Fahrbericht C-Klasse:Der beste BMW, den Mercedes je baute

Die neue Mercedes C-Klasse W205.

Die neue Mercedes C-Klasse kommt am 15. März auf den Markt.

(Foto: Daimler AG)

Die neue C-Klasse nimmt endgültig Tuchfühlung zu den großen Baureihen auf. Im Test präsentiert sich die sportliche Mittelklasse-Limousine erstaunlich dynamisch. Für langbeinige Passagiere ist der Raum für Fahrspaß jedoch arg begrenzt.

Von Joachim Becker, Marseille

Mercedes hat mit seiner neuen C-Klasse viel vor. Die Mittelklasselimousine ist in der Länge um fast zehn Zentimeter auf 4,69 Meter gewachsen und sieht von hinten wie die neue S-Klasse aus. Vier Zentimeter mehr Breite, die langgestreckte Motorhaube und ein Gesicht mit auffälligen Ähnlichkeiten zur E-Klasse machen klar: Hier steht kein Baby-Benz mehr, sondern eine ausgewachsene und ambitionierte Limousine, die endlich den Klassensieg einfahren will. Außerdem ist die neue C-Klasse das erste Modell mit der neuen Heckantriebsarchitektur, die künftig zahlreiche neue Mercedes-Modelle nutzen werden.

Im Innenraum ist von der Großzügigkeit der größeren E- und S-Modellreihen aber nichts zu spüren. Nur zwei Zentimeter des Längenwachstums kommen auf den Rücksitzen an. Den Großteil der zusätzlichen Zentimeter spendierten die Entwickler einer neuen Vierlenker-Vorderachse, die Radführung und Federbein voneinander trennt. So soll der klassenbeste Federungskomfort gewährleistet werden. Außerdem schafften die Ingenieure Platz für den Elektromotor eines künftigen Hybriden, der an der Steckdose aufgeladen werden kann (Plug-in-Hybrid), und die Chemiefabrik für die kommende Abgasnorm Euro 7, die wohl motornahe Katalysatoren auch für stärke Benzinmotoren notwendig macht.

Der Innenraum der neuen Mercedes C-Klasse W205.

Der Innenraum der neuen C-Klasse ist hochwertig, aber auch beengt.

(Foto: Daimler AG)

Die Funktion folgt der Form

Bei Karosserie und Fahrwerk war das Beste für die neue C-Klasse gerade gut genug. Eine optionale Luftfederung, eine besonders steife Karosserie, die zu fast 50 Prozent aus Aluminium besteht und die Assistenzsysteme der neue S-Klasse markieren den Oberklasse-Anspruch. Doch die Physik lässt sich nicht überlisten. Bis zu 19 Zoll große Räder und entsprechend stattliche Radhäuser sehen zwar gut aus. In Verbindung mit einer eleganten Dachlinie und relativ kleinen Fondtüren schrumpgen sie den hinteren Einstieg jedoch auf gefühltes Kleinwagenformat. Es heißt Kopf einziehen und Knie anklappen.

Auch Fahrer und Beifahrer fühlen sich auf ihren komfortablen Sitzen ziemlich eingeengt - besonders dann, wenn die Siebengangautomatik verbaut ist. Dann erhebt sich zwar eine sehenswerte, sanft geschwungene Holzfurnierplatte zwischen den Frontpassagieren, aber die Mittelkonsole ragt so hoch hinauf, dass wenig Platz bleibt. Wie in einem Sportwagen müssen große Menschen ihre Beine in die Länge strecken, um eine entspannte Sitzposition zu finden. Mit entsprechenden Folgen für die Fondpassagiere, weil die vorderen Sitze weiter nach hinten geschoben werden. Beim Schaltgetriebe sind die Aufbauten niedriger und das Raumgefühl ist etwas großzügiger, dafür sieht die Instrumententafel in der Mitte konventioneller aus.

Auffallend ist auch die sportlich tiefe Sitzposition. Weil die Frontsitze zwei Zentimeter niedriger arretiert werden können als beim Vorgänger, schwebt eine Querstrebe auf der Sitzunterseite nur knapp über dem Fußraum der Hinterbänkler: Die sollten also nicht auf zu großem Fuß leben, um sich wohl zu fühlen. Zumindest aus Fahrersicht betrachtet, setzen die Glasflächen außerdem merkwürdig weit oben an: Den Ellenbogen locker aus dem Fenster zu lehnen, ist völlig unmöglich. Auch die Übersicht leidet unter den hohen Fensterbrüstungen: Die Aussicht auf Randsteine oder andere Hindernisse in Fahrzeugnähe ist miserabel, ohne Parkpiepser vorne und hinten geht gar nichts.

Freude am Fahren aus Stuttgart

Die neue Mercedes C-Klasse W205.

Die neue Mercedes C-Klasse fährt sich gleichermaßen dynamisch und komfortabel.

(Foto: Daimler AG)

Mit der serienmäßigen Stahlfederung und dem um 15 Millimeter tiefergelegten Avantgarde-Fahrwerk wird die Limousine der neuen C-Klasse zum besten BMW, den Mercedes in dieser Klasse je gebaut hat. Das hat man von der gemütlichen Limousine so nicht erwartet: Die satte Straßenlage und die verwindungssteife Karosserie erlauben eine schnelle Kurvenjagd ohne Wanken und Aufschaukeln.

Im Serpentinengeschlängel rund um Marseille beweist die C-Klasse erstaunliche sportliche Qualitäten. Der schnelle Wechsel von Rechts- und Linkskurven lässt sich so rhythmisch wie beim Riesenslalom bei bester Schneelage durcheilen. Das präzise Handling und der genau einrastende Sechsgang-Handschalter erzeugen in Verbindung mit dem hohen Abrollkomfort ein Gefühl von sämigem Gleiten, das durchaus Suchtcharakter entwickeln kann. Auch die neue elektrische Lenkung unterstützt die Suche nach der Ideallinie. Lediglich bei Stadttempo wirkt sie manchmal zu leichtgängig und synthetisch.

Spärliches Motorenangebot zum Marktstart

Während man noch darüber nachdenkt, dass keine C-Klasse zuvor ihren Charakter bei einem Generationswechsel so drastisch geändert hat, behauptet sie sich mit der ersten Luftfederung (Aitmatic) in dieser Klasse weiterhin als Benchmark in der angestammten Komfort-Domäne. Bodenwellen und Schlaglöcher verlieren viel von ihrem Schrecken, außerdem bleibt die Fuhre auch bei beladenem Fahrzeug komfortabel, gut ausbalanciert und stabil. Selbst das Stahlfahrwerk verzichtet auf unnötige Härten und absolviert den Spagat zwischen Sportlichkeit und Komfort verblüffend unangestrengt.

Im März 2014 kommt die neue Mercedes C-Klasse auf den Markt.

Der 211 PS starke Benziner C250 folgt als weitere Motorenvariante kurz nach Marktstart.

(Foto: Daimler AG)

Angestrengt klingt allerdings der 1,8-Liter-Benziner trotz des Leichtbaus beim Beschleunigen - zumindest im Innenraum, denn von außen wurde der Klang zum Fauchen ummodeliert. Modernes Sound-Engineering macht aus kleinen Spritsparern wie dem 200er aber noch keine Drehmoment-Wunderwerke.

Zur Markteinführung am 15. März 2014 sind lediglich drei Motoren für die neue C-Klasse erhältlich. Der Basisbenziner C 180 mit 1,6 Litern Hubraum und 156 PS kostet mindestens 33 558 Euro. Der 184 PS starke C 200 ist ab 36 414 Euro zu haben. Der Grundpreis der bislang einzigen Dieselvariante C 220 Bluetec mit 170 PS liegt bei 38 675 Euro. Später wird es neben einer 204-PS-Variante dieses Triebwerks auch einen neuen 1,6-Liter-Dieselmotor geben, der je nach Ausführung 115 oder 136 PS leistet. Bei den Benzinern folgen drei weitere Vierzylinder-Turbomotoren, die ein Leistungsspektrum bis 238 PS abdecken, sowie ein Sechszylinder mit 333 PS. Deren Preise stehen allerdings noch nicht fest.

Die Reisekosten zur Präsentation der Mercedes C-Klasse in Marseille wurden teilweise vom Hersteller übernommen.

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