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Die sanfte Revolution der venezianischen Malerei

Venezianisch, Kreuztragender Christus, um 1515 (Ausschnitt), Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie. Foto: KHM-Museumsverband. Design: PARAT.cc
Venedigs Faszinationskraft ist ungebrochen. Die im Wasser erbaute Stadt vermittelt einzigartige Sinneseindrücke – heute wie vor 500 Jahren. Zweifellos schulte ihr Erscheinungsbild die hohe Sensibilität der venezianischen Künstler:innen für die Farben und das Licht. Herausragender Kolorismus und Innovationsfreude zeichnen die Malerei im Venedig der Renaissance aus. Doch ebenso bedeutsam war das große Einfühlungsvermögen, mit dem sich die Künstler:innen den Gegenständen ihrer Darstellungen widmeten. Intensiv ergründeten Maler wie Giovanni Bellini, Giorgione und Tizian das Wesen von Mensch und Natur – auch in ihrer Relation zueinander.

Giovanni Bellini (um 1435–1516), Maria mit Kind zwischen Johannes dem Täufer und einer Heiligen, 1500–1505 (Ausschnitt), Venedig, Gallerie dell’Accademia. Foto: Gallerie dell'Accademia di Venezia/su concessione del Ministerio della Cultura
Die Innovationskraft der venezianischen Kunst – herausragende Meisterwerke der Porträt- und Landschaftsmalerei
Die Ausstellung Venezia 500<< widmet sich den bahnbrechenden Neuerungen der venezianischen Malerei, die bis weit in die europäische Moderne nachwirkten. Sie vereint 20 Meisterwerke der Münchner Sammlung mit rund 70 internationalen Leihgaben und konzentriert sich dabei auf Porträts und Landschaften aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Denn hier treten die Charakteristika und Errungenschaften der in Venedig florierenden Malkunst besonders deutlich hervor.
Kriege, Epidemien und die Entdeckung neuer Seewege bedrohten zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Wohlstand der See- und Handelsmacht Venedig. Doch auf dem Fundament der vielseitigen kulturellen Traditionen der Stadt und dank deren humanistischer Prägung setzte sich ihre künstlerische Blüte fort. In enger Verbundenheit mit ihren Mäzen:innen schufen die führenden Künstler:innen subtile Darstellungen individueller Persönlichkeiten, die zwischen Real- und Idealbildnis, zwischen repräsentativem und lyrischem Porträt changieren. Ebenso erfolgreich und im Wettstreit mit der Poesie malten sie atmosphärische Landschaften, die sich bald als eigenständiges Bildthema etablierten.
Die szenografisch gestaltete Ausstellungspräsentation, die punktuell von Klanginstallationen begleitet wird, beleuchtet die Exponate hinsichtlich ihrer Entstehungszusammenhänge und zeitgenössischen Lesart – in thematischen Gruppen sowie in Gegenüberstellungen mit Zeichnungen, druckgrafischen Arbeiten und Skulpturen. Freuen Sie sich auf bedeutende Werke prominenter Meister wie Giovanni Bellini, Giorgione, Tizian, Sebastiano del Piombo, Palma il Vecchio, Lorenzo Lotto, Paris Bordone und Tintoretto. Und lernen Sie auch die eindrucksvollen Schöpfungen jener Künstler kennen, deren Namen weniger geläufig sind, wie Bartolomeo Veneto, Giovanni Battista Cima da Conegliano, Andrea Previtali, Marco Basaiti, Vincenzo Catena, Giovanni Girolamo Savoldo, Giulio und Domenico Campagnola.

Giorgio da Castelfranco, gen. Giorgione (1473/74–1510), Knabe mit Pfeil, um 1505 (Ausschnitt), Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Foto: KHM-Museumsverband

Lotto (um 1480–1556), Bildnis eines jungen Mannes, um 1509/10 (Ausschnitt), Florenz, Galleria degli Uffizi, © Gabinetto Fotografico delle Gallerie degli Uffizi – Foto: Roberto Palermo

Giorgio da Castelfranco, gen. Giorgione (1473/74–1510), Bildnis eines jungen Mannes, um 1505/10 (Ausschnitt), München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek. Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Von Angesicht zu Angesicht – einfühlsame Bildniskunst
Um 1500 war das autonome Porträt, das den einzelnen Menschen zum alleinigen Gegenstand der Darstellung macht, fest in der venezianischen Kunst verankert und wurde vor allem nach nordalpinen Vorbildern weiterentwickelt. Mit Giorgiones revolutionärem Schaffen entstanden neue Bildnistypen, die lebensnah oder idealisierend die äußere wie innere Bewegung der Porträtierten einfangen. Zahlreiche männliche Porträts aus dem Zeitraum 1505 bis 1530 dokumentieren den Wandel vom vordergründigen Abbild hin zu einer stärker psychologisch motivierten Erfassung des Menschen. Vor allem Tizian richtete seinen Blick nicht nur auf den gesellschaftlichen Status, sondern auch auf die Persönlichkeit und den Charakter seines Gegenübers. Als Inbegriff des venezianischen Frauenporträts gelten die rätselhaften „belle donne“, die einem petrarkistischen Schönheitsideal folgen, zugleich aber Individualität und Lebensnähe ausstrahlen. Ihre absichtsvolle Mehrdeutigkeit trägt zum besonderen Reiz der „belle donne“ bei.

Tiziano Vecellio, gen. Tizian (um 1488/90–1576), Junge Frau bei der Toilette, um 1515 (Ausschnitt), Paris, Musée du Louvre. Foto: bpk | RMN – Grand Palais | Thierry Le Mage

Jacopo Negretti, gen. Palma il Vecchio (um 1480–1528), Bildnis einer jungen Frau in blauem Kleid mit Fächer, nach 1514 (Ausschnitt), Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Foto: KHM-Museumsverband

Bernardino Licinio (um 1485 – nach 1549/vor 1565), Bildnis einer Frau, um 1520 (Ausschnitt), München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek. Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Sehnsuchtsort Natur – Venedigs Blick auf das Festland und der Traum von Arkadien
In weiten imaginären Landschaftsräumen präsentieren Giovanni Bellini und die seinem Vorbild folgenden Maler:innen die Figuren ihrer Andachtsbilder – inspiriert von nordalpiner Tafelmalerei und Druckgrafik. Die Ausblicke in die Natur sind dabei mehr als schmückender Hintergrund: Sie transportieren Bedeutungen und Stimmungen, regen zum assoziativen Schauen und kontemplativen Nachsinnen an. Neben den Andachtsbildern boten allegorische oder mythologische Darstellungen Gelegenheit, Landschaftsmotive in Szene zu setzen. Poetische, von Hirten und Nymphen bewohnte Idyllen, die im Medium der Zeichnung und Druckgrafik weite Verbreitung fanden, erklären sich aus der in Venedig kultivierten Sehnsucht nach arkadischen Gegenwelten. Die humanistischen Zirkel, in denen mit Giorgione, Tizian und Sebastiano del Piombo auch die Protagonisten der neuen Landschaftsmalerei verkehrten, pflegten ein intensives Interesse an der antiken wie zeitgenössischen Hirtendichtung.

Giovanni Bellini (um 1435–1516), Hl. Hieronymus lesend in einer Landschaft, um 1480/85 (Ausschnitt), London, The National Gallery. Foto: The National Gallery, London

Giovanni Bellini (um 1435–1516), Malinconia, um 1485/95 (Ausschnitt), Venedig, Gallerie dell'Accademia. Foto: Gallerie dell'Accademia di Venezia/su concessione del Ministerio della Cultura

Jacopo Negretti, gen. Palma il Vecchio (um 1480–528), zugeschrieben, Daphnis, um 1513/15 (Ausschnitt), Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek. Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Muße und Schönheit, Liebe und Erkenntnis
Mit ihren innovativen Bildfindungen entsprachen die in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts tätigen Künstler:innen den Wünschen ihrer Auftraggeber:innen – deren Sehnsucht nach Muße und Schönheit, nach Liebe und Erkenntnis. Die sanfte Revolution der venezianischen Malerei macht das Selbstverständnis der damaligen kulturellen Eliten bis heute gegenwärtig. Ihre Schöpfungen laden zu einer Zeitreise ein und rufen Themen auf, die von ungebrochener Relevanz sind.
Musica! – ein Ausblick auf das Begleitprogramm der Ausstellung
Neben einem umfassenden Führungsangebot begleiten Workshops, das Format „After Work – Vino, Arte, Musica“ sowie unterschiedliche musikalische Formate die Ausstellung. In zwei Kammerkonzerten etwa präsentieren die Akademist:innen der Münchner Philharmoniker ein vielfältiges Programm quer durch die Epochen und Stilrichtungen. Direkt in den Ausstellungsräumen kann „Venedig im Klang der (Ge)zeiten“ nachgespürt werden, wenn die Musiker:innen des Staatstheaters am Gärtnerplatz an vier Stationen aufspielen.
Alte Pinakothek
Barer Straße 27
Eingang Theresienstraße
80333 München
Website: www.pinakothek.de
E-Mail: info@pinakothek.de
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