Automarkt:Die Schweden lieben Volvo, aber ein deutsches Auto lieben sie mehr

Ein Volvo im Showroom in Riga

Die schönsten Volvos seit Jahrzehnten haben der Marke nichts genutzt: Der VW Golf ist 2015 das meistverkaufte Auto in Schweden.

(Foto: REUTERS)
  • Seit mehr als fünf Jahrzehnten führte immer ein Volvo die Neuwagen-Verkaufszahlen in Schweden an. 2015 war es zum ersten Mal der VW Golf.
  • Volvo bleibt mit einem Anteil von 21,5 Prozent Marktführer.
  • Zum letzten Mal konnte 1962 ein weiterer Volkswagen die Dominanz der Schweden brechen: der VW Käfer.

Von Felix Reek

Ganze Lehrergenerationen in den siebziger und achtziger Jahren träumten von Volvo-Kombis. Kantig, praktisch, gut. Quasi unzerstörbar, vollgepackt mit Sicherheitssystemen, von denen andere Autohersteller bis dato noch nichts gehört hatten. Platz, um eine ganze Großfamilie samt Koffern, Kinderwägen und Billy-Regalen unterzubringen. Das schwedische Unternehmen stand für Zuverlässigkeit par excellence. Daran konnten auch die zahlreichen Eignerwechsel des Unternehmens und die damit sinkende Qualität des "Schwedenstahls" in den neunziger und 2000er Jahren nichts ändern. Wer einen Volvo fuhr, war zwar ein bisschen spießig. Er setzte aber ein Statement gegen die Protzer in ihren BMWs, Mercedes und Audis.

So ist es nicht verwunderlich, dass die Schweden bisher ganz ihrer Marke vertrauten. 54 Jahre lang dominierte Volvo die Neuwagen-Verkaufszahlen des Landes. Fiat, Toyota, Renault, niemand konnte die Dominanz brechen. Bis jetzt, ausgerechnet zu einem Zeitpunkt wo Volvo, da ist sich die Fachpresse einig, die schönsten und besten Autos seit Jahrzehnten baut. Das SUV XC90: ein Lifestyle-Luxus-Traum, der sogar mit anderen Verkehrsteilnehmern kommuniziert. Der S90: eine Limousine, so verführerisch, wie es Mercedes schon lange nicht mehr gelungen ist.

Tja, und wer konnte diese Jahrzehnte währende Siegersträhne nun durchbrechen? Die 5er Limousine, das Technikwunder von BMW? Der Wohlfühl-Kombi Audi A4 Avant? Ein konsequenter Roadster wie der Mazda MX-5? Nein. Schlimmer. Es ist: der VW Golf.

Zweimal geschlagen - von VW

Ausgerechnet das Sinnbild deutscher Biederkeit ist das meistverkaufte Auto in Schweden 2016. Ein Auto, so Spötter, das sich vor allem durch eines auszeichnet: vollkommene Unauffälligkeit. Genau dieses Manifest deutscher Praktikabilität durchbrach nach 54 Jahren die schwedische Auto-Dominanz. 5,9 Prozent aller verkauften Autos waren im vergangenen Jahr nach Informationen des Branchenverbands Bil Sweden VW Golf. Trotz Schummel-Software-Skandal und Negativ-Schlagzeilen. Das tut weh. Mit 5,7 Prozent folgt Volvo zwar knapp dahinter - aber nur mit den Modellen V70, S90 und V90 zusammen.

Und als wäre das nicht schlimm genug, geschieht dies schon zum zweiten Mal in der Geschichte von Volvo. Denn es gab nur ein weiteres Jahr, in dem der schwedische Autobauer nicht an der Spitze der Neuwagencharts in seinem Heimatland stand. 1962 machte ausgerechnet ein weiterer Volkswagen den Schweden diesen Platz streitig. Der VW Käfer erklomm höchste Verkaufsdimensionen.

Ein Trost bleibt Volvo am Ende dieser 54 Jahre währenden Ära allerdings. Mit 21,5 Prozent des Gesamtmarkts sind sie auf der Straße immer noch die klare Nummer eins in Schweden. Doch bereits direkt danach folgen VW (15,7 Prozent) und Audi (7,3 Prozent).

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