Schneller mit Daten
Foto: Capgemini
Die einen sorgen sich über die wachsende Datenflut, die anderen verdienen damit Geld. Wie halten Sie es mit „Big Data“?
Christopher Wolf – Privat wie beruflich bin ich überzeugt: Der Blick auf Daten, meine eigenen und solche aus frei zugänglichen Quellen, bringt mich weiter. Für Unternehmen öffnen sich damit sogar ganz neue Perspektiven. Wenn die Ziele klar sind, die Rahmenbedingungen stimmen, die Infrastruktur und das Know-how vorhanden sind, können sie mit Daten sehr viel bewegen.
Wissen das die Unternehmen?
Christopher Wolf – Längst nicht alle. Zwei von fünf Unternehmen trauen sich unserer Recherche zufolge den echten Schritt zur Digitalisierung nicht zu. Sie bezweifeln, dass sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Bei genauem Hinsehen löst sich dieses Argument meist in Luft auf. Denn kein Unternehmen arbeitet in einem datenfreien Raum. Die Basis ist also da. Außerdem kann man ja auch mit „Small Data“ beginnen, also zunächst einzelne Aufgaben mittels Daten lösen und dann nach und nach die Datenströme vernetzen.
Daten stecken ja überall, in der Buchhaltung, im Vertrieb, im Einkauf… Wo fängt man an?
Christopher Wolf – Das hängt davon ab, wie systematisch ein Unternehmen bislang mit Informationen vom Markt, von Kunden und Mitarbeitern umgeht. Wer beispielsweise seinen Lagerbestand automatisch überwacht, seine Kundendaten akribisch auswertet oder Prognosetechniken einsetzt, der arbeitet schon datenorientiert. Und er tut es deshalb, weil der Erfolg den Aufwand rechtfertigt.
Konkret: Wie kann man sich Daten als Wissensträger zunutze machen?
Christopher Wolf – Wir nutzen immer ausgefeiltere Methoden und Tools, um Daten zu erzeugen, zu verarbeiten, darzustellen und zu analysieren. Wir alle wissen, dass man mit Daten zurückliegende und aktuelle Geschehnisse erklären und begründen kann. Doch mit wachsendem Wissen aus Daten lassen sich auch zukünftige Ereignisse leichter und präziser vorhersagen. Und das sind die wirklich wichtigen Informationen. Um gut im Geschäft zu bleiben, muss man wissen, wohin der Wind weht. Aus den richtigen Daten kann man das ablesen und damit den Mehrwert im eigenen Unternehmen greifbar machen. (Siehe Grafik, d. Red.)
Reichen dazu die betrieblichen Daten aus, sagen wir: aus der Buchhaltung?
Christopher Wolf – Nicht im Detail. Aber es wird deutlich, in welche Richtung sich ein Unternehmen verändern muss. Bisher wurden Changeprojekte von der Vision des Wandels, von Zielen und Maßnahmen bestimmt. Wenn man aber schon bei der Planung den Datenschatz im Unternehmen dazu nimmt, dann bekommt man eine breitere Informationsbasis. Was an Branchendaten oder Benchmarks fehlt, kann man beschaffen. Dabei lässt sich mit Daten die Erfolgswahrscheinlichkeit einzelner Maßnahmen oder sogar des gesamten Vorhabens besser vorhersagen. Laut unserer aktuellen Changestudie steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit von Veränderungsprojekten in datengesteuerten Unternehmen um 23 Prozent. Wenn man sieht, wie viele Changevorhaben scheitern, ist das eine ganze Menge.
Veränderungen schaffen Unruhe im Betrieb. Wird das durch Datensammeln besser?
Christopher Wolf – Ja, wenn man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erklärt, warum man so vorgeht: Wir tragen Daten zusammen, weil wir den richtigen Weg gehen wollen. Dann kann man auch die Notwendigkeit der Veränderung und den Einsatz der gewählten Mittel plausibel begründen und Menschen überzeugen, den Weg mitzugehen.
Für das, was Sie gerade aufgezählt haben, braucht man jede Menge IT-Spezialisten. Woher sollen die kommen?
Christopher Wolf – Die kommen von selbst. Wenn ein Unternehmen seine Informationstechnik zur Antriebskraft erklärt, zieht das fähige IT-Fachkräfte geradezu an. Für unsere Studie haben 86 Prozent der Mitarbeitenden angegeben, dass sie in datengesteuerten Unternehmen mehr Einfluss auf den Wandel haben – auch deshalb, weil der „Nasenfaktor“ ausgeschaltet ist. Überdies streben fast alle Menschen nach Anerkennung ihres Wissens und ihrer Arbeit. Allerdings ist es entscheidend, dass das Unternehmen über reine Lippenbekenntnisse hinausgeht und tatsächlich Taten folgen lässt. Müssen sie bei jeder Entscheidung eine fünffache Absicherung und die Zustimmung von vier verschiedenen Personen einholen, werden qualifizierte Fachkräfte schnell das Weite suchen – verständlicherweise. Unternehmen, die es mit dem Wandel ernst meinen, befähigen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu, eigenständig, eigenverantwortlich und mit einem klaren Ziel zu agieren.
Karen Engelhardt
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