50 Jahre Trabant 601:Legende in zwei Takten

Der Trabi ist weit mehr als ein knatternder, stinkender und langsamer Oldtimer. Er ist ein Symbol für die DDR und die Wiedervereinigung, das viele fast schon kultisch verehren. Eine lange und bewegte Autokarriere in Bildern.

Von Thomas Harloff

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Trabant-Kolonne an der innerdeutschen Grenze.

Quelle: REUTERS

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Der Trabi ist weit mehr als ein knatternder, stinkender und langsamer Oldtimer. Er ist ein Symbol für die DDR und die Wiedervereinigung, das viele fast schon kultisch verehren. Eine lange und bewegte Autokarriere in Bildern.

Neben zahlreichen weiteren Autolegenden feiert der Trabi 2014 ein rundes Jubiläum. 1964 kam der Trabant 601 auf den Markt, bis 1990 wurde er fast unverändert gebaut.

Dieses Foto entstand in Rudolphstein am 11. November 1989, also zwei Tage nach dem Mauerfall. Ganze Trabi-Kolonnen überqueren auf der Autobahn A9 die innerdeutsche Grenze Richtung BRD und hüllen die Straßen in den für Ostdeutschland seinerzeit typischen blauen Dunst.

Trabant P601

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Der Trabi, wie man ihn kennt: eine kleine Stufenhecklimousine mit Duroplast-Karosserie, Minimalisten-Ausstattung und knatterndem Zweizylinder-Zweitaktmotor, der bis zu 26 PS leistete. Für die meisten DDR-Bürger war der Trabant 601 das einzige erschwingliche Auto. Das erklärt die hohen Verkaufszahlen - zwischen 1964 und 1990 hat das Werk VEB Sachsenring rund 2,8 Millionen Exemplare verkauft - und die enormen Wartezeiten von zehn bis zwölf Jahren.

Trabant 1.1 beim Bahntransport

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1990 kam endlich ein 601-Nachfolger auf den Markt, der Trabant 1.1. Der hatte zwar einen einigermaßen modernen Motor, einen 40 PS starken Vierzylinder-Benziner, der ein Lizenzbau eines VW-Polo-Motors war. Darüber hinaus änderte sich aber weder in technischer noch in optischer Hinsicht Wesentliches. Deshalb war kaum jemand bereit, rund 19 000 Ostmark - gut 9000 D-Mark nach der Währungsumstellung - für den neuen Trabi auszugeben. Die meisten DDR-Bürger kauften sich lieber ältere Westautos, der 1.1er wurde zum Ladenhüter. Bis zum Produktionsende im Frühjahr 1991 fand der letzte Trabant gerade einmal knapp 40 000 Abnehmer - die meisten davon in den Exportländern Polen und Ungarn. Die lange Karriere des Trabis ging geräuschlos zu Ende.

Trabant 601 und Trabant nT

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2007 fiel der Startschuss für eine Neuauflage des Trabant. Zwei Jahre später wurde der Trabant nT als fahrbereiter Prototyp auf der IAA in Frankfurt ausgestellt. Das Gemeinschaftsprojekt mehrerer Firmen, darunter der Spielzeugautoproduzent Herpa, sollte "als Stadtflitzer mit Elektromotor einen Trend setzen". 2012 sollte die Serienfertigung starten, aber mangels Kapital liegt das Projekt derzeit auf Eis. Zwar haben die Macher die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, aber es ist sehr fraglich, ob der Trabant nT je auf den Markt kommen wird.

Im überlangen Trabant-Cabriolet durch Berlin

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Trabifans müssen sich also auf das beschränken, was aus der DDR-Zeit übriggeblieben ist. Doch die Szene präsentiert sich lebendig wie eh und je. Kuriose Umbauten und tiefgreifendes Tuning gehören hier einfach dazu. Der Fahrer dieses überlangen Cabrios chauffiert Touristen durch Berlin. Kreativ werden die Fans des DDR-Kultmobils auch, wenn es um Leistungssteigerungen geht. Da der Originalmotor, ein Zweizylinder-Zweitakter mit 0,6 Litern Hubraum und 26 PS, dahingehend wenig Potenzial besitzt, kommen oft modernere Vierzylinder-Triebwerke anderer Modelle zum Einsatz. Leistungsdaten von 80 PS sind keine Seltenheit und sorgen beim rund 650 Kilogramm leichten Trabant 601 für beachtliche Fahrleistungen.

Trabant 601 Cabrio von Marcel in der Au.

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Auch das Trabant 601 Cabrio von Marcel in der Au ist weit vom Originalzustand entfernt. Der gebürtige Thüringer hat dieses Exemplar im Januar 2013 für 4900 Euro gekauft. Im Internet werden verschiedene Bausätze angeboten, um die Limousine in einen offenen Viersitzer zu verwandeln.

Eine weitere Besonderheit dieses Exemplars ist neben der Farbgebung das Dekor der Motorhaube. Von hier grüßt Erich Honecker, der eine Lederjacke trägt - frei nach Udo Lindenbergs "Sonderzug nach Pankow".

Trabant 601 Limousine

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Marcel in der Au ist Mitglied des Bayrischen Trabant Clubs, zu dem auch dieses Exemplar gehört. Stilecht trägt der Trabi die bayerischen Traditionsfarben Weiß und Blau.

Peter Benkner, Vorstandsvorsitzender des Bayrischen Trabant Clubs.

Quelle: Thomas Harloff

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Peter Benkner ist der Vorstandsvorsitzende des Clubs und bereits seit der Wende Trabant-Fan. Der gelernte Kfz-Mechanikermeister fuhr mit dem tuckernden Zweitakter bereits nach Marokko - ein echtes Abenteuer, an dem mehrere Clubmitglieder teilgenommen haben. Auf trabant-meets-africa.de erzählen sie von ihrem Abenteuer. Benkner, der beruflich Motoren für BMW entwickelt, macht auch heute noch fleißig Kilometer mit seinem Trabi.

Steffen Neumann (l.) und Uwe Ventz am Motor eines Trabant 601.

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Technische Probleme am Trabant 601 sind fast immer ohne großen Aufwand lösbar. Die meisten Mitglieder des Bayrischen Trabant Clubs schrauben selbst an ihren Autos. So auch Steffen Neumann (l.) und Uwe Ventz, die die Schwachstellen des DDR-Kleinwagens kennen: Dazu gehört neben Rost der Zweizylinder-Zweitaktmotor. In jüngster Vergangenheit musste bei vielen Trabis die Kurbelwelle getauscht werden.

Matthias Lange im Lager des Bayrischen Trabant Clubs.

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Matthias Lange verwaltet das Lager des Bayrischen Trabant Clubs. Hier stehen mehr als ein Dutzend Trabis, die entweder auf eine Restauration warten oder als Teilespender genutzt werden.

Trabant 601 im BMW-Look

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Etikettenschwindel: Dieser Trabi gibt vor, ein BMW zu sein. Auch Mercedes-Sterne sind ein beliebtes Accessoire für den kleinen Sachsen.

Der Antriebsstrang eines Trabant 601.

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Im Ersatzteillager finden sich neben einem ganzen Antriebsstrang neuwertige Sitze, komplette oder zerlegte Motoren, mehrere hundert Zündkerzen und noch vieles mehr. Vielleicht kann man es ja noch einmal brauchen.

DDR-Schilder am Lager des Bayrischen Trabant Clubs.

Quelle: Thomas Harloff

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Ein kleines bisschen DDR mitten in Oberbayern: Original-Schilder an den Toren des Ersatzteillagers.

Daniel Faust mit seinem Trabant 601 aus dem Jahr 1987.

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Der Trabi von Daniel Faust stammt aus dem Jahr 1987, erstrahlt aber im Jahreswagenzustand. Kein Wunder: Das Auto wurde 1990 abgemeldet und in den folgenden 23 Jahren nur hin und wieder mit rotem Händlerkennzeichen bewegt. Faust kaufte im November 2013 mit dem hellblauen Sachsen, der einst in Dresden ausgeliefert wurde, nicht nur das Auto. "Ich habe alle Originalunterlagen", sagt der 31-Jährige. "Die Bestellung, das Qualitätssiegel des Werkes, den ersten Kfz-Brief und sogar die damaligen Kennzeichen."

Der Innenraum eines Trabant 601.

Quelle: Thomas Harloff

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Wenige Anzeigen, kaum Knöpfe und Schalter: Im Innenraum des Trabant 601 geht es puristisch zu. Wegen des weit nach innen ragenden Radhauses sind die Pedale weit nach rechts versetzt. Der Schaltstock sitzt rechts hinter dem Lenkrad, weshalb es keinen Mitteltunnel gibt. Ablageflächen gibt es jedoch mehr als genug - praktisch, denn hier lässt sich das immer wieder benötigte Bordwerkzeug lagern.

Bayrischer Trabant Club

Quelle: Thomas Harloff

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Das einst so ungeliebte Auto erfreut sich heute einer ebenso enthusiastischen wie treuen Fangemeinde. Deshalb stehen die Chancen gut, dass möglichst viele der schätzungsweise rund 70 000 bis 120 000 noch existierenden Autos - etwa 27 000 davon sind derzeit regulär zugelassen - erhalten bleiben. Die Kolonnen werden also weiterhin durch die Republik rollen, wenn auch der Anlass kein politischer Umbruch, sondern eine launige Ausfahrt oder ein von Zweitaktknattern und blauem Dunst untermaltes Oldtimertreffen ist.

© SZ.de/cag
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