USA:Lügendetektor

Die "Washington Post"hat ein neues Format zum Faktencheck. Wer eine Lüge mehr als 20 Mal verbreitet, wird mit dem "bodenlosen Pinocchio" ausgezeichnet. Bisher gibt es nur einen, wegen dem sich das lohnt. Bleibt die Frage: Lohnen sich solche Formate?

Von Alan Cassidy

Noch vor Kurzem galt der Faktencheck in den USA als aufregende journalistische Innovation. Kaum eine ernstzunehmende politische Redaktion, die nicht eine entsprechende Rubrik einrichtete oder regelmäßig auf die anderer Medien verwies. Behauptungen von Politikern auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen ist ja auch ein überaus nobles Unterfangen. Doch dann kam Donald Trump. Je rascher seine Präsidentschaftskandidatur Fahrt aufnahm, desto verbissener arbeiteten sich die Faktenchecker an ihm ab. Und egal, wie oft sie ihm Falschaussagen nachwiesen: Es perlte an ihm ab.

Die Washington Post, die wohl die renommierteste, weil gründlichste Fact-Checking-Rubrik betreibt, reagiert darauf nun mit einer Änderung: Bisher bewertete sie zweifelhafte Politiker-Aussagen auf einer Skala von eins bis vier Pinocchio-Nasen - je mehr Pinocchios, desto unwahrer die Behauptung. Nun führt sie eine neue Kategorie ein: den "Bottomless Pinocchio". Gedacht für Politiker, die eine offensichtliche Lüge mehr als zwanzigmal wiederholen. Bisher habe das nur einer getan, schreibt Glenn Kessler, der Fact-Checking-Verantwortliche der Washington Post: Donald Trump. Die meisten Politiker seien peinlich berührt, wenn sie mit vier Pinocchios versehen würden und würden eine einmal nachgewiesene Falschinformation nicht wiederholen. Nicht so der Präsident: "Er macht mit einer Falschaussage auch dann weiter, wenn die Fakten längst klargestellt wurden." Trumps Ziel sei offensichtlich, "bewusst falsche Informationen in den öffentlichen Diskurs einzubringen" und eine eigene "Wahrheit" zu konstruieren.

Als Beispiel nennt Kessler Trumps Behauptung, wonach die USA bereits mit dem Bau der Grenzmauer begonnen hätten, die Trump im Wahlkampf versprochen hatte. Erstmals sagte er das am 29. März 2018, seither habe er die Aussage 86-mal wiederholt - obwohl sie falsch ist.

Einen "Bottomless Pinocchio" verleiht das Blatt dem Präsidenten auch für seine Behauptung, wonach im Wahlkampf 2016 die Demokraten mit Russland zusammengearbeitet hätten, um den Ausgang der Wahlen zu beeinflussen. Auch dafür gibt es keine Grundlage. Trotzdem hat Trump sie in den vergangenen Monaten 48-mal wiederholt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: