Parlamentswahl in Israel:Netanjahu muss um seine Mehrheit bangen

  • Zur Wahl in Israel ist der Vorsprung von Netanjahus Herausforderer Benny Gantz in den Umfragen zusammengeschmolzen.
  • Der rechte Block liegt in den Umfragen deutlich vorne. Bis zu 68 von 120 Sitzen in der Knesset werden den rechten Parteien zugerechnet.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Er schwang sich auf das Motorrad, begleitete Pendler im Zug und besuchte ein Protestcamp, das israelische Anwohner des Gazastreifens auf dem Rothschild-Boulvard in Tel Aviv errichtet hatten: Benny Gantz absolvierte unmittelbar vor der Wahl in Israel an diesem Dienstag viele Termine, während Benjamin Netanjahu Fernsehinterviews gab.

In dem ehemaligen Generalstabschef Gantz stand Netanjahu zum ersten Mal in seinen fast 13 Jahren als Premierminister ein ernstzunehmender Konkurrent gegenüber. Bei dieser Wahl gehe es um "Bye, bye Bibi oder King Bibi", brachte es die Zeitung Haaretz auf den Punkt. Bibi ist der Spitzname Netanjahus und der Zusatz König ein Hinweis darauf, dass er im Falle seiner Wiederwahl Staatsgründer David Ben Gurion als Regierungschef Israels mit der längsten Amtsdauer ablösen würde.

Je näher der Wahltermin rückte, desto stärker schmolz in Umfragen der Vorsprung des Herausforderers, der das in der politischen Mitte angesiedelte blau-weiße Bündnis geschmiedet hatte. In einer der Umfragen, die bis Freitag veröffentlicht werden durften, führte zuletzt sogar Netanjahus rechtsnationale Likud-Partei.

Auch wenn Gantz die Wahl gewinnen sollte, könnte er als Verlierer dastehen. Denn in jeder Umfrage lag der rechte Block deutlich vorne. Bis zu 68 von 120 Sitzen in der Knesset werden den rechten Parteien zugerechnet. Angesichts mehrerer Neugründungen im rechten Lager dürften mehr als die bisherigen zehn Parteien im künftigen Parlament vertreten sein. Zuletzt hatte Netanjahu mit seiner Koalition aus fünf Parteien eine hauchdünne Mehrheit von 61 Sitzen in der Knesset. Bis 31. Mai muss eine neue Regierung gebildet sein.

Im Wahlkampf dominierte die Sicherheitspolitik

Spätestens im Juli muss die Anhörung Netanjahus stattfinden, ehe der Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit endgültig darüber entscheidet, ob der Politiker in drei Korruptionsfällen angeklagt wird. Nach der Wahl wird auch das Material dazu veröffentlicht. Gantz hatte im Wahlkampf versucht, eine direkte Verbindung von Netanjahu zu einem weiteren Korruptionsfall herzustellen, bei dem es um den Ankauf deutscher U-Boote in Israel geht. Blau-Weiß warf Netanjahu vor, umgerechnet rund vier Millionen Euro durch den Deal eingenommen zu haben - der Regierungschef drohte daraufhin mit Klage. Netanjahus Korruptionsaffären waren aber nicht das beherrschende Thema im Wahlkampf, sondern Sicherheitspolitik dominierte.

Netanjahu und Gantz bemühten sich bis zuletzt, Wähler zu mobilisieren. Der 59-jährige Gantz stellte sich als Politiker mit einer weißen Weste und als Garant für Sicherheit dar. Der zehn Jahre ältere Ministerpräsident präsentierte sich als Politiker "in einer anderen Liga" - einer, der mit US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin verkehrt.

Am Montag bekräftigte Netanjahu seine Pläne, Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Er habe darüber mit Vertretern Trumps gesprochen. "Ich ziehe es vor, dies schrittweise und mit US-Zustimmung zu tun." Während es von US-Seite zunächst keine Reaktion gab, kritisierten die Türkei und Oman Netanjahus Ankündigung. Laut der israelischen Organisation Peace Now hat der zuständige Ausschuss in der Vorwoche den Bau von 4615 weiteren Wohnungseinheiten im Westjordanland gebilligt. Die deutsche Bundesregierung reagierte darauf mit dem Appell, "auf alle Schritte zu verzichten, die eine Zwei Staaten-Lösung erschweren oder unmöglich machen".

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