Switch zur Ausbildung
Ausbildung statt Studium ist eine Alternative mit besten Aussichten. IT-Fachleute werden beispielsweise in allen Branchen gesucht. Foto (generiert mit KI): Adobe Stock
Die Zeiten ändern sich bekanntlich gerade gewaltig, auch im Hochschulstudium. „Wenn ich fünf bis zehn Jahre zurückdenke, dann gab es an Hochschulen noch keine ‚Fuckup-Night‘ oder eine ‚Woche des Studienabbruchs‘“, sagt Lucie Großstück, Forschungsreferentin Berufliche Bildung beim Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK) und Projektleiterin von „Switch zur Ausbildung“.
Die Zahl der Studierenden, die mit ihrer Entscheidung unzufrieden sind, Schwierigkeiten im Studium haben, exmatrikuliert werden oder aufgeben, bleibt kontinuierlich hoch. Um dem entgegenzuwirken, haben die neun bayerischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) das Projekt „Switch zur Ausbildung“ ins Leben gerufen, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Seit März ist die Webseite online, und wer sich über „Studienabbruch“ informiert, wird relativ rasch auf den bunten Seiten mit den provokanten Überschriften landen.
Gleich auf der Startseite trifft man auf Konstanze Kindhammer und Thomas Englhart, die zu allen Fragen rund um Ausbildung statt Studium beraten. Obwohl sich Studienabbrecherinnen und -abbrecher vor Freunden oder Familie häufig schämten, merke man bei diesen Einzelberatungen tatsächlich keine Hemmschwelle, berichtet Kindhammer. „Die meisten erzählen viel, wahrscheinlich weil wir Außenstehende sind. Was warum schiefgelaufen ist, auch private Hintergründe. Diese Offenheit hilft uns sehr, weil wir so gleich herausfinden, was beim Studium nicht funktioniert hat. Damit fallen auch bestimmte Ausbildungen weg.“ Die meisten Beratungen finden online im Rahmen eines Teams-Meetings statt, sind aber auch anonym am Telefon möglich. Dazu kommt eine Serie von öffentlichen Online-Meetings unter dem Namen „SwitchLive“. Direkt treffen kann man das Beraterteam beispielsweise auf der Messe „Einstieg München 2024“ am 22./23. November 2024 im MOC München. Ersttermine dauern in der Regel eine halbe bis eine Stunde. Manchmal genügt das bereits, doch man darf so oft kommen, wie Bedarf besteht. Der Kontakt muss jedoch immer von den Ratsuchenden ausgehen. „Wir laufen niemandem nach und kontrollieren auch nichts. Wir sagen nur: Wenn es noch etwas gibt, melde dich jederzeit wieder“, so Englhart. Wichtig ist dem Dreierteam von „IBIzA“ (Informations-, Beratungs- und Innovationszentrum zu Alternativen für Studienzweifler/innen) dabei zu betonen, dass es sich bei ihrem Angebot nur um Beratungen, aber nicht um Stellenvermittlung handelt. Dafür seien andere Institutionen da, etwa die Arbeitsagenturen.

Das Team hinter „Switch zur Ausbildung“: Konstanze Kindhammer, Lucie Großstück und Thomas Englhart (von links). Foto: IHK München/Tobias Hase
„Es gibt genug Unternehmen, die genau auf der Suche nach jungen Leuten wie Dir sind“, so formuliert Lucie Großstück die Botschaft des Projekts. Quer durch die Branchen leiden Betriebe bekanntlich unter Fach- und Arbeitskräftemangel, während bei Studienzweiflern der Bedarf an Neuorientierung besteht. Eigentlich ein perfektes Match, doch müssen beide Seiten erst einmal zueinander finden. Auch dafür hat „Switch“ eine Lösung: Im Menüpunkt „Finde dein Unternehmen“ gibt es eine beeindruckende Auswahl von Firmen mit direkten Ansprechpartnerinnen und -partnern. Eine von ihnen ist Daniela Etterer, Ausbildungsleiterin der Vitesco Technologies in Regensburg, die seit etwa zehn Jahren Erfahrung mit Studienabbrechern hat. Gerade hätten zwei Studienumsteiger ihre Ausbildung als Fachinformatiker begonnen, berichtet sie. „Viele sind froh, aus der starren Theorie heraus in die Praxis zu kommen. Da das selbstorganisierte Lernen an der Uni nicht so einfach ist, tun manchen die Strukturen in Lehrwerkstatt, Betrieb und Berufsschule einfach gut.“
Apropos Berufsschule – das ist häufig eine der ersten Fragen, an das Switch-Team – zusammen mit „Bin ich nicht schon zu alt?“ oder „Startet das Ausbildungsjahr nicht am 1. September?“ Bei all diesen Themen können die beiden Berater Entwarnung geben. Der Start des Ausbildungsjahrs zum 1. September ist zwar durch die Berufsschule vorgegeben. Eine Ausbildung kann man aber trotzdem auch im November, Dezember oder sogar später – in Absprache mit dem Ausbildungsbetrieb sogar das ganze Jahr über – beginnen. „Die Betriebe sind flexibel, viele bieten auch eigene Blockveranstaltungen zum Theorieunterricht an.“, weiß Englhart. Für Azubis mit (Fach-)Abitur oder akademischer Vorbildung gibt es zudem die Möglichkeit, die Ausbildung zu verkürzen. Diese „Kann-Regelung“ lässt Verkürzungen der Ausbildungszeit um bis zu zwölf Monate zu.
Dem Switch-Team gehe es nicht um schnelle Notlösungen in punkto Erstausbildung, sondern um eine umfassendere Karriereberatung, betont Großstück. „Welcher Beruf passt zu dir, wie sieht eine mögliche Karriere danach aus? Was man im Verkauf lernt, weiß jeder. Dass man danach den Handelsfachwirt oder – ohne Studium und Unibesuch – eine Fortbildung zum Bachelor Professional beispielsweise in Marketing oder Foreign Trade machen kann, dass es sogar weitere Fortbildungen auf Master-Niveau gibt, das wissen die wenigsten. Da gibt es in der Beratung häufig überraschte Gesichter.“
Margrit Amelunxen
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