Warum jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Betriebsrat ist
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Die Arbeitswelt ist im Umbruch: Digitalisierung, der Einsatz von KI, Fachkräftemangel und der anhaltende Wunsch nach flexibleren Arbeitsmodellen verändern den Arbeitsalltag vieler Menschen rasant. Gleichzeitig stehen viele Beschäftigte unter wachsendem Druck „von oben“: Überstunden, prekäre Arbeitsverhältnisse und unklare Karriereperspektiven führen zu verunsicherten, unsicheren und vermindert leistungsfähigen Mitarbeitern. Ein Betriebsrat kann hier entscheidende Unterstützung leisten – sei es durch den Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen, die Förderung von Weiterbildungsmöglichkeiten oder die Mitgestaltung fairer Arbeitszeiten. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen und demografischen Wandels ist es wichtig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine starke Stimme haben, die ihre Interessen vertritt und für faire Bedingungen sorgt.
Der Betriebsrat: Relevanter als man denkt
Die Einrichtung eines Betriebsrats bringt viele Vorteile für ein Unternehmen – dennoch ist das freiwillige Ehrenamt nicht in allen Betrieben angekommen. Untersuchungen des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigen, dass zwar etwa zwei Drittel der Mitarbeiter von Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten von einer Arbeitnehmervertretung repräsentiert werden, diese Zahl im Vergleich zu den Vorjahren aber rückläufig ist. In Kleinstbetrieben mit mehr als fünf, aber weniger als zehn Mitarbeitenden sind gar nur zwei Prozent aller Unternehmen durch einen Betriebsrat vertreten.
Die Aufgaben eines Betriebsrats sind vielfältig. So überwacht er die Einhaltung von Schutzvorschriften, gestaltet die Arbeitsbedingungen mit und setzt sich für viele Belange der Belegschaft ein. Durch besondere Schutzvorschriften, die für ihn gelten (beispielsweise ein besonderer Kündigungsschutz), kann diese Institution die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer effektiver durchsetzen als einzelne Kolleginnen und Kollegen, die bei unbequemem Auftreten um ihre wirtschaftliche Zukunft fürchten müssen.
Ein Betriebsrat sollte aber nicht als Mittel gegen den Arbeitgeber verstanden werden. Im Gegenteil: Auch das Management profitiert von dem zentralen Bindeglied zwischen Belegschaft und Geschäftsleitung. So führt ein aktiver Betriebsrat nicht nur zu einem gerechteren Arbeitsumfeld, sondern fördert auch die Produktivität und Innovationskraft eines Unternehmens. Er macht Unternehmen familien- und mitarbeiterfreundlicher und verringert die Fluktuation. Gerade in Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels ist dies ein wichtiger betriebswirtschaftlicher Vorteil.
Wer profitiert wirklich vom Betriebsrat?
„Ein Betriebsrat macht nur Ärger“, „So eine Mitarbeitervertretung kostet nur unnötig Geld“, „Nur unzufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen sich mit so etwas herumschlagen“... Rund um das Thema Betriebsrat ranken sich viele Gerüchte und Vorurteile, die sich hartnäckig in den Köpfen von Beschäftigten und Führungskräften halten. Dabei zeigt ein genauer Blick, dass viele Beschäftigtengruppen von der Gründung eines Betriebsrats profitieren können – auch dann, wenn sie sich in ihrem Unternehmen eigentlich gut aufgehoben fühlen.

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Nehmen wir zum Beispiel die 35-jährige Julia, Sachbearbeiterin in einem Logistikunternehmen. Sie liebt ihr Team und ihren Job. Aber: Steigende Treibstoffpreise und die anhaltende Inflation zwingen ihren Arbeitgeber, Personal abzubauen. Julia hat plötzlich Angst, ihren Job zu verlieren – und wendet sich an den Betriebsrat ihres Unternehmens. Was dann passiert? Der Betriebsrat kann Sozialpläne aushandeln, um betriebsbedingte Kündigungen abzumildern. Er kann auch Versetzungen oder Weiterbildungen als Alternativen vorschlagen. Kommt es schließlich doch zu betriebsbedingten Kündigungen, kann er sich für Abfindungen einsetzen. Das kann Julias Sorgen vielleicht nicht vollkommen aus der Welt schaffen, gibt ihr aber trotzdem ein Gefühl von Sicherheit zurück.
Altenpfleger Martin, 42, steht in seinem Job ebenfalls vor unerwarteten Herausforderungen. Aufgrund des Fachkräftemangels muss er immer mehr Überstunden leisten, eine faire Bezahlung oder zusätzliche freie Tage bleiben jedoch aus. Der Betriebsrat des Pflegeheims kann mit dem Arbeitgeber über bessere Arbeitszeitmodelle verhandeln und bei der Geschäftsführung auf eine faire Bezahlung oder einen Ausgleich der Überstunden drängen. Außerdem kann er sich für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal einsetzen, was Martin aktiv entlastet.

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Auch in einem technologieorientierten Start-up-Unternehmen kann der Betriebsrat wichtige Unterstützung leisten. Die 23-jährige Leonie ist Fachinformatikerin und fühlt sich in ihrem Betrieb sicher. Doch auch ihr Unternehmen kürzt in der aktuellen Wirtschaftslage Budgets. Lohnerhöhungen gibt es kaum, Überstunden werden erwartet, aber nicht bezahlt. Ein Betriebsrat kann mehr Transparenz in die Gehaltsstrukturen bringen und für faire Löhne sorgen. Auch die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern – durchschnittlich satte 16 Prozent im Jahr 2024 – fallen in Betrieben mit einer aktiven Mitarbeitervertretung in der Regel geringer aus. Darüber hinaus kann sich die Arbeitnehmervertretung für verbindliche Regelungen zu Überstunden und Homeoffice einsetzen und klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit ziehen. Das fördert die Work-Life-Balance und sorgt dafür, dass Leonie ihren Beruf auch langfristig ausüben kann.
Betriebsratswahl 2026: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um sich aufzustellen!
2026 stehen die nächsten turnusmäßigen Betriebsratswahlen an – eine Chance für Beschäftigte, ihre Arbeitsbedingungen aktiv mitzugestalten. Wer noch keinen Betriebsrat hat, sollte jetzt handeln, denn die Gründung einer Mitarbeitervertretung erfordert Planung, Engagement und rechtliches Know-how. Zu den ersten Schritten gehören die Organisation einer Wahlinitiative, die Sammlung von Unterstützern und die offizielle Einladung zur Wahlversammlung. Dabei gilt es, die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Unterstützung durch spezialisierte Anwälte oder Institute kann hier eine wertvolle Hilfestellung sein. Das W.A.F. Institut für Betriebsräte-Fortbildung bietet beispielsweise spezielle Kurse an, um Interessierte rechtzeitig auf die BR-Wahl 2026 vorzubereiten:
Wichtig ist: Betriebsrat oder Betriebsrätin kann jede und jeder werden! Spezielle Vorkenntnisse oder ein bestimmter Beruf sind für das Amt nicht erforderlich. Entscheidend sind vor allem das Interesse an den Anliegen der Belegschaft und der Wille, sich aktiv für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. Ein Betriebsrat sollte immer die gesamte Belegschaft widerspiegeln und verschiedene Berufsgruppen vertreten.
Um die Ausübung dieser wichtigen Funktion zu erleichtern, sind Betriebsräte gesetzlich besonders geschützt. Sie haben Anspruch auf Schulungen, um sich das nötige Wissen anzueignen, haben einen Kündigungsschutz und können für ihre Betriebsratsaufgaben von der regulären Arbeit freigestellt werden. Gleichzeitig bringt das Amt viel Verantwortung mit sich: Ein Betriebsrat muss stets die richtige Balance zwischen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung und der Vertretung der Interessen der Beschäftigten finden. Manchmal verlangt diese Gratwanderung einiges an Fingerspitzengefühl und gute Nerven.
Trotz der Herausforderungen ist das Betriebsratsamt besonders spannend und wertvoll, denn es bietet Einblicke in innerbetriebliche Abläufe und vermittelt wichtige Kompetenzen in den Bereichen Recht, Kommunikation und Verhandlungsführung. Wer sich ehrenamtlich engagieren möchte, kann dies ohne besondere Vorkenntnisse tun. Die nötige Unterstützung und Weiterbildungsmöglichkeiten stehen bereit.
Jetzt ist die richtige Zeit, aktiv zu werden! Die Gründung eines Betriebsrats stärkt nicht nur die Belegschaft, sondern macht das Unternehmen langfristig attraktiver für Fachkräfte und sorgt für eine nachhaltige und faire Unternehmenskultur. Trotzen Sie den wirtschaftlichen Herausforderungen und der Krise und nutzen Sie Ihre Stimme!
W.A.F. Institut für Betriebsräte-Fortbildung
Blumenstraße 3
82327 Tutzing
Telefon: 0 81 58/9 97 20
E-Mail: mail@waf-seminar.de
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