Süddeutsche Zeitung

25 Jahre Mazda MX-5:Kleine Freiheit unterm großen Himmel

Vor 25 Jahren löste der Mazda MX-5 eine Roadster-Renaissance aus. Inzwischen ist er fast ein Millionen-Seller - und das aus gutem Grund. Ein verträumter Rückblick auf das, was wirklich zählt.

Von Michael Specht

Nennen wir es ruhig das Porsche-Prinzip. Eine Ausnahme im Automobilbau. Nicht nur der Stuttgarter Sportwagenbauer hält an seinem 911 Carrera sorgsam fest - auch Mazda pflegt eine solche Markenikone: Über drei Modellgenerationen haben die Japaner ihren kleinen Roadster MX-5 so behutsam weiterentwickelt, dass er selbst nach 25 Produktionsjahren nichts von seinem Charisma verloren hat.

Auch der Autor dieser Zeilen konnte damals dem Charme dieses kleinen japanischen Cabrios nicht widerstehen - und unterschrieb 1991 den Vertrag für die erstmals aufgelegte "Limited Edition". Außen British Racing Green, innen cognacfarbenes Leder. Preis: 43 000 Mark.

Japaner mit englischen Vorbildern

Der MX-5 war konzipiert nach dem asketischen Rezept englischer Roadster, aber ohne deren Reparaturanfälligkeit. Was für eine verführerische Kombination! Hinzu kamen ein einzigartiges Fahrerlebnis, eine tiefe Sitzposition, der kurze Schalthebel, der Hinterradantrieb, die direkte Lenkung, der kernige Motor und ein Verdeck, das sich in Sekunden mit einer Hand nach hinten schmeißen ließ. Alles zusammen verband sich zu einer wunderbaren Mischung aus Fahrspaß und Freiheitsgefühl. Ohne Frage, dieser smarte Japaner, der aussah wie eine Kopie des legendären Lotus Elan, reanimierte in den Neunzigerjahren längst verkümmerte Sehnsüchte in uns, jene nach dem unkomplizierten, offenen Autofahren zu bezahlbaren Preisen.

Es wundert wenig, dass der MX-5 damit nur erfolgreich werden konnte. Nicht nur wegen seines Konzepts. Vielmehr traf er auf einen nahezu ausgehungerten Cabrio-Markt. Was gab es denn schon? VW bot das Golf Cabrio an, wegen seines Überrollbügels "Erdbeerkörbchen" genannt. Auch Kadett und Escort fuhren mit Henkel und entsprachen allem anderen, nur nicht dem klassischen Reinheitsgebot eines Roadsters. Halbwegs nahe kamen diesem Bauprinzip allenfalls noch die Spider von Alfa und Fiat.

Amerikanische Starthilfe

Die Idee zum MX-5 ist genau genommen nicht einmal im eigenen Hause entstanden. Kenichi Yamamoto, ein Manager von Mazda, soll Mitte der Achtzigerjahre in den USA einen Motorjournalisten gefragt haben, welches Fahrzeug im nordamerikanischen Markt denn besonders fehlte? Die Antwort lautete: "A lightweight Sportscar". Man kann es Mazda nicht hoch genug anrechnen, dass die Zentrale in Hiroshima den Mut hatte, dieses Konzept wirklich umzusetzen und nicht - wie oft geschehen, wenn es um emotionale Autos geht - tot zu rechnen. Am Ende wog der MX-5 nur 955 Kilo und stand da wie eine Eins.

Die Reaktionen waren entsprechend. Schon beim Debüt am 9. Februar 1989 auf der Chicago Motor Show hagelte es Blindbestellungen bei den Händlern. Die 5000 Autos, die Mazda ursprünglich pro Jahr plante, waren eine komplette Fehlkalkulation. Die Menge hätte nicht einmal für Deutschland ausgereicht. Kurz nach der Einführung mussten Kunden fast ein Jahr auf die Auslieferung warten. Heute bei einem japanischen Auto undenkbar. Grauimporte aus den USA, erkennbar am "Miata"-Schriftzug am Heck, tauchten schon bald in Deutschland auf. Bis heute produzierte Mazda weltweit mehr als 936 000 Einheiten.

Auslöser einer Roadster-Renaissance

Der MX-5 löste eine Roadster-Renaissance aus, war so etwas wie Adrenalin für den Alltag. Und rief natürlich die Konkurrenz auf den Plan. Fiat brachte den Barchetta, Toyota den MR2, Rover den MG-F, BMW den Z3, doch keiner dieser offenen Zweisitzer erreichte diese lockere, ungezwungene Jugendlichkeit. Der Z3 mutierte zum Z4, fuhr fortan in einer Liga, die Mercedes ab 1996 mit dem SLK und Porsche mit dem Boxster ins Leben riefen. Barchetta, MR2 und MG-F wurden eingestellt, Alfa Romeo verspielte die Chance, wieder einen knackigen Spider auf die Räder zu stellen. Stattdessen baute man einen so schwerfälligen wie unförmigen Cabrio-Klotz mit Frontantrieb.

Doch es tut sich was in Italien. Alfa, man kann es eigentlich gar nicht glauben, kooperiert mit Mazda. Zusammen entwickelt man einen Roadster nach klassischer Rezeptur: Motor vorn, zwei Sitze, Antrieb hinten. Für Mazda wird es die nächste MX-5-Generation, für Alfa der neue Spider. Gebaut werden beide bei Mazda in Hiroschima. Die Markteinführung ist für nächstes Jahr geplant, den Anfang macht der MX-5. Dass sie Geschwister sind, wird man nicht erkennen. Jeder Roadster hat seine charakteristische Designlinie und das markentypische Gesicht.

Auch unter der Haube geht jeder seine eigenen Wege. Die Japaner setzen ihren hochmodernen und sparsamen SkyActive-Benziner mit zwei Liter Hubraum und 165 PS ein, Alfa bedient sich aus dem Fiat-Regal. Zum Einsatz kommen soll der bekannte 1,4-Liter-MultiAir-Vierzylinder mit 170 PS. Die Hoffnung der Alfisti, dass unter der Spider-Haube vielleicht auch der 1,8-Liter-Turbo sitzen wird, müssen wir enttäuschen. Das 240-PS-Paket, so ist zumindest aus der Entwicklungsabteilung zu hören, bleibt der kompakten Rennflunder Alfa 4C vorbehalten.

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Quelle:
SZ vom 22.02.2014/hart
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