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ECCENTRIC – ÄSTHETIK DER FREIHEIT
Schmid/Widmaier unter Verwendung des Bildes von Paola Pivi, I know you want it, 2019 – Foto: David Stjernholm, © Paola Pivi, courtesy the artist and Perrotin
Mutig und frei, humorvoll, berührend oder verstörend – Positionen von 50 internationalen Künstler:innen offenbaren ab Herbst 2024 in der Pinakothek der Moderne, dass Exzentrik sehr viel mehr ist als Überspanntheit oder Dekadenz. Sie verweigert sich jeder Ideologie und ist so ein gesellschaftlicher Motor für Freiheit und Toleranz. Rund 100 Werke u. a. aus Malerei, Skulptur, Installation, Video und Design feiern Diversität jenseits von erstarrten Normen und Klischees.
Hereinspaziert in die Exzentrik!
In fünf Ausstellungskapiteln lassen sich mutige Überschreitungen der Normen, Offenheit gegenüber anderen Perspektiven und die Unabhängigkeit des Exzentrischen beobachten:
Der erste Raum unter dem Titel Creatures zeigt die Diversität und Vielschichtigkeit individueller Wesen. Ob nun pflanzlicher, tierischer, menschlicher Gestalt, ihre je eigene, ambivalente Ausstrahlung wirkt fragil und angreifbar, um doch zugleich auch selbstbewusst ihren eigenen Wirkungsraum zu behaupten.
Paul McCarthy, White Snow Dwarf (Bashful), 2010 – Foto: Fredrik Nilsen, Ursula Hauser Collection, Schweiz
Sophia Süßmilch, A buceta e um cafézinho, 2023 – Foto: Michael Maritsch, Courtesy Galerie Krobath, Wien, und Galerie Martinetz, Köln
Paola Pivi, I know you want it, 2019 – Foto: David Stjernholm, © Paola Pivi, courtesy the artist and Perrotin
In Exalted Cosmos geht es um den Raum und dessen ästhetische Maßstäbe, den sich exzentrische Künstlerpersönlichkeiten erschaffen, während das Kapitel Transformative Technology den schöpferischen, grenzüberschreitenden Umgang mit Technik und Materialien ins Zentrum stellt.
Raqib Shaw, The Coronation of the Cobalt King, 2020–2024 – Foto: Prudence Cumming Associate, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul, © Raqib Shaw, VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Barbara Chase-Riboud, Andrea Chenier, 1967/2022 – Foto: Jon Etter, Private Collection
Hybrid Beauty und Fluid Bodies schließlich machen den außergewöhnlichen Schönheitsbegriff sowie die Wandelbarkeit und das Selbstverständnis des Körperlichen sichtbar.
Salvador Dali, L'énigme du desir, 1929 – Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Haydar Koyupinar, © Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí/VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Isa Genzken, Nofretete, 2018 – Courtesy Galerie Buchholz, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Und da wäre noch ein Raum, der noch nicht zur Sprache kam: In einer Eccentric Design Lounge, von Künstler Philipp Fürhofer eigens zum Thema konzipiert, ist das Publikum dazu eingeladen, über das Gesehene und Erfahrene zu reflektieren, aber auch zu entspannen.
Jean-Marie Appriou, Interstellar Twist (Yoga), 2023 – Foto: Benjamin Baltus, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Crazy allein genügt nicht! – Welcher Gedanke steckt eigentlich hinter der Ausstellung?
Der Grundgedanke der Ausstellung ECCENTRIC. ÄSTHETIK DER FREIHEIT liegt in der Überzeugung, dass Exzentrik eine intellektuelle Haltung ist, die sich Ideologien jeglicher Art verweigert. Sie basiert auf der Freiheit des Denkens und Gestaltens und tritt damit für die Freiheit der Demokratie und des Humanismus ein. Diese Freiheit jenseits von Ideologien setzt Energien von transformativer Kraft frei. Sie bewegt sich nicht in den hierarchisch-autokratischen und binären Strukturen des „Entweder-oder“, sondern in den vernetzten und non-binären Strukturen des „Sowohl-als-auch“.
Die Geschichte des Begriffs reicht lange zurück, lässt sich aber bis heute nicht eindeutig fassen. Im antiken Griechenland bezeichnete man einen Himmelskörper, der sich – anders als im geozentrischen Weltbild angenommen – nicht um die Erde dreht, als „ékkentros“ (von „ék“ = aus und „kéntron“ = Mitte), also als „außerhalb des Zentrums“. Und vielleicht ist genau diese Tatsache ein Merkmal des exzentrischen Wesens, das sich der Berechenbarkeit und Kontrolle entzieht.
Früh erkannte man, dass eine Gesellschaft, der es immer wieder und an verschiedenen Stellen gelingt, von dem als üblich Angesehenen abzuweichen, an Stabilität und Resistenz gewinnt. Der britische Philosoph John Stuart Mill etwa unterstreicht in seinem Werk „On Liberty“ („Über die Freiheit“, 1859) die Bedeutung exzentrischer Persönlichkeiten für die Fortentwicklung einer Gesellschaft. Exzentrik und Freiheit sind also schon lange miteinander verbunden – und bilden somit das Fundament der Ausstellung.
50 für die Sonderschau ausgewählte künstlerische Positionen verdeutlichen eben jene Perspektive des „ex centro“, des Blicks von außerhalb einer fiktiven Mitte. ECCENTRIC. ÄSTHETIK DER FREIHEIT erforscht das facettenreiche Spektrum von Identität und Humanität. Die Künstler:innen experimentieren mit allen Medien, unterschiedlichsten Materialien und Techniken. Ihre Motive und Sujets betrachten und bearbeiten sie aus den überraschendsten Perspektiven, verzerren und deformieren sie und fügen sie dann zu hybriden und amorphen Kompositionen zusammen. Sie verflüssigen Figuren und Formen und feiern Diversität jenseits von erstarrten Normen und Klischees.
Martin Kippenberger, Alle wollten sie haben, doch keiner hat sie genommen, 1983 – Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Haydar Koyupinar, Estate of Martin Kippenberger/Galerie Gisela Capitain, Cologne
Darfs ein bisschen mehr sein?
Während der sechsmonatigen Laufzeit der Ausstellung finden spannende Podiumsdiskussionen und Performances statt. Und wer hier noch nicht genug an exzentrischem Erfahrungsschatz mit aus dem Museumsbesuch genommen hat, der kann im umfangreichen „Maga-log“ – ein Hybrid aus Magazin und Katalog – immer wieder schmökern und sich an Gesehenes erinnern oder auf den Besuch vorbereiten. Pünktlich zum Ausstellungsstart erscheint dieses besondere Druckwerk: ECCENTRIC. ÄSTHETIK DER FREIHEIT im Hirmer Verlag auf Deutsch und auf Englisch mit Essays der Kurator:innen, Texten zu den Künstler:innen und ihren Arbeiten mit Statements sowie zahlreichen Abbildungen der Werke. Weitere Informationen zum Vermittlungsprogramm finden Sie unter: www.pinakothek.de/eccentric
Pinakothek der Moderne
Sammlung Moderne Kunst
Barer Straße 40, 80333 München
+49 (0)89/2 38 05-3 60
Internet: www.pinakothek.de
E-Mail: info@pinakothek.de
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