Dreirädrige Motorroller:Zum Kippen zu schade

auto 17.08.

Mit drei dabei: Der dreirädrige Roller von Piaggio verkauft sich so gut, dass andere Hersteller jetzt nachziehen.

Ja, sie sehen seltsam aus. Doch Motorroller mit zwei Vorderrädern kommen gerade groß in Mode. Die Kunden schätzen immer mehr ihre Stärken: das sichere Fahrverhalten und den hohen Komfort. Doch die Dynamik der skurrilen Gefährte muss noch besser werden.

Von Thilo Kozik

Als der Piaggio-Konzern Mitte 2006 seinen MP3, ein ungewöhnliches Gefährt mit vorne zwei Rädern vorstellte, war die Fachwelt ratlos. Trotz unbestrittener fahrdynamischer Vorzüge - die größere Kontaktfläche kann höhere Bremskräfte übertragen, ein Wegrutschen in Schräglage ist fast unmöglich - war die Skepsis groß. Zu komisch sah das Ganze aus. Doch mit dem Verkaufsstart 2007 fand das Dreirad auf Anhieb Freunde. Und seit Piaggio 2009 eine LT-Version des MP3 auf den Markt brachte, gibt's kein Halten mehr: Diese Dreiradroller weisen eine Spurweite von mehr als 46 Zentimetern sowie eine separate Fußbremsanlage auf. Das heißt, man darf sie mit dem Autoführerschein fahren. Übrigens ungeachtet der Motorleistung: MP3-Modelle reichen von 125 Kubik mit 15 PS bis zu 500er-Einzylindern mit 41 PS.

Lange hat Piaggio den Dreirad-Markt für sich gehabt, doch der Erfolg hat Nachahmer angelockt: Seit letztem Jahr bietet das ebenfalls italienische Unternehmen Quadro den 350D an, von einem 313-Kubik-Einzylinder mit 21 PS angetrieben und mit 6495 Euro noch preisgünstiger als die italienische Konkurrenz. Jetzt versucht als erster großer Hersteller Peugeot mit der Eigenkreation Metropolis 400 verlorenes Terrain gut zu machen. Der italienische Stachel im französischen Fleisch muss besonders geschmerzt haben: Seit 2006 hat Piaggio allein in Frankreich knapp 60 000 Modelle seines MP3 verkaufen können, während Peugeot lediglich mit einem nicht fahrfertigen Ausstellungsmodell hinterherhecheln konnte.

Schwer, aber ausreichend schnell

Der Metropolis 400 ist im Vergleich zu den bisherigen Dreiradlern sehr modern gestaltet, was an der Mitarbeit der Auto-Designer aus gleichem Hause liegen dürfte. Der 399-Kubik-Einzylindermotor stammt aus eigener Fertigung, schafft 37 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h. Den mit 265 Kilo recht schweren Franzosen gibt es ab September für 8399 Euro. Innovativ ist die Ausstattung: Mit einem Smart Key in der Tasche aktiviert der Fahrer über einen Drehknopf die Zündung und kann den Motor per Startknopf anlassen, in der Lenkermitte sitzt eine Schiebetaste für die elektrisch aktivierte Parkbremse im Hinterrad und das zulassungstechnisch notwendige Fußbremspedal engt den Raum auf dem Trittbrett kaum ein. Dazu kommt eine werkzeugfrei und blitzschnell um 130 Zentimeter in der Höhe verstellbare Scheibe.

Die Vorderradaufhängung übernehmen beim Metropolis zwei Dreiecksquerlenker mit Schwingungsdämpfern, die zu einem beweglichen Parallelogramm verbunden sind - eine Peugeot-Eigenentwicklung. Quadro nutzt hier zwei Gasdruckstoßdämpfer, die über eine Hydraulikleitung mit einem Druckausgleichsbehälter verbunden sind, Piaggios MP3 verwendet zwei eigenständige Schwingen, die per Gestänge zu einem Parallelogramm verbunden sind. Alle drei können ihre Konstruktionen auf Knopfdruck fixieren, so dass der Fahrer an der Ampel die Füße auf dem Trittbrett belassen kann, ohne umzukippen. Dreht der Motor über die Einkuppel-Drehzahl hinaus, entriegelt sich die Blockade automatisch. Die Dreirad-Lust perfekt machen unisono bequeme Sitzplätze mit großen Staufächern drunter. Im Vergleich zu normalen Rollern sind die Dreiräder eine Spur behäbiger und verlangen etwas mehr Körpereinsatz, doch der Sicherheitszugewinn macht dieses kleine Manko mehr als wett.

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