Männerhände arbeiten mit Schwamm und Ledertuch und die Bundesligakonferenz schallt aus dem Radio. Es muss Samstagnachmittag sein. Fahrzeugpflege ist in Deutschland ein Stück Kultur. Diese wurde vor 50 Jahren nachhaltig verändert, als die erste Autowaschanlage in der Bundesrepublik in Betrieb ging. Die Autowäsche von Hand war seit jeher ein Zeichen für die innige Beziehung zwischen Fahrer und Wagen. Am 8. August 1962 meldeten Johann Sulzberger und Gebhard Weigele in Augsburg die erste "selbsttätige Waschanlage für Kraftfahrzeuge" als Patent an: Zwei Bürsten fuhren auf Schienen um das Auto herum. Die maschinelle Reinigung war erfunden. In diesem Jahr feiert die Waschanlage ihren 50. Geburtstag. Die Technisierung der Autowäsche sei nicht von jedem gleich so gut aufgenommen worden "wie die Erfindung des Rades", erinnert sich Joachim Jäckel. Er ist Vorsitzender des Bundesverbands Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche Deutschland (BTG) in Minden und seit 45 Jahren im Geschäft.
"Das Verhältnis zum Auto ist sehr intensiv", sagt er. "Damals gab es noch kein Umweltbewusstsein, das Auto wurde im Hof gewaschen." Die Menschen hielten Handwäsche damals für eine gute Sache, dann kam die Technik. "Sie musste sehr gute Leistung bringen, sonst wäre das Publikum nicht zufrieden gewesen."
Die erste Waschanlage hatte nur ein Programm und das hieß "Waschen". Das Personal behandelte die Wagen nach: Es zog den Lack mit einer Gummilippe ab. 1963 kam die erste Drei-Bürsten-Anlage (im Bild) mit dem Programm "Waschen und Trocknen", ein Jahr später folgte die erste vollautomatische Waschstraße. "Konservierung war der nächste große Schritt, ein epochaler für die Branche", sagt Jäckel. Spezialisierte Waschmittel für Autos kamen auf den Markt. "Anders als bei der Handwäsche waren die Mittel nicht rückfettend, dadurch entwickelte man die Trockenhilfe." Mitte der 70er Jahre setzten sich Heißwachse durch. Die Wirkung: Das Wasser perlte ab, der Lack war länger geschützt. "Heute erkennt man ältere Fahrzeuge, die nicht gepflegt werden, ganz gut. Sie haben bei Regen keine Perlen auf dem Lack."
50 Jahre Autowaschanlage
Autowaschanlage
Die erste Waschanlage für Nutzfahrzeuge von Kleindienst hatte 1967 noch eine Raumhöhe von drei Metern und wurde manuell bedient.
In den Waschstraßen lösten Textilien Ende der Siebziger die alten Borsten ab. Um die Jahrtausendwende setzte sich Schaumstoff durch. "Das war eine kleine Revolution", sagt Wolfgang Dietsch von der Firma Washtec, die Waschanlagen herstellt. Das Grundmaterial sei heute das gleiche wie damals, nämlich Polyethylen.
"Früher waren es Fäden aus Vollmaterial, heute sind es Streifen aus aufgeschäumtem PE, die den Vorteil haben, dass sie keine Abriebspuren auf dem Fahrzeug hinterlassen." Zwar hätten die Bürsten von früher entgegen vieler Vorurteile keine Kratzer hinterlassen", ergänzt Jäckel. "Aber die Kunden wollten die lackschonende Autowäsche."
Die Kundenwünsche variieren. "Es gibt die Peniblen, die häufig waschen und genau hinsehen. Dann die Leute, die sagen, ab und zu braucht der Wagen halt eine Reinigung", sagt Joachim Jäckel. Der dritte Typ sei der Auffassung, dass die Wäsche des Wagens überhaupt nicht nötig ist. Viele pflegen ihr Auto mehrmals im Jahr, pro Behandlung macht das zwischen 12 und 20 Euro.
Moderne Waschanlagen verfügen über Wasserrecycling. Für die Wäsche eines Autos werden in der Regel nicht mehr als 15 Liter Frischwasser verbraucht. Darüber hinaus sorgen Ölabscheider für die Filterung des Abwassers und fangen umweltgefährdende Giftstoffe auf.
Wie sieht die Zukunft der Waschanlage aus? "Die Anforderungen an uns als Hersteller sind größer geworden", sagt Wolfgang Dietsch. "In der Vergangenheit gab es mehr Tüftler, die sich eigene Gedanken gemacht haben. Jetzt sind wir mehr gefragt, Neuheiten in den Markt zu bringen." Bedarf gebe es noch bei den Themen Felgen und Insekten.
Allerdings ist die Wäsche per Hand längst noch nicht ausgestorben: Auf diese Weise werden laut BTG in den Waschanlagen immer noch knapp ein Drittel (31,6 Prozent) der geschätzten 480 Millionen Autowäschen im Jahr erledigt.