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Vegane Küche

Fleischlos und fein

Foto: Hansi Heckmair

Der Münchner Profikoch Sebastian Copien verrät seine Lieblingstricks für vegane Vollmundigkeit

Der gebürtige Münchner Sebastian Copien ist ein erfahrener Profikoch, Bestseller-Kochbuchautor und Surfer. Als Meister der veganen Küche vermittelt er in Seminaren, bei Show-Kochevents, Kochkursen und auf seinen Social-Media-Kanälen seit über 16 Jahren die Einfachheit und Qualität guter pflanzenbasierter Küche – vom einfachen Gericht bis zu Fine Dining. In seiner Eventlocation „Copien’s Kitchen“ in Grünwald spricht er über Wohlfühlessen mit ganz viel Umami, ob man von vegan überhaupt satt wird und seine Pläne, schon bald ein Restaurant in München zu eröffnen.

Der Münchner Vegan-Koch Sebastian Copien

Der Münchner Vegan-Koch Sebastian Copien. Foto: Tim Marcour

Herr Copien, was ist gutes veganes Essen?
Sebastian Copien: Dafür möchte ich den Begriff vegan tatsächlich erst einmal weglassen. Gutes Essen ist für mich wirklich gut gekochtes Essen mit vielen klassischen, aber auch modernen Techniken. Mit tollen und sehr frischen Lebensmitteln. Kurz gesagt: Essen, das einfach Freude macht, Emotionen auslöst. Genau das ist auch mein Ansatz, wenn ich vegan koche: Ich möchte geschmackliche Assoziationen und Emotionen wecken. Zum Beispiel ein Gulasch – das muss kräftig angeröstet und immer wieder deglaciert werden. Mit vielen guten Gewürzen. Dann soll es lange und sanft schmoren. Und solche Geschmäcker, die man eher mit der Fleischküche verbindet, kann man – wenn man das Handwerk beherrscht – auch sehr gut pflanzlich erzeugen. Das macht manchmal auch ein bisschen mehr Arbeit. Mit Knochen bekommt man zum Beispiel einfacher eine schöne Sauce hin. Aber auch für die vegane Variante gibt es Tricks – zum Beispiel viele Röstaromen durch sehr lange Garzeiten zu erzeugen und Lebensmittel zu verwenden, die den Umami-Faktor ins Gericht bringen.

Wird man denn überhaupt satt mit veganem Essen?
Wird man, hundertprozentig. Bei mir ist noch nie irgendjemand hungrig heimgegangen, weil ich selbst so ein verfressener Mensch bin (lacht). Also ich würde jedenfalls von einem Teller Ofengemüse mit Quinoa nicht satt werden. Das macht mich auch nicht glücklich – ich brauche immer dieses runde, volle Geschmackserlebnis. Vom Wesen her bin ich eigentlich eher ein Fleischfresser. Ich versuche deswegen, eben diese Fülle mit Pflanzen zu kreieren – und das klappt ganz hervorragend.

Blumenkohl

Koji, ursprünglich aus der japanische Küche, macht aus Blumenkohl etwas ganz Besonderes. Foto: Hansi Heckmair

Wie genau funktioniert diese Fülle in der veganen Küche?
Dafür muss ich das Umami pflanzlich erzeugen. Ich verwende viel getrocknete Tomaten, getrocknete Pilze, Kapern oder Kombualgen. Und Hefeflocken. Ein weiterer Umami-Faktor ist die Fermentation – etwa fermentiertes Kimchi. Wenn man das klein schneidet und anröstet, bekommt man eine unglaubliche Tiefe ins Gericht. Gamechanger sind auch Miso oder Koji, das Basisferment für Sojasauce. Sehr interessant ist auch, Kohlpflanzen oder Gemüse mit Koji einfach mal ein, zwei Tage anfermentieren zu lassen. Dadurch entsteht ein enzymatischer Prozess, der das komplette Spiel verändert. Wenn ich dann so einen Blumenkohl vorbereite, ihn kurz andämpfe, in einer schönen veganen Butter arrosiere, mit Bröseln aus knusprigem Räuchertofu garniere und noch eine Gremolata obendrauf gebe, wird das ein perfektes Gericht. Dazu gibt es natürlich noch eine herrliche Soße mit Calvados. Bei diesem Gericht sagen übrigens alle, dass das der beste Blumenkohl wäre, den sie je gegessen haben.

Und es gibt sicherlich noch weitere Tricks?
Ja, Faktor Nummer zwei ist das Fett. Das vergessen viele Köche immer ein bisschen im veganen Bereich. Wenn ich die gleiche Mundfülle wie bei einem „normalen“ Gericht hinbekommen will, muss auch ordentlich Fett dazu. Im Prinzip sind das dann klassisch die normalen, natürlichen, pflanzlichen Fette, also Kürbiskernöl, Olivenöl, gutes Rapsöl. Es gibt inzwischen eine enorme Vielfalt bei pflanzlichen Fetten – als ich angefangen habe, da gab es Sojamilch und vielleicht eine Hafermilch im Regal. Jetzt gibt es beispielsweise auch sehr gute vegane Butter. Protein ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, das macht satt und glücklich. Ich arbeite viel mit Hülsenfrüchten aber auch Tempeh und Tofu als Proteinquelle: Tofu halb neutral und halb geräuchert, die ich in speziellen Techniken und Verfahren so zubereite, dass sie komplett die Konsistenz verändern. Das kocht dann in meiner Bolognese auch mindestens sechs Stunden, gerne auch den ganzen Tag und hat schon vielen Tausend Menschen viel Freude bereitet.

Fine Dining ist auch vegan möglich

Fine Dining ist auch vegan möglich, wie die Gerichte, unter anderem dieser „Vlobster“ von Sebstian Copien zeigen. Foto: Hansi Heckmair

Ich oute mich jetzt einfach mal: Ich liebe den Geschmack von Fleisch… Was würden Sie mir denn kochen?
Zum Beispiel meine Bolognese. Ich bin mit Bolognese aufgewachsen und habe mit zwölf meine erste gekocht. Ich habe sie schon in frühen Jahren relativ gut perfektioniert, damals noch mit Fleisch. Und natürlich war es mir wichtig, das Ganze dann auch vegan umzusetzen. Wenn ich sie mit frischer Pasta serviere und 100 Leuten vor die Nase setze, würde kein einziger danach fragen, ob die vegan ist – eben, weil sie diese Mundfülle hat. Es muss einfach so gut sein, dass überhaupt gar nicht diskutiert wird, ob das vegan ist oder nicht. Wenn man als Fleischliebhaberin essen geht, würde ich aber von Fleischersatzgerichten erst mal abraten. Man hat hier den Direktvergleich und ganz oft hält das vegane Gericht nicht mit. Es macht zwar den vegan lebenden Menschen glücklich, weil es auch an früher erinnert. Aber wenn man den direkten Vergleich hat, ist die Chance leider zu groß, dass man enttäuscht ist. Ich würde eher gemüsebasierte Gerichte empfehlen, wie zum Beispiel das Blumenkohlgericht wie oben beschrieben.

Wenn ich Lust auf etwas Gegrilltes hätte, geht das auch?
Es gibt eine wirklich kreative Gemüse-Grillküche, zum Beispiel mit Karotten: Da nehme ich einen ganzen Bund, den gare ich nur an, dann wird er über Nacht mit Koji nochmal ein bisschen anfermentiert, man könnte auch Miso nehmen. Dann wird er mit ein bisschen Öl und noch einem schönen BBQ-Rub fast schwarz gegrillt. Dazu ein Chimichurri – das ist einfach der Knaller. Wenn man die eigentliche Beilage zum Star macht und richtig gut zubereitet, ist das tatsächlich eine Alternative zum Steak.

Wie sind Sie eigentlich zum Kochen gekommen?
Meine Mutter hat als Köchin gearbeitet – und ich stand, seit ich sechs Jahre bin, immer irgendwie in der Küche mit drin. Zum professionellen Kochen kam ich erst relativ spät über ein paar verschlungene Wege, habe mit Caterings begonnen für bis zu 300 Gäste, dann kamen Kochkurse und Team-Events dazu, weil mir die Arbeit mit Menschen sehr viel Freude macht. Zur veganen Küche kam ich durch meine Freundin, die damals vegetarisch unterwegs war. Relativ schnell habe ich für mich dann entschieden: Vegetarisch ist gut, aber es ist trotzdem noch Teil des Systems, das ich nicht mittragen möchte. Nachdem ich auf vegan umgestiegen bin, sind auch gut 90 Prozent meiner Stammkunden weggebrochen, aber ein paar sind dageblieben und fanden es trotzdem gut. Und dann sind schnell ganz viele neue hinzugekommen.

Was inspiriert Sie am meisten, wenn Sie neue Rezepte entwickeln?
Die Saison auf jeden Fall. Ich habe vor neun Jahren eine Ausbildung zum Permakulturpraktiker gemacht und lange Zeit selbst in einem Garten Nähe der Thalkirchner Straße Gemüse angebaut. Das Gemüsebeet gibt unglaubliche Inspiration – wenn man sieht, was gut zusammenwächst, also etwa Fenchelblüte und Gurke in einem Beet, schmeckt das auch supergut zusammen. Und ich habe sehr viele Pflanzen kennengelernt, die man im normalen Supermarkt nicht bekommt, die aber kulinarisch unglaublichen Mehrwert haben. Etwa Grünkohl, das gehört erstmal nicht zu meinen Lieblingsgemüsen, aber wenn er als zweijährige Pflanze im Frühjahr wieder anfängt zu schießen, gibt es sehr knackige Schößlinge – eine absolute Delikatesse. Und dann sind es noch die bereits angesprochenen Fette und vor allem Proteine, die ich immer wieder neu kombiniere. Denn wenn ich die nicht in ein Menü integriere, gehe ich nach zwölf tollen Gemüsegängen nach Hause, und überlege, ob ich mir jetzt doch noch einen Falafel hole (lacht).

Kochbuch  „Vegan Fine Dining“

Im Herbst 2024 erscheint das neue Kochbuch von Sebastian Copien und Andreas Leib „Vegan Fine Dining“. Foto: Ventil Verlag & Hansi Heckmair

Wo würden Sie denn selbst hingehen, wenn Sie vegan essen gehen wollen?
Mein Highlight im Bereich Fine Dining gerade ist das Jola in Wien, das sind auch Bekannte von mir. Da wird der Stern fallen dieses Jahr, da würde ich alles verwetten drauf. Die sind richtig gut, da muss man mal hingehen und weiß dann, was möglich ist.

Im Moment haben Sie noch kein eigenes Restaurant – wollen aber bald eines mit einem ganz speziellen kulinarischen Konzept in München eröffnen, habe ich gehört.
Ja, tatsächlich, die Firma ist schon gegründet, die Finanzierung steht, tolle Leute sind mit dabei – darunter meine Mitarbeiter wie Jakob Jonas, der langjährige Sommeliers ganz locker in die Tasche steckt, und mein Chefkoch Andreas Leib, mit dem ich gerade auch das Buch „Vegan Fine Dining“ geschrieben habe. Er war vorher Chefkoch im Strandhotel am Weißensee und davor Koch im Tian München. Unser Konzept sieht vier Bereiche vor – eine Kochschule und Eventlocation, ein Fine Dining Restaurant – sehr zugänglich und auch vom Preis her deutlich günstiger als das, was man von Fine Dining kennt. Dazu ein weiterer Bereich mit einer Bistroküche vom Grill mit tollen Soßen, Pürees und Gemüse vom Grill und frisch gemachter Pasta sowie als vierten Bereich Patisserie und Feinkost to go – frischgebackene Croissants, gefüllte Croissants und Focaccia. Jetzt fehlen uns nur noch die geeigneten Räumlichkeiten und wir sind über jeden Input dankbar.

vegane Eis

Auch das vegane Eis lässt als Dessert keine Wünsche offen. Foto: Hansi Heckmair

Soll der Michelin-Stern auch mal bei Ihnen landen?
Ich würde sagen, dass unser künftiges Fine-Dining-Restaurant durchaus das Niveau haben wird. Wir kochen gerade zu zweit, aber geben Sie uns nochmal vier gute Leute in die Küche und wir hätten aus meiner Sicht auf jeden Fall die Chance, einen Stern zu erkochen. Und weil wir beim Thema „vegan geht auch hochwertig“ ein Signal setzen wollen, werden wir es auf jeden Fall drauf anlegen, ganz klar.

Das Gespräch führte Barbara Brubacher.

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