Deutschlands erstes Elektro-Taxi:Die Flüster-Droschke

In München rollen mehr als 3000 Taxen - eines davon tankt jetzt an der Steckdose. Elektro-Pionier Christian Hess hat allerdings noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten - und ärgert sich über die Trägheit deutscher Autobauer.

Sebastian Viehmann

"Was kostet der? Wie ist der Verbrauch? Wie weit kommt man damit?" Taxiunternehmer Yunus Kigozi steckt seinen Kopf in das Fahrerfenster des Mitsubishi i-MiEV und platzt vor Neugier.

Die kleine Elektro-Droschke steht auf dem Taxenplatz am Siegestor in München und ist ein Exot zwischen all den großen Daimlers und VWs. Am Steuer des Stromers sitzt Christian Hess, Geschäftsführer der Taxizentrale IsarFunk.

Sein Elektrotaxi soll zeigen, dass "auch wir ein Projekt pushen können", meint Hess. Bislang schließlich habe die Taxibranche wie beim Thema Umweltzone einfach nur auf das reagieren können, was sich die Politik so alles ausdenkt.

"Theoretisch ist das ja eine gute Idee", sagt auch Yunus Kigozi, doch er bleibt skeptisch. Ein Nachteil des kleinen Stromers sei zum Beispiel, dass er nur Platz für drei Fahrgäste hat. Die Tatsache, nie wieder von Spritpreisen abhängig zu sein, reizt ihn dagegen schon.

Und auch das Thema Umwelt spiele eine Rolle: "Es achten heute mehr Passagiere als früher darauf, ob sie in ein umweltfreundliches Fahrzeug einsteigen", so Kigozi, bevor er wieder zu seinem Wagen geht.

Christian Hess gibt jetzt Vollgas, völlig lautlos sprintet der I-MiEV am Siegestor vorbei Richtung Schwabing. "Vom Fahren her ist das Auto ein Traum", sagt Hess begeistert. Es ist heiß in der Münchner City, Hess fährt das Fenster herunter. Die Klimaanlage des Mitsubishi ist abgestellt - um Strom zu sparen.

Werden das die Fahrgäste auch akzeptieren? "Genau solche Dinge wollen wir ja herausfinden", sagt Hess. Zuverlässigkeit, Reichweite, Restwert - alles unbekannte Größen. "Die Anschaffung dieses Wagens ist natürlich ein Risiko, aber wir glauben, dass es das wert ist", betont Hess.

Ein normales Taxi fährt während einer Schicht zwischen 100 und 200 Kilometer, jede einzelne Tour führt im Schnitt vier bis fünf Kilometer weit. Offiziell reichen die Lithium-Ionen-Akkus des Mitsubishi für 150 Kilometer, Christian Hess geht in der Praxis vorsichtshalber eher von 100 Kilometern Reichweite aus. Danach muss der Wagen über Nacht an die Steckdose. Ein Schnellladesystem gibt es nicht: "Das hätte eine spezielle Station benötigt und uns 25.000 Euro gekostet", berichtet Hess.

Ein Jahr lang auf Herz und Nieren testen

Der Unternehmer hatte schon lange die Idee, ein Elektrotaxi anzuschaffen, doch es gab auf dem Markt einfach keine passenden Fahrzeuge. "Manche Firmen wollten für uns normale Autos auf Strombetrieb umrüsten und versprachen das Blaue vom Himmel, aber da ist nie etwas draus geworden", berichtet Hess enttäuscht.

Viele Autohersteller erproben Stromer zwar, kaufen kann man sie aber nicht. Der Mitsubishi ist also eher eine Notlösung, um überhaupt in die Elektromobilität einzusteigen. Mit 35.000 Euro koste der Wagen rund 5000 Euro mehr als ein übliches Taxi mit Dieselmotor, rechnet Hess vor. Damit die umweltfreundliche Bilanz des Stromers auch aufgeht, bezieht die Taxizentrale ihren Strom von einem Anbieter, der auf regenerative Energien setzt.

Ohnehin erfüllen 90 der 380 Taxen, die an IsarFunk angeschlossen sind, das vom ADAC eingeführte Kriterium "Eco-Taxi". Zu den Voraussetzungen für das Siegel zählt ein CO2-Ausstoß von weniger als 140 Gramm pro Kilometer, ermittelt in einem speziellen Testverfahren. Nur wenige Autos wie der Toyota Prius oder der VW Touran mit Erdgasmotor und DSG-Getriebe schaffen die Kriterien.

Ausgerechnet der Mercedes E 200 NGT zum Beispiel, eigentlich das klassische Taxi mit Erdgasantrieb, erreicht schon laut Werksangabe nur einen CO2-Ausstoß von 149 Gramm pro Kilometer.

Ein Eco-Taxi kann auch telefonisch bestellt werden. Wenn man sich vorher registriert, läuft die Abwicklung in der Zentrale automatisch ab. "Wenn innerhalb von drei Minuten ein Eco-Taxi verfügbar ist, schicken wir es, ansonsten kommt ein normales Taxi", berichtet Christian Hess. Beim Fahrpreis gibt es keine Unterschiede.

Der i-MiEV mit Taxameter soll nun ein Jahr lang im Alltag auf Herz und Nieren geprüft werden. In China haben Elektrotaxis ihre Feuerprobe bereits bestanden: Der Konzern BYD testet seit 2010 in der südchinesischen Stadt Shenzhen 50 Taxen vom Typ E6.

Im ersten Jahr wurden damit insgesamt 2,77 Millionen Kilometer zurückgelegt. Im Vergleich zu Benzinern hätten die Stromer-Droschken monatlich umgerechnet 788 Euro Treibstoffkosten eingespart, heißt es bei BYD. Das Maximaltempo liegt bei 140 km/h.

Der Mitsubishi IMiEV von IsarFunk schafft 130 km/h. Das sollte sogar für die Autobahn ausreichen, meint auch Taxiunternehmer Yunus Kigozi. Manchmal allerdings könnte der Stromer dann doch zu langsam sein: "Wenn ein Fahrgast eine halbe Stunde vor dem Abflug zum Flughafen muss, müssen wir natürlich Vollgas geben", so Kigozi.

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