24 Stunden von Le Mans:Wer am wenigsten Energie verbraucht, gewinnt

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24 Stunden von Le Mans: Der Franzose Sébastien Bourdais auf einer Trainingsrunde in seinem Ford GT40.

Der Franzose Sébastien Bourdais auf einer Trainingsrunde in seinem Ford GT40.

(Foto: AFP)

An diesem Wochenende fahren in Le Mans die extremsten Sportwagen der Welt um die Wette. Zwei davon mit Dieselmotor. Davon profitieren auch ganz normale Autos.

Von Jörg Reichle

Eine Runde auf dieser Rennstrecke ist unvorstellbar. Unvorstellbar schnell. 13,6 Kilometer lang ist die Piste von Le Mans im französischen Departement Sarthe, legendär sind ihre Kurven und Passagen: Dunlop-Schikane, Esses, Tertre Rouge, Mulsanne, Arnage oder die fünf Kilometer lange Gerade Hunaudières, wo die extremsten Autos einst an der 400-km/h-Grenze kratzten, bevor ihnen das Reglement Einhalt gebot. Heute erreichen die Le Mans-Prototypen maximal knapp 320 km/h, was aber auch noch für einen Rundenschnitt von etwa 250 km/h reicht. Weniger als 3:20 Minuten dauert eine Runde, den Distanzrekord hält Audi mit dem R10 TDI. Das Auto legte 2010 unglaubliche 5410,713 Kilometer zurück - mit einem Durchschnittstempo von 225,228 km/h. Eine Höllenqual für Mensch und Material.

Alle großen Marken waren hier seit dem ersten Rennen 1923 am Start, darunter Ferrari, Porsche, Jaguar, Ford, Mercedes. Manche haben gesiegt, nicht wenige Fahrer sind in Le Mans gestorben und 1955 auch 83 Zuschauer. Triumph und Drama, das war und ist der Stoff, der die großen Rennen zu Legenden macht. Und Le Mans ist bis heute eine der größten, auch wenn die 24 Stunden nominell nur einer von neun Läufen zur FIA-Langstreckenweltmeisterschaft (WEC) sind. Und weil kein anderer Rennsieg dem in Le Mans gleichkommt, betreiben die teilnehmenden Werke einen gigantischen Aufwand, technisch wie finanziell. Audi, Porsche, Toyota zum Beispiel starten 2016 in der Prototypenklasse (LMP1), bei LMP2 sind es Namen wie Rebellion, CLM, Ligier, Oreca, Morgan oder Alpine. Unter den GTs wiederum sieht man Ferrari, Porsche, Chevrolet, Ford oder Aston Martin.

Energie wird jetzt limitiert

Schnell sein und zuverlässig ist dabei längst nicht mehr alles. Grundprinzip des seit 2014 geltenden Reglements, das nicht mehr nur auf den klassischen Verbrennungsmotor setzt, sondern zeitgemäß auf elektrische Zusatzkraft: Statt wie früher Leistung und Verbrauch der Motoren zu beschränken, wird jetzt die Energie limitiert. Die setzt sich bei den Protoypen zusammen aus der Leistung des Verbrennungsmotors einerseits und der wiedergewonnenen Energie durch das Rekuperationssystem des Hybrids andererseits. Eine Energietabelle definiert dabei für jedes LMP1-Auto präzise die jeweils erlaubte Energie pro Runde. Wer sich nicht daran hält, wird mit einer Stop-and-go-Boxendurchfahrt bestraft. Entsprechend der Megajoule-Klasse sind Treibstoffmenge, Durchflussmenge des Kraftstoffs und Tankinhalt begrenzt. Grundsätzlich gilt: Je höher die Hybridenergieklasse ist - Audi zum Beispiel startet 2016 in der 6-Megajoule-Klasse - desto weniger fossile Energie, also Benzin oder Diesel, steht dem Teilnehmer zur Verfügung.

Dass Audi als einziger Hersteller mit einem Dieselmotor antritt, ist dabei mehr als eine Fußnote, nicht nur, weil man bisher acht Siege holte. Motorsportchef Wolfgang Ullrich erinnert: "Wir haben mit unseren Innovationen im Motorsport immer versucht, alles was man in dem extremen Umfeld gelernt hat, den Serienentwicklern zur Verfügung zu stellen, damit die draus was für die Kunden machen. Und wenn dem Diesel bis dahin etwas gefehlt hatte, dann war es der Touch des Sportlichen." Etwa 2002 fiel bei Audi dann die Entscheidung, mit dem Selbstzünder in Le Mans anzutreten. Das war mutig, und Hindernisse gab es genug - bei den Zulieferern (Ullrich: "Da sind einige in Ohnmacht gefallen") und den Reglementsmachern vor allem. "Aber letztlich hat sich bei denen doch die Einsicht durchgesetzt, dass man auf die Rennstrecke am besten Technik holt, die auch für den Straßenverkehr relevant ist", sagt der Audi-Sportchef.

Technisch waren das Hauptproblem beim Renneinsatz des Diesels vor allem die hohen Mitteldrücke, die wiederum Voraussetzung für hohe Leistung sind und die Mechanik entsprechend belasten. Ullrich:" Wir hatten uns deshalb am Anfang auch für einen Zwölfzylinder entschieden, weil wir wussten, dass wir es nicht schaffen würden, die nötigen Drücke auf acht Zylinder zu verteilen. Heute ist es schön zu sehen, was wir gelernt haben, denn wir haben nur noch halb so viele Zylinder und haben fast dieselbe Leistung und ein ähnlich hohes Drehmoment."

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