Wer einmal die Blütenfesttage „Lana blüht“ in Lana und Umgebung erlebt hat, besucht sie immer wieder. Rund 1,8 Millionen Apfelbäume fangen an zu blühen – ein überwältigendes Schauspiel! Das in der Regel von Ende März bis weit in den Mai zu bewundern ist. Fast alle bekannten Apfelsorten werden rund um Lana angebaut: vom früh blühenden Gala über Elstar und Granny Smith bis zu Golden Delicious, „das Flaggschiff für den Südtiroler Obstbau“, wie man dort sagt. Den Höhepunkt bildet zweifelsohne das „Blütenhöfefest“ am Sonntag, 13. April 2025, an dem viele historische Höfe ihre Tore öffnen und ihre flüssigen und festen Schätze anbieten. Ein weiterer Renner: die „Bäuerliche Genussmeile“ am Samstag, 26. April 2025, mitten in Lana, mit mehr als fünfzig Ständen der örtlichen Landwirte, mit Fleisch- und Milchprodukten, Obst- und Spargeldelikatessen, Destillaten, Weinen sowie Kräuterspezialitäten und Honig.
So groß das Obstanbaugebiet Lana auch ist, macht es indes nur fünf Prozent der Südtiroler Obstflächen aus. Außer den oben genannten „Supermarktäpfeln“ gedeihen auch viele andere Arten im milden Südtiroler Klima, darunter Birnen, Zwetschgen, Kirschen, Marillen sowie seltene Arten wie Quitten oder auch Mispeln.
Foto: Lanaregion.it/Patrick Schwienbacher
So ist Obervinschgau für seine „Palabira“ berühmt – die Palabirne, in Süddeutschland besser bekannt als „Sommerapothekerbirne“. Das mittelalterliche Städtchen Glurns gilt als Zentrum der Palabira-Kultur. Unter anderem wegen seiner Palabira-Tage Anfang September, die Kulinarisches mit Musik und Literatur verbinden. Mit gut 900 Metern liegt Glurns deutlich höher als Lana (300 Meter).

Eine Südtiroler Obstbesonderheit: die Palabirne, bei uns besser als Sommerapothekerbirne bekannt. Foto: Horst Kramer
Entsprechend später setzt die Blüte ein, zirka von Ende April bis Ende Mai, je nach Lage. Wobei der Palabirnbaum ausgesprochen robust ist und sehr alt werden kann. Klar, dass sich die Südtiroler Obstprofis auch auf Williams-Christ-Birnen verstehen. Zum Beispiel rund um Meran. Wer ein Auge für Birnen hat, wird dort auch Butterbirnen entdecken; sie öffnen ihre Blüten je nach Frühlingsfortschritt manchmal schon Anfang April. In höheren Regionen wie dem Grödnertal Tal etwas später.

Eine Zwetschgenblüte. Foto: Horst Kramer
Je höher der Ort, desto später die Blüte
Im Eisacktal findet sich ein Ort, der sich auf den Zwetschgenanbau und deren Verarbeitung spezialisiert hat: Barbian (800 Höhenmeter) ruft regelmäßig seine „Zwetschken-Wochen“ aus, zumeist Anfang September. Die Barbianer Zwetschke (im Südtirol mit k geschrieben) gilt als sehr alte eigene Sorte. Sie ähnelt von der Form und vom Geschmack her unserer Hauszwetschge (Prunus domestica subsp. domestica). Die Einwohner von Barbian haben ihrem Lieblingskernobst einen eigene Wandertour gewidmet, den „Zwetschkenweg“. Er führt von der Ortsmitte 2,5 Kilometer zwischen Zwetschgen- und Kastanienbäumen hindurch. Ein Dutzend Infotafeln klärt über die lange Geschichte und die kulinarische Gegenwart dieser besonderen Pflaume auf.
Wie die Zwetschge zählt auch die Marille zur Gattung der Prunus-Gewächse; in deutschen Geschäften heißt sie Aprikose. Ihre lateinische Bezeichnung (Prunus armeniaca) deutet auf ihren Ursprung im Kaukasusland Armenien hin. Dass sich die Marille im Vinschgau auf Höhen bis zu eintausend Metern wohl fühlt, ist mithin nicht verwunderlich; wie in der Umgebung der Marmorkommune Laas, vierzig Kilometer westlich von Meran. Frucht und Gestein werden mit einem gemeinsamen Fest namens „Marmor und Marillen“ gefeiert, heuer am Wochenende des 2. und 3. August. Die Blütezeit variiert von März bis April. Am Latschanderwaalweg oberhalb von Goldrain standen vor einigen Jahren zwei prächtige Marillenbäume, unweit einer Palabirne. Wie es dem Trio heute ergeht, wissen wir leider nicht. Die Wanderung ist wegen seiner tollen Aussichten indes immer empfehlenswert.
Kirschblüte am Schlern
Die Kirschblüte lässt sich indes an der Südtiroler Weinstraße bei Penon oder rund um Völs am Schlern genießen. Dort werden Süßkirschsorten wie Kordia und Regina gehegt und gepflegt; sie blühen zumeist im April. Weil Südtirol ein Paradies für fast jede Obstsorte ist, wurden hier einst auch Mispeln und Quitten angesiedelt. Die Mispeln (Mespilus Germanica, nicht zu verwechseln mit den Misteln, Viscum) werden in Südtirol Nespelen genannt. Der Baum ist anspruchslos und resistent. Die Frucht verfügt (nach längerer Lagerung) über einen angenehm erfrischenden, säuerlichen Geschmack, sowohl roh als auch eingekocht. Mispeln schätzen Höhenlagen bis zu 800 Metern, sie blühen im Mai und Juni. Dass man in Südtirol auch Quitten liebt, zeigen Spezialitäten wie der Quittenbrand und das Quittenbrot, eine Süßigkeit, die aus Quittengelee gezaubert wird. Quittenbäume leben unter anderem rund um Meran, im Eggnertal und an der Etsch, südlich von Kaltern. Ihre kleinen weißen Blüten sind ab Ende April zu sehen.

Im Obstbaumuseum erfährt der Besucher vieles zur Kulturgeschichte des Apfels. Foto: Lanaregion.it/Benjamin Pfitscher
Zurück zu den Äpfeln. In Lana werden auch traditionelle Apfelsorten wie der Morgenduft gezüchtet. Zudem haben in ganz Südtirol alte Sorten wie der Tiroler Spitzlederer in Bauerngärten und auf Streuobstwiesen ihre Refugien gefunden. Mehr Informationen zur Geschichte des Apfels sind im Lanaer Obstbaummuseum zu finden.
Horst Kramer
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