Superyachten:Das Leben der anderen

Barhocker mit Walpenisleder, Hubschrauberlandeplätze, Kinosäle, chinesische Tempel-Türen und private U-Boote: aus der Welt der Superyachten.

Christian Mayer

Die berühmteste Yacht der Welt war ursprünglich ein kanadisches Kriegsschiff. Sie hatte den Zweiten Weltkrieg und sogar die Landung der Alliierten in der Normandie überstanden; die perfekte Kulisse also für einen griechischen Großreeder, der die Welt erobern wollte. Und Aristoteles Onassis wollte kein gewöhnliches Vergnügungsschiff wie andere reiche Männer vor ihm. Für ihn musste es schon eine ausgediente Fregatte sein, die er für ein paar Millionen Dollar in ein fahrbares Luxushotel umrüstete.

Superyachten: Traum-Bild: Der mexikanische Eigner derPrincess Marianaliebt die Farbe Türkis.

Traum-Bild: Der mexikanische Eigner der

Princess Mariana

liebt die Farbe Türkis.

(Foto: Foto: oh)

Das Kriegsschiff nannte der Besitzer nach seiner geliebten Tochter: Christina O. Ein grandioses Spielzeug: 99 Meter lang, mit einem phantastischen Außendeck, auf dem man die Nächte durchtanzen konnte, und sehr diskreten Suiten, in denen sich hochadlige Gäste und Hollywood-Stars wie zu Hause fühlen sollten. Marilyn Monroe, Frank Sinatra, Eva Peron, König Faruk von Ägypten und Winston Churchill ließen sich gerne in den Gemächern nieder. Dass in den Salons Gemälde von El Greco und Renoir hingen und die Barhocker mit Walpenisleder bezogen waren, sprach sich schnell herum. Die Christina O. war von den fünfziger Jahren an ein beliebtes Fotomotiv für die Boulevardpresse, wozu natürlich die Liebschaften des Besitzers mit Operndiva Maria Callas und der Präsidentenwitwe Jacqueline Kennedy beitrugen.

Aristoteles Onassis wird wohl für immer als Erfinder der modernen Superyacht in Erinnerung bleiben. Wie stilprägend der griechische Reeder gewirkt hat, kann man jetzt in einem neuen Buch erfahren: Der Bildband "Die Welt der Superyachten" versammelt, wenn man so will, die imposantesten Neuerscheinungen auf dem Markt für Milliardäre.

In der Liste der Top Ten der teuersten und größten Privatschiffe würde Onassis mit seiner Christina O. jedenfalls keinen Platz mehr finden; längst haben ihm neureiche Nachahmer den Rang abgelaufen. Sie beschäftigen einen ganzen Wirtschaftszweig, der meist im Verborgenen arbeitet: in Werften wie der deutschen Firma Lürssen in Bremen, die sich auf die extravaganten Kundenwünsche eingestellt haben und als Dienstleister der Überflussgesellschaft verstehen.

Die Yacht als Denkmal

Mit der Pelorus hat sich der russische Oligarch Roman Abramowitsch selbst ein Denkmal gesetzt. Man muss sich so eine Gigayacht wie eine langgestreckte Villa vorstellen, in der auf mehreren Stockwerken unterschiedliche Einflüsse und Edelmetalle miteinander konkurrieren. In der Pelorus gibt es einen Kinosaal, in dem sich die Gäste in einem Designerbett ausstrecken können, während der Film läuft; eine holzgetäfelte Lounge im Kolonialstil von der Größe eines Basketballfeldes, in der man unter Bananenbaumblättern speist; und sämtliche Annehmlichkeiten eines Fünf-Sterne-Hotels in den Gästesuiten. Außerdem steht ein mit allen Finessen ausgestatteter Sport- und Wellnessclub bereit. Der Yachtendesigner Terence Disdale hat ganze Arbeit geleistet, bis hin zu den Türen, die aus chinesischen Tempeln stammen. Für den reibungslosen Ablauf an Bord gibt es eine 46-köpfige Crew.

Für ganz normale Bootsbesitzer mag es irrwitzig klingen, dass Abramowitsch damit noch immer nicht genug hat. Die allerneueste, bis auf weiteres weltgrößte Megayacht liegt derzeit noch in der Hamburger Werft Blohm + Voss. Nach allem, was bisher durchgesickert ist, soll die Eclipse 170 Meter lang sein und mit zwei Hubschrauberlandeplätzen, einer Bäderlandschaft und einem U-Boot ausgestattet sein. Offenbar schätzt der russische Milliardär, dessen Privatvermögen durch die Wirtschaftskrise drastisch geschrumpft ist, nicht nur höchsten Komfort, sondern auch absolute Sicherheit: Eine russische Werft soll daher noch rasch ein eigenes Luftabwehrsystem einbauen, bevor der Oligarch Anfang 2010 in See sticht.

Abramowitsch mag ein extremes Beispiel für die Gigantomanie auf hoher See sein; die meisten Yachtbesitzer geben sich auch mit ein paar Nummern kleiner zufrieden. Doch nur wenige haben so viel Stil wie der italienische Modemacher Giorgio Armani, der sich mit der Mariù eines der schönsten Schiffe des Mittelmeers leistet. Auf dieser Yacht herrscht noch vornehme Zurückhaltung, was die Wahl der Farben, der Stoffe und Möbel angeht; es ist die Klarheit des Wassers, die Armani bei seiner Innenausstattung inspiriert hat.

Mit 49,9 Metern zählt die Mariù zwar nicht zu den Spitzenreitern in der Gigayacht-Liga, aber sie erfreut den Betrachter durch ihre Schlichtheit - wenn man die Verwendung von Titan, Seide, Stahl und Rosenholz als schlicht gelten lassen will. Ganz anders sieht es an Bord der Guilty aus - ein schwimmendes Gesamtkunstwerk, das dem griechischen Industriellen Dakis Joannou gehört: Je nach Betrachtungsweise kann man das von Jeff Koons gestaltete Schiff als mondän oder monströs bezeichnen.

Superyachten als luxuriöse Sonnenterrassen

Stellt sich die Frage, was die Eigentümer antreibt. Warum verschwenden sie so viel Geld in Superyachten, die zwar mit 20 Knoten über das Wasser gleiten können, aber meist doch nur als Sonnenterrasse genutzt werden? Ist es nur die Lust am Superlativ, die Leidenschaft für Hightech? Oder doch die aphrodisierende Wirkung, Herrscher über einen mobilen Palast zu sein, der in den Häfen von St. Tropez, Ibiza, Monte Carlo und Capri vom staunenden Volk aus sicherer Entfernung fotografiert werden kann?

Die Autoren des Buches sind sich für solche Betrachtungen wohl zu fein. Und auch die durchaus interessante Frage, wer mit wem auf wessen Kosten auf solchen Yachten unterwegs ist, bleibt leider unbeantwortet. Beachtung findet dagegen ein neuer Trend: Yachten-Sharing. Sogar für Superreiche ist es längst zu kostspielig geworden, ein solches Riesenspielzeug samt ständiger Besatzung zu unterhalten. Die 2009 fertiggestellte Ocean Emerald hat daher acht Eigentümer, darunter auch den Architekten Lord Norman Foster, der sich die futuristische Aluminiumhülle ausgedacht hat. Die Geschäftsbedingungen sind streng geregelt: 1,85 Millionen Euro Grundgebühr kostet ein Anteil, dazu kommen 200.000 Euro Servicepauschale - für 30 Tage Nutzungsrecht im Jahr.

Die Charter-Option gibt es übrigens auch für das berühmteste Vorzeigeschiff der Yachtengeschichte: Die mehrfach renovierte Christina O. kann man schon für einen fünfstelligen Betrag mieten - pro Tag, versteht sich. Dafür darf man sich dann ein wenig so fühlen wie Maria Callas und Aristoteles Onassis in ihren besten Zeiten. Die obligatorischen Bikinischönheiten, die an Bord herumturnen, werden sich ja wohl noch finden lassen.

Wolfgang Behnken, Leonard Prinz: Die Welt der Superyachten; Delius Klasing Verlag; 288 Seiten; 300 Farbfotos; 68 Euro

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: