Porsche Panamera:Masse mit Klasse

Ist der neue Porsche Panamera womöglich das falsche Auto zur falschen Zeit? Eine erste Ausfahrt

Jörg Reichle

Die Widmung war gut gemeint. "Ferry Porsche würde im September 100 Jahre alt", erinnerte Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer anlässlich der Präsentation der neuen Sportlimousine an den 1998 verstorbenen Patriarchen, "der Panamera ist unser Geburtstagsgeschenk." Ob der sich darüber gefreut hätte? Auf der gerade auf DVD erschienenen Firmengeschichte äußert Porsche jedenfalls ganz andere Vorstellungen von seinem Wunschauto: "Ich hatte immer von einem kleinen leichten Sportwagen geträumt." Nichts von alledem ist der neue Panamera. Er ist kein Sportwagen, er ist nicht klein, und er ist nicht leicht. Bemerkenswert ist er trotzdem.

Porsche Panamera: Vier Türen, vier Sitze: der neue Porsche Panamera, die vierte Baureihe des Sportwagenherstellers, versucht sich in der Kunst, die optischen Gene des 911 zu übernehmen. Das Ergebnis dürfte für Diskussionen sorgen.

Vier Türen, vier Sitze: der neue Porsche Panamera, die vierte Baureihe des Sportwagenherstellers, versucht sich in der Kunst, die optischen Gene des 911 zu übernehmen. Das Ergebnis dürfte für Diskussionen sorgen.

(Foto: Foto: Porsche)

Nach dem klobigen Cayenne rollt der Sportwagenhersteller mit der nunmehr vierten Baureihe erneut auf ungewohntes Terrain: erstmals in der Firmengeschichte nun ein viertüriger Gran Turismo. Eine Klasse für sich, klar, sagt Porsche. Da sei dann doch an den eleganten Maserati Quattroporte erinnert, bei Aston Martin ist Vergleichbares angekündigt und der nächste Jaguar XJ, der ebenfalls im Herbst auf den Markt kommt, dürfte auch in dieser Liga spielen. Fragt sich nur, wer so etwas kauft, schließlich ist der Luxusautomarkt gerade weltweit mit Kawumm kollabiert. Doch schon regt sich neue Hoffnung bei den deutschen Premium-Marken. China, heißt es, erhole sich bereits wieder. Oberwasser für Gesundbeter. Also weiter so, wie bisher? Man wird sehen.

Schweres Umfeld also für den neuesten Porsche. Auch was die Form des Panamera angeht, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Das Ziel war, den Porsche in der Limousine auf den ersten Blick erkennbar zu machen. Das ist sicher gelungen. Doch der Versuch, die Gene des Elfer-Sportwagen-Designs auf die stolze Grundfläche von grob gesagt fünf auf zwei Meter und knapp 1,40 Meter Höhe zu übertragen, ist im Ergebnis eher fragwürdig. Zu klobig das Heck und so massig die Flanken, dass darunter alle Räder, die kleiner sind als die wuchtigen 20-Zöller, sich wie ein Nichts verlieren. Außerdem tut sich der Fahrer unnötig schwer mit der Sicht nach hinten.

Weitaus überzeugender ist der Panamera unter seiner Hülle. Die Fahrleistungen, was sonst bei einem Porsche, sprengen das Maß des Nötigen bei weitem, katapultieren die Fuhre wie gewohnt ins Reich des neuen automobilen Konjunktivs - man könnte, wenn man nur dürfte.

Wieder mal der Kronzeuge für die Fahrleistungen: Walter Röhrl

Wer den finanziellen Aufwand nicht scheut und all die angebotenen technischen Wohltaten in Anspruch nimmt - von der adaptiven Luftfederung (1952 Euro) über das Sportpaket Chrono (1892 Euro), die Dynamic Chassis Control mit Wankstabilisierung und Hinterachsquersperre (4344 Euro) bis hin zum Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (3511 Euro) oder dem 4S mit Allrad - kann per Knopfdruck je nach Gusto hetzen oder seidenweich gleiten.

Das Auto dringt dann geschmeidig in Bereiche vor, die das Durchschnittskönnen seines Besitzers im Einzelfall eindeutig übersteigen dürfte. Als Kronzeuge muss deshalb mal wieder Walter Röhrl herhalten. Er soll mit dem Panamera die Nürburgring-Nordschleife nur wenig langsamer umrundet haben als mit einem 911 Turbo.

Der Rest der Welt und vor allem die Passagiere hinten werden dagegen froh sein, wenn ihnen Derartiges erspart bleibt. Sie genießen, tief eingebettet in duftendes Leder, auf vielfach adaptierbaren Einzelsitzen den Komfort erster Klasse - auch hinten und uneingeschränkt, selbst für Sitzriesen. Das gehört zu den eindeutigen Stärken des Panamera.

Wie überhaupt das Innenleben, fein gestaltet und räumlich geteilt durch die durchgehende, nach vorn breit ansteigende Mittelkonsole, die markentypische Souveränität im Umgang mit Luxus spiegelt. Sensible Verarbeitung, bestes Material, gediegene Optik. Nur die Tastenflut auf der Mittelkonsole trübt das wohldurchdachte Bild. Womöglich ringt man sich in Zuffenhausen doch irgendwann ein Bediensystem ab, wie es die Premium-Konkurrenz ja längst im Programm hat.

Über Diesel, heißt es, denke man nach

Als glücklichen Umstand darf man dagegen verbuchen, dass der Panamera innen ebenso variabel ist, wie man das aus der Kleine-Leute-Welt der Kompaktautos seit langem kennt: Große Heckklappe plus umlegbare Rücksitzlehnen schaffen einen Kofferraum, der auch mal bis zu 1263 Liter fasst. Man muss als Porsche-Fan künftig für den Transport von vier Menschen samt Gepäck also nicht mehr unbedingt den Windstopper Cayenne bemühen.

Als schnelles Reiseauto ist der Panamera jedenfalls ideal. Entfernt flüstert der V8 und lässt sich, schon weit jenseits der 200 km/h, bereitwillig vom Rauschen des Winds übertönen. Stoisch bleibt der Wagen in der Spur, die Lenkung gefühlvoll und dennoch unbeirrt, und man weiß die superben Bremsen stets in aufmerksamer Warteposition.

Natürlich betont Porsche die Effizienz des Antriebs, was soll man auch anderes tun, wenn man mitten in der Öko-Zeit mit einem Auto anrückt, das geplant wurde, als Hochleistung noch Fetisch war. Aber aus V8-Motoren und einem Leergewicht zwischen 1,7 und und knapp zwei Tonnen lassen sich nun mal keine Sparmodelle schnitzen. Ein wenig verlegen kündigt man deshalb schon einen V6 und einen Hybrid-Panamera an. Über Diesel, heißt es, denke man nach.

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