Trendmobil im Test:Zu schwer für die U-Bahn

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Der elektrische Kleinstroller X2City von BMW und Kettler fährt sich gut - wenn nur das Gewicht und das nervige Gaspedal nicht wären.

Von Felix Reek

Darf auf den Rad-, aber nicht auf den Gehweg: Der X2City ist mit bis zu 20 Kilometern pro Stunde unterwegs. (Foto: Daniel Hofer)

"Und wozu braucht man das jetzt?" - das ist die Frage, die in den zwei Wochen mit dem Testexemplar des BMW X2City immer wieder fällt. Es gibt schließlich Fahrräder, es gibt E-Bikes, Pedelecs, der Platz auf den Straßen, auf den Fuß- und Radwegen der Städte ist umkämpft genug. Jetzt also auch noch elektrische Tretroller. In vielen europäischen Metropolen sind sie schon unterwegs, Deutschland zieht jetzt nach. Anfang April erteilte das Bundeskabinett die Genehmigung, Mitte Mai wird sich der Bundesrat noch mit der neuen Verordnung befassen. Stimmt der zu, dann werden demnächst E-Scooter mit bis zu 20 Stundenkilometern auf Straßen und Radwegen fahren dürfen, mit bis zu zwölf Kilometern pro Stunde müssen sie auf den Gehweg ausweichen. Was schon zu allerlei Kritik an der neuen Regelung geführt hat. So sehen Unfallforscher zum Beispiel Risiken insbesondere für Fußgänger; denn die auf zwölf km/h beschränkten Modelle sollen auch schon Zwölfjährige steuern dürfen.

Aktuell aber sind bisher noch keine der elektrischen Tretroller auf deutschen Straßen unterwegs. Bis auf den BMW X2City. Er besitzt eine Ausnahmegenehmigung und darf bereits jetzt betrieben werden. Rein rechtlich handelt es sich bei dem Gemeinschaftsprojekt von BMW und Kettler um ein Kleinkraftrad bis 20 km/h. Wer es fahren will, muss mindestens 15 Jahre alt sein, einen Mofaführerschein besitzen und ein Versicherungskennzeichen, das aufgeklebt wird, beantragen. Die Reifen sind größer als bei den vor einigen Jahren so beliebten kleinen Tretrollern, das Trittbrett komfortabel breit, der X2City wurde für Erwachsene entworfen und soll als Alternative zum Fahrrad dienen.

Das erklärt auch den stolzen Preis von 2400 Euro. Damit befindet sich der E-Roller in den Regionen eines Pedelecs. Die Reichweite eines Fahrrades mit Elektromotor erreicht der X2City aber nicht. Unter einer Klappe auf dem Trittbrett verbirgt sich der Akku, der sich zum Laden herausnehmen lässt, alternativ kann der Roller direkt an die Steckdose gestöpselt werden. Das Laden dauert etwa zweieinhalb Stunden; eine Ladung reicht für 20 bis 25 Kilometer, je nach Fahrergewicht. Die meisten Pedelecs schaffen die dreifache Entfernung.

Auch als Verkehrsmittel für die Überbrückung der "letzten Meile", beispielsweise vom S-Bahnhof zur Arbeitsstelle, ist der BMW-Roller nicht gedacht. Das merkt man spätestens beim Transport: Zwar lässt sich ein Teil des Lenkers einklappen, doch das reicht gerade, um ihn bei umgelegter Rückbank in den Kofferraum eines Autos zu wuchten. Die Treppen zur S-Bahn hingegen schleppt man den Roller nur einmal rauf oder runter - er wiegt 20 Kilo.

Handzeichen geben beim Abbiegen? Das ist eine ziemlich wacklige Angelegenheit

Also doch lieber ab auf die Straße damit, da fühlt sich der X2City eindeutig wohler als in einem S-Bahn-Abteil. Der Betrieb ist relativ simpel. Einen Fuß vorne platzieren, zwei-, dreimal mit dem anderen Bein abstoßen und dann das silberne Gaspedal auf dem Trittbrett durchdrücken. Ab sechs Kilometer in der Stunde setzt der 250-Watt-Elektromotor ein. Das Gaspedal fungiert dabei gleichzeitig als eine Art Gangschaltung. Jeder Tritt darauf beschleunigt auf die nächste Stufe des Motors: acht, zwölf, 16, 18 und schließlich 20 km/h. Per Knopf am Lenker lässt sich die Geschwindigkeit begrenzen. Etwa, wenn es durch eine belebte Straße mit Fußgängern geht. Gebremst wird am Lenker vorne und hinten wie beim Fahrrad. Dann unterbricht der Impuls sofort den Motor, sodass wieder erneut mit dem Fuß Gas gegeben werden muss.

Im Alltag ist dieses Bedienkonzept gewöhnungsbedürftig. Zumal nahezu alle Roller auf dem Markt einen anderen Weg gehen: Dort ist das Gas am Lenker. Das hat sich bei Motorrädern und Rollern bewährt. Wer mit dem X2City unterwegs ist, muss immer wieder auf das Fußpedal treten, als pumpe er eine Luftmatratze auf. Das ist gerade an Ampeln nervig, wo es einfach zu lange dauert, den Roller auf ein akzeptables Tempo zu beschleunigen. Zur Ruhe kommt der Fahrer so nie - immer denkt er an die passende Geschwindigkeit, statt das nur von einem elektrischen Surren begleitete Gleiten durch die Stadt zu genießen.

Dabei ist genau das die Stärke des X2City. In einer urbanen Umgebung ist das Fahrgefühl wirklich hervorragend. Einmal auf Tempo gebracht, braucht man den Lenker in den meisten Situationen gar nicht. Der Roller lässt sich in Kurven allein durch das Verlagern des Körpergewichts steuern, sodass der Fahrer ein wenig wie auf einem Surfbrett durch den Verkehr gleitet. Zwar hat er wie bei einem Pedelec immer das Gefühl, es könnte noch ein wenig schneller vorangehen, doch mehr lässt der Gesetzgeber nicht zu, sonst dürfte der X2City nicht mehr auf dem Fahrradweg unterwegs sein. Was seine Vorteile in der Stadt eliminieren würde.

Ins Gelände hingegen sollte man sich mit dem Roller nicht verirren. Setzt dem Fahrer in der Stadt schon jeder Bordstein zu, fühlt er sich im unebenen Gelände wie ein Sandsack im Boxstudio. Eine Federung hätte da zumindest Linderung bringen können. Das Gleiche gilt für ein nicht unerhebliches Detail: Wer es gewohnt ist, sitzend auf dem Rad beim Abbiegen per Handzeichen die Richtung anzuzeigen, wird feststellen, dass das im Stehen auf einem Kleinstroller eine wesentlich wackligere Angelegenheit ist. Blinker am X2City würden das Gefährt nicht nur bequemer, sondern auch wesentlich sicherer machen.

Das trübt aber nicht die eigentliche Stärke des Kleinststromers: Es macht einfach Spaß, mit ihm zu fahren. Ja, er ist nicht so praktisch wie ein Fahrrad. Und die Bedienung des Gaspedals könnte intuitiver sein. Auch die Reichweite ist noch ausbaufähig und der Fahrkomfort bei Schlaglöchern und Bordsteinen gewöhnungsbedürftig. Trotzdem ist der BMW-Roller eine gute Alternative in der Stadt. Für all jene, denen die Busse und Bahnen zu den Stoßzeiten zu voll sind - und die die Strampelei auf dem Fahrrad satthaben.

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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