Anzeigen-Spezial
4 – Die IAA 2021 in München
Jürgen Mindel vom VDA und Gerhard Böschl vom Automobilforum Kuttendreier sehen der IAA MOBILITY 2021 in München mit Spannung entgegen. Für sie bleibt das Auto ein Eckpfeiler für individuelle Mobilität, die zusammen mit anderen Verkehrsmitteln gedacht und gelebt werden muss. Fotos: The Point of View Photography
Jürgen Mindel – Warum sollte es nicht mehr zeitgemäß sein, über moderne Formen von Mobilität zu diskutieren und sie in Teilen auch erlebbar zu machen? Die IAA MOBILITY wird das modernste und größte Mobilitätsevent der Welt und passt doch genau in die Zeit, denn Europa hat sich zum Ziel gesetzt, der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden. Dabei kommt dem Verkehr insgesamt eine wichtige Rolle zu. Automobil, Fahrrad, ÖPNV, ebenso wie Digitalisierung und Stadtplanung – wir bringen in München im September zusammen, was morgen selbstverständlich zusammen gedacht und auch gelebt werden muss. Zum Beispiel sprechen wir über mehrere Tage hinweg mit einem internationalen Publikum darüber, wie sich Mobilität in der Stadt sowie im ländlichen Raum verändern wird. Die Weiterentwicklung der IAA von einer reinen Auto-Show, auf der Fahrzeuge präsentiert werden, hin zu einer Plattform, auf der ganzheitlich über Mobilität diskutiert wird, ist sogar dringend notwendig. Deshalb heißt sie ja auch IAAMobility. Natürlich wird in diesem und auch noch in den nächsten Jahren das Auto die zentrale Rolle spielen, aber der Weg zur Mobilitätsmesse ist klar. Dass wir mit dem Konzept erfolgreich sind, kann man daran erkennen, dass die IAAMobility2021 enormen Zuspruch aus dem Bike-Bereich hat.
Werden Sie mit diesem Konzept ebenso viele Besucher anziehen wie zu Frankfurter Zeiten?
Jürgen Mindel – Die Zahlen von 2019 und 2021 wird man aus zwei Gründen nicht miteinander vergleichen können. Der eine Grund ist die Corona-Pandemie, denn dadurch fehlen uns allein schon die Besucher aus Asien und Nordamerika. Der andere Grund ist das Ticketing. In Frankfurt hatten wir ein klar abgegrenztes Messegelände, für das wir Eintrittskarten verkauft haben. In München haben wir – je nachdem, wie es die dann geltenden Corona-Regeln zulassen werden – offene Flächen, bei denen wir die exakten Besucherzahlen gar nicht erfassen können. Jeder, der während der IAA in die Münchner Innenstadt zum Einkaufen fährt, kann hinterher noch einige Messestände oder eine Diskussionsrunde besuchen. Das Interesse an der IAA ist nach wie vor groß, und die Rückkehr von Renault mit einer großen Ausstellungsfläche zeigt, dass die Hersteller diese Neuausrichtung mittragen und sogar verlangen.
Für Jürgen Mindel, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA), ist die IAA Mobility in München ein zeitgemäßes Forum, um moderne Formen von Mobilität zu erleben.
„DIE WEITERENTWICKLUNG DER IAA VON EINER REINEN AUTO-SHOW HIN ZU EINER PLATTFORM, AUF DER GANZHEITLICH ÜBER MOBILITÄT DISKUTIERT WIRD, IST DRINGEND NOTWENDIG.“
Gebhard Wulfhorst – Ich halte den Dialog über die Zukunft der Mobilität für überaus wichtig und deshalb freue ich mich darüber, dass die IAA sich in diese Richtung öffnet. Deshalb nimmt die TUM sowohl an Veranstaltungen der IAA als auch an dem städtischen Mobilitätskongress teil, wir bringen uns in die Diskussion ein. Wir entwickeln uns auch selbst weiter, in dem wir die klassischen Fakultätsstrukturen auflösen und ein neues Department Mobility Systems Engineering einrichten, in dem sowohl die Fahrzeugtechnik als auch die Verkehrs- und Stadtplanung miteinander in Kontakt sind. Wenn wir Mobilität in Zukunft ganzheitlich angehen wollen, werden wir auch die Informatik, die Wirtschafts- und die Politikwissenschaft miteinbeziehen müssen. Die europäische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet ist von großer Bedeutung, denn schließlich stehen alle Ballungsräume vor denselben Problemen. So einen integrativen Ansatz verfolgt die EU mit der Initiative EIT Urban Mobility des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (EIT). Seit Januar 2019 werden dort Informationen gesammelt, Konzepte entwickelt und Innovationen gefördert, um die wachsenden Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen und die Lebensqualität in den Städten zu steigern.
„WENN WIR MOBILITÄT IN ZUKUNFT GANZHEITLICH ANGEHEN WOLLEN, WERDEN WIR AUCH DIE INFORMATIK, DIE WIRTSCHAFTS- UND POLITIKWISSENSCHAFTEN MITEINBEZIEHEN MÜSSEN.“
Ein ganzheitlicher Ansatz wäre auch ein Mobilitätsbudget, das jeder Bürger erhält und das er nach Belieben für Carsharing, Scootersharing oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann. Woran scheitern solche Ideen?
Gebhard Wulfhorst – Dazu benötigt man die digitale Integration dieser Angebote auf einer Plattform, um sie miteinander kombinieren zu können. Und es braucht die physische Nutzbarkeit. Die Apps auf dem Smartphone zu haben, ist die eine Seite der Medaille. An den Mobilitätsstationen in den Quartieren dann auch tatsächlich ein Auto, einen Scooter oder ein Fahrrad verfügbar zu machen, ist das andere.
Bernd Rosenbusch – Diesen Bedarf für ein Mobilitätsbudget zu kalkulieren, ist unheimlich schwierig. Eine finnische Firma hat das einmal versucht und ein Mobilitätsbudget für verschiedene Verkehrsmittel zur Verfügung gestellt. Und was haben die Leute gemacht? Sie sind alle mit dem Taxi gefahren, weil der hohe Preis für die Bequemlichkeit auf einmal weg war. Da war das Budget von 800 Euro natürlich ganz schnell weg. Trotzdem ist der Weg richtig, Mobilität als Service zur Verfügung gestellt zu bekommen, anstatt möglichst viele Verkehrsmittel selbst zu besitzen. Die Budgets dafür werden kommen. Vermutlich zuerst in den Unternehmen, weil das leichter abgrenzbar ist. In Zukunft ist das dann für alle denkbar. Am Anfang steht die Mobilitätsplattform mit der Integration aller Verkehrsmittel, da kommen wir gut voran.
Wolfgang Fischer – Wie schwer die für solche Projekte notwendige Kooperation zu erreichen ist, kennen wir aus anderen Bereichen. Trotz mehrerer Anläufe ist es bis heute nicht gelungen, eine gemeinsame Eintrittskarte für alle Museen in München auf die Beine zu stellen. Den Besuchern ist es egal, ob ein Museum dem Freistaat oder der Stadt gehört, die hätten gerne ein Ticket für alle Museen. Das gleiche gilt für die Mobilität in München. Es kann nicht sein, dass man am Ende 25 Apps braucht, um die verschiedenen Angebote nutzen zu können.
Wolfgang Fischer, Geschäftsführer der Unternehmensinitiative CityPartnerMünchen e.V., weiß, wie schwer manchmal selbst vielversprechende Kooperationsprojekte umzusetzen sind.
Jürgen Mindel – Vor allem wenn man als Tourist dann noch je 25 weitere Apps für Berlin, Stuttgart oder Hamburg benötigt.
Robert Klug – Die Einrichtung gemeinsamer Plattformen scheitert allerdings oft am Datenschutz oder an dem berechtigten Interesse der Unternehmen, die Daten der eigenen Kunden nicht an andere weiterzugeben.
Bernd Rosenbusch – Aus diesem Grund ist eine Kooperation des MVV mit einem großen Autovermieter gescheitert, dessen Autos über unsere App buchbar gewesen wären. Der einzige Weg, der zu solchen Kooperationsmodellen führt, ist der Verbleib der Daten beim Endkunden. Daher ist ein aktuelles Pilotprojekt der Bundesdruckerei so interessant. Mit der Self Sovereign Identity verbleiben die Kundendaten beim Kunden, der sich trotzdem mit einer Kennung auf verschiedenen Plattformen sicher einloggen kann. Damit könnte jedes Unternehmen eine eigene App unterhalten, aber der Aufwand für den Endkunden wäre trotzdem gering, weil er mit denselben digitalen Zugangsdaten alle mobilen Angebote nutzen kann.
Jacob Neuhauser
Das könnte Sie auch interessieren
Runder Tisch – Mobilität der Zukunft
Neue Mobilitätskonzepte und Antriebe müssen her, wenn der Verkehrsinfarkt vermieden und die Klimaschutzziele erreicht werden sollen. Das geht nicht ohne Autos.
Aber sie sollten künftig intelligenter eingesetzt werden.