Elektromobilität:Der Lkw der Zukunft hängt an der Leine

Teststrecke für Elektro-Lkw

Auf einer Teststrecke nahe Berlin sind bereits Elektro-Lkw unterwegs. Bald soll es auch auf Autobahnen so weit sein.

(Foto: Bernd Settnik/dpa)
  • Um Lastwagen mit Elektroantrieb im Alltag zu testen, plant das Umweltministerium, Autobahnabschnitte mit Oberleitungen auszurüsten.
  • Dabei handelt es sich um Teilstücke auf der A 5 bei Darmstadt und auf der A 1 bei Lübeck.
  • Doch das Projekt ist teuer: Zwei Millionen Euro werden je Kilometer verkabelter Autobahn fällig.

Von Markus Balser

Es klingt nach einer verrückten Idee: Oberleitungen über Deutschlands Autobahnen, damit Elektro-Lkw emissionsarm ans Ziel kommen. Auf dem ehemaligen Militärflughafen Templin nördlich von Berlin ist diese Idee schon Realität. Hier lässt das Bundesumweltministerium in einem Pilotprojekt drei 18-Tonner auf einem Kilometer Teststrecke hin- und herfahren. Und dabei soll es nicht bleiben.

Das Ministerium von Barbara Hendricks (SPD) will sogenannte O-Lkw - O steht für Oberleitung - künftig auch über Autobahnen schicken und diese dafür testweise mit Strommasten ausrüsten. Am Donnerstag gab das Ministerium bekannt, dass es den Umbau von zwei Strecken in Hessen und Schleswig-Holstein mit fast 40 Millionen Euro fördert. So sollen bis 2019 auf der A 5 zwischen dem Gewerbegebiet Darmstadt-Nord/Weiterstadt und dem Frankfurter Flughafen sowie auf der A 1 zwischen dem Logistikzentrum Reinfeld und dem Lübecker Hafen sechs Kilometer in beide Richtungen verkabelt werden. Vier Speditionen wollen insgesamt zehn Elektrofahrzeuge auf der Strecke fahren lassen. Auch das aber soll nur der Anfang sein. "Ziel ist es, den Güterverkehr auf der Straße insgesamt klimafreundlich zu gestalten", sagt Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth.

Der Verkehr auf deutschen Autobahnen nimmt stetig zu. Elefantenrennen sind zum vertrauten Anblick geworden. Seit 1990 hat sich der Güterverkehr auf der Straße mehr als verdoppelt. Bis 2030 soll er um weitere 40 Prozent zunehmen. Weil gleichzeitig der Umstieg auf Batterietechnik bei Lkw viel länger dauern wird als bei Pkw, droht die Regierung ihr Ziel zu verfehlen, die Emissionen im Verkehrssektor bis 2050 auf null zu senken.

Deshalb wird getestet, ob Oberleitungen ein Ausweg sein können. Elektro-Lkw senken die CO₂-Emissionen um 95 Prozent. Die Technik ist auch kein großes Problem. Siemens hat einen Stromabnehmer konstruiert, der auch bei hohem Tempo den Kontakt zwischen Oberleitung und Fahrzeug hält. Die Lkw können beim Überholen oder wenn sie von der Autobahn abfahren auf ein Diesel-Aggregat umschalten. Auf der sechs Kilometer langen Oberleitungstrasse laden sie dann so viel Energie auf, dass sie die dreifache Distanz abseits der Autobahn elektrisch fahren können.

Deutschland will mit Schweden kooperieren

Experten haben dennoch ihre Zweifel an der neuen Technik. Das liegt an den hohen Kosten. Zwei Millionen Euro werden je Kilometer verkabelter Autobahn fällig - eine Million hin, eine zurück. Rund 1000 der bundesweit 12 000 Kilometer Autobahn müssten laut Umweltministerium umgerüstet werden, um eine kritische Masse zu erreichen. Nur dann hätten Speditionen ein Interesse daran, ihre Flotte auf teurere Elektro-Lkw umzurüsten, weil sie dank des günstigeren Stroms sparen.

Europaweit ist die deutsche Teststrecke fast einzigartig. Nur in Schweden gibt es ein vergleichbares Projekt. Kanzlerin Angela Merkel und der schwedische Regierungschef Stefan Löfven vereinbarten am Dienstag bei einem Treffen in Stockholm eine Innovationspartnerschaft. Und formulierten bereits das nächste Ziel: eine erste grenzüberschreitende O-Lkw-Trasse.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: