1,8 Millionen Exemplare des ersten Transporters mit der charakteristischen zweigeteilten Windschutzscheibe wurden gebaut. Bis in die späten siebziger Jahre waren sie auf allen Straßen der Welt zu sehen, zuletzt als bunt bemalte Hippie-Busse und wüstentaugliche Expeditionsfahrzeuge. Denn Gewerbetreibende und öffentliche Dienste stiegen von 1967 an auf die zweite Generation um, länger, moderner und mit einteiliger Panorama-Windschutzscheibe. Technisch blieb vieles beim Alten: Der Leiter der VW-Nutzfahrzeugentwicklung, Gustav Meyer, änderte den Bulli zwar in jeder Hinsicht, aber nicht konzeptionell. Auch die dritte Generation von 1979 bis 1990 blieb dem Heckmotor treu. Doch seither ist alles anders: Frontmotor und Frontantrieb setzten neue Maßstäbe. Was blieb: Der Bulli ist bis heute der erfolgreichste Transporter in Europa.

Von Alexander Storz

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