Süddeutsche Zeitung

25 Jahre Navigationssystem:Von "Eva" zum Navi zum Autopiloten

  • Das Navigationssystem wird 25 Jahre alt. Die ersten Geräte kamen in den achtziger Jahren auf den Markt - zu hohen Preisen.
  • Erst die Verwendung der Satellitendaten des "Global Positioning Systems" (GPS) sorgte dafür, dass die Technologie präziser, einfacher und billiger wurde.
  • Fest installierte Navis konkurrierten mit mobilen Geräten. Inzwischen sind Navigations-Apps für Smartphones beliebt.
  • Die Hoffnung der Navi-Hersteller liegt auf dem autonomen Fahren.

Am Anfang war es wie eine Schnitzeljagd per Auto. Als die ersten Navigationssysteme auf den Markt kamen, wies noch ein Kompass den Weg. Dieser speiste zusammen mit Radsensoren Informationen in gespeicherte Straßenkarten ein. Auf einem Monitor konnte der Fahrer seine Position im Straßennetz bestimmen, Pfeile informierten über den weiteren Routenverlauf.

Sowohl der 1983 von Blaupunkt vorgestellte "Elektronische Verkehrslotse für Autofahrer", kurz Eva, als auch der "Travel Pilot IDS" der Blaupunkt-Konzernmutter Bosch arbeiteten mit dieser Technologie. Zur Serienreife schaffte es das Bosch-System schließlich 1989 - es war damit das erste europäische Navigationssystem.

GPS verhalf zum Durchbruch

Bei seiner Markteinführung kostete der Travel Pilot etwa 7000 Mark. Doch der Preis war nicht das einzige Hindernis, das es der Technik anfangs schwermachte, sich durchzusetzen. Die Optik des auf einem 4,5 Zoll großen Monitor dargestellten Bildes war verwirrend, das Straßennetz schlecht kartografiert und die Routenberechnung lief langsam. All das sorgte dafür, dass das erste Navigationssystem auf dem Privatmarkt keine Rolle spielte. Stattdessen waren große Flottenbetreiber die ersten Kunden, zum Beispiel die Feuerwehr von Los Angeles, die Post oder Rettungsdienste.

Erst die - wenn auch eingeschränkte - Verwendung der Satellitendaten des einst für militärische Zwecke entwickelten "Global Positioning Systems" (GPS) sorgte dafür, dass die Technologie nicht nur präziser, sondern auch einfacher und billiger wurde. Mitte der Neunzigerjahre lagen die Preise für ein Navigationssystem dennoch bei etwa 4000 Mark. Eine Summe, die nur Käufer von Oberklassemodellen bereit waren auszugeben. Als ab Werk lieferbare Ausstattung wurde die elektronische Navigation 1994 im damals neuen BMW 7er eingeführt.

Immer öfter weisen Smartphones den Weg

Am 2. Mai 2000 gab das US-Militär die GPS-Signale uneingeschränkt frei. Nun war eine rein auf GPS-Daten gestützte Navigation im Auto möglich, was die Systeme erschwinglicher machte. Fest installierte Navis gehörten immer öfter zur Serienausstattung und entwickelten sich zum zentralen Bestandteil des Auto-Cockpits. Sie nahmen also den typischen Weg, den die meisten einst teuren und exklusiven Extras gegangen sind. Autobranchenexperte Stefan Bratzel verweist auf die bekannten Sicherheitstechnologien wie Gurt, Airbags, Antiblockiersystem ABS oder Schleuderschutz ESP. "Solche Extras diffundieren von der Oberklasse in die Breite und werden am Ende oft gesetzlicher Standard", sagt Bratzel.

Die fest installierten Navis brachten das Geschäft mit den mobilen Geräten, die zwischenzeitlich an fast jeder Windschutzscheibe hefteten, ins Stocken. Mit internetfähigen Handys erwächst den einst so beliebten Wegweisern von TomTom, Garmin oder Becker nun eine weitere Konkurrenz. Immer mehr Autohersteller bieten gerade im Klein- und Kompaktwagensegment lieber leistungsfähige Konnektivitätslösungen an, mit der die Navigations-App eines Smartphones auf einem Bildschirm im Auto gespiegelt werden kann. Das funktioniert noch nicht immer fehlerfrei, verbessert sich aber zusehends.

Die Schweizer Firma Garmin betont: "Das Geschäft mit Navigationsgeräten steht wegen leistungsfähiger Smartphone-Anwendungen unter hohem Druck." Garmin verkaufte im dritten Quartal 2014 zum wiederholten Mal weniger Navis als zuvor. Der Umsatz in diesem Segment sank um fünf Prozent. Auch bei der Branchengröße TomTom schrumpft das Geschäft, zumindest bei tragbaren Navis zum Befestigen im Wageninneren. Die Umsätze sind dort bereits "seit einigen Jahren" rückläufig, wie die jüngste Bilanz festhält.

Doch ein Zukunftsthema, dem sich die meisten Autohersteller derzeit intensiv widmen, lässt das Navi wieder verstärkt ins Spiel kommen: Das autonome Fahren, das ohne detaillierte Karten nicht funktionieren kann. Daher arbeitet TomTom hier eng mit Bosch und Volkswagen zusammen und deshalb entwickelt Autozulieferer Continental gemeinsam mit Nokia hochpräzise Karten für Fahrzeuge mit Autopilotenfunktion.

Navis blicken in die Zukunft

Bis Autos tatsächlich selbständig fahren, wird es mindestens bis 2020 dauern. Schon vorher geht es darum, das Internet ins Auto zu bringen und viele Systeme miteinander zu vernetzen. Autos tauschen in Echtzeit Informationen mit lokalen Datenwolken aus, den sogenannten Clouds, mit denen auch die Navigationsgeräte immer stärker verschmelzen. Continental kooperiert dabei mit dem IT-Riesen IBM, um die Fahrer auf Wetter, Unfälle oder Staus vorzubereiten - weit mehr als nur Navigation also. Continental-Vorstand Helmut Matschi spricht von "einem Blick in die Zukunft". So könnten sich Fahrzeug und Fahrer "frühzeitig auf die kommende Strecke einstellen und aktiv den Verbrauch reduzieren". In Zeiten immer strengerer EU-Abgasvorgaben ist das zukunftsträchtig.

Wie Conti arbeitet auch der Pionier Bosch am elektronischen Horizont, in den das Navi integriert ist. Der meldet dann Gefahren wie etwa eine vereiste Brücke oder Stauenden, optimiert mit Hilfe von 3D-Streckenprofilen sogar Schaltwege, warnt vor Kurven, die für das aktuelle Tempo zu eng sind, oder lotst den Fahrer bei Bedarf zur billigsten Tankstelle.

Einige solcher Funktionen haben es bereits in die Serie geschafft. So steuert der Mercedes S 500 Plug-In-Hybrid vorausschauend sein Batteriemanagement. Zeigt das Navi beispielsweise einen Zielort in einer Stadt an, bewahrt sich die Limousine ohne Zutun des Fahrers genug Energie im Akku, um die letzten Kilometer in der City rein elektrisch zurücklegen zu können. Noch arbeitet die intelligente Navigationstechnik nur in einer mindestens 110 000 Euro teuren Oberklasselimousine. Doch sie wird ganz sicher auch in deutlich günstigeren Fahrzeugen kommen - und das wird keine weiteren 25 Jahre dauern.

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