Neue Aussagen zum Buback-Mord:Wisniewski? Stefan Wisniewski?

Muss der Fall des Mordes an Generalbundesanwalts Buback neu aufgerollt werden? Nach voneinander unabhängigen Aussagen zweier ehemaliger Terroristen soll das RAF-Mitglied Wisniewski die tödlichen Schüsse abgegeben haben. Wie glaubwürdig diese erst jetzt bekannt gewordenen Aussagen sind, ist allerdings noch völlig unklar. Zu Wisniewski führen bisher keine Spuren.

Heribert Prantl

Wisniewski? Stefan Wisniewski, RAF-intern ,,Fury'' genannt, als Mittäter an der Entführung und Ermordung von Hanns-Martin Schleyer 1991 zu lebenslanger Haft verurteilt, wird nun auf einmal im Spiegel als Mittäter bei der Buback-Ermordung genannt. Womöglich soll er sogar der Todesschütze gewesen sein. Dafür spricht vorderhand nichts - außer den Angaben, die der verurteilte und 1998 aus der Haft entlassene Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock nun in einem Interview gemacht haben soll.

Neue Aussagen zum Buback-Mord: 7. April 1977: Polizeibeamte bedecken den ermordeten Generalbundesanwalt  Buback

7. April 1977: Polizeibeamte bedecken den ermordeten Generalbundesanwalt Buback

(Foto: Foto: AP)

Boock galt dem Bundeskriminalamt aber stets als ,,Karl May der RAF''. Generalbundesanwalt Rebmann, Nachfolger des ermordeten Buback, hat Boock, der 1992 eine sogenannte ,,Lebensbeichte'' abgelegt hat, immer wieder ein ,,taktisches Verhältnis zur Wahrheit'' vorgeworfen. Auch die Ex-Terroristin Verena Becker soll (laut Spiegel) dem Verfassungsschutz Anfang der 80er Jahre gesagt haben, dass Wisniewski die Todesschüsse auf Buback abgegeben habe; Christian Klar, über dessen Begnadigung jetzt gestritten wird, habe im Fluchtauto gewartet.

Objektive Hinweise, also Spuren zu Wisniewski, gibt es im Fall Buback nicht. ,,Furys'' Fingerabdrücke wurden seinerzeit in keiner der drei konspirativen Wohnungen (KW) in Karlsruhe gefunden - nicht in Marienstraße 89, nicht in Luisenstraße 2a, nicht in Baumeisterstraße 90. Auch bei der nachträglichen Zuordnung unbekannter Fingerspuren in den Karlsruher KWs wurde der 1978 in Paris/Orly festgenommene Wisniewski nicht erfasst. Das BKA-Blatt, das 1981 die ,,Personen- und Sachzusammenhänge'' bei 41 RAF-Tätern zusammenfasst, ist in der Rubrik Buback-Mord/Wisniewski komplett leer: keine Fingerabdrücke, keine Identifikation per Handschriften, keine sogenannten Waffenzusammenhänge, nichts.

Bei Verena Becker, die ,,Fury'' Wisniewski als Buback-Täter genannt haben soll, ist das anders. Sie wurde, zusammen mit Günter Sonnenberg, bei einer Schießerei mit der Polizei am 3. Mai 1977 festgenommen, etwa vier Wochen nach dem Buback-Mord. Bei ihr (nicht bei Sonnenberg, wie es verschiedentlich heißt) wurde die Buback-Tatwaffe, das Selbstladegewehr Heckler & Koch mit dem ungewöhnlichen Kaliber 223 sichergestellt; bei der Ermordung Bubacks und seiner Begleiter war der Mündungsverdichter dieser Waffe abgenommen worden, so dass die Geschosse Dum-Dum-Wirkung hatten. Des Weiteren wurde bei Becker ein Schraubenzieher gefunden, der aus dem Bord-Set der schweren Suzuki stammt, von der aus Buback erschossen wurde.

Dieses Motorrad war auf der Flucht unter einer Autobahnbrücke zusammen mit den beiden Motorradhelmen abgestellt worden, als die Täter ins Fluchtauto, einen Alfa Romeo, umstiegen. In einem dieser Helme fand sich eine Haarspitze, die mit den Haaren identisch war, die bei der Festnahme Verena Beckers in deren Haarbürste gesichert wurden.

Im Haupt-Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wegen der Ermordung Bubacks und seiner Begleiter, Urteil 1985, wurden Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Knut Folkerts war, als Mittäter, schon 1980 lebenslänglich verurteilt worden. Diese drei (und der bei einer Schießerei in Singen schwer verletzte Sonnenberg, der anderweitig verurteilt wurde) gelten bisher als die Haupttäter.

Das Gericht hat die einzelnen Tatbeiträge (Wer hat geschossen? Wer hat das Fluchtauto gefahren?) wegen der Schwierigkeiten bei der Detail-Aufklärung nicht konkret zugeordnet. Es hat den Grundsatz der Mittäterschaft genügen lassen, wonach bei einem gemeinsamen Tatplan alle an der Tat Beteiligten sich jeden Tatbeitrag der anderen zurechnen lassen müssen. Das heißt: Derjenige, der im Fluchtauto wartete, ist genauso Mörder wie derjenige, der geschossen hat. Für die juristische Bewertung der Tat spielt es also keine Rolle, ob Christian Klar oder ein anderer geschossen oder ,,nur'' das Motorrad oder das Fluchtauto gefahren hat.

Verena Becker, festgenommen bei der Schießerei in Singen, die als Mordversuch an zwei Polizisten bewertet wurde, ist zwar schon frühzeitig, nämlich am 28. Dezember 1977, zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden - allerdings nicht wegen des Buback-Mordes. Ihr Prozess damals stand im Schatten der Entführung und Ermordung Schleyers. Ihre Beteiligung an der Buback-Ermordung wurde gar nicht mehr lang geprüft, sondern ausgeklammert. Womöglich hat sie das Tat-Motorrad nach Karlsruhe quasi überführt - ist aber dort nicht weiter tätig geworden. Die Justiz ging diesen Fragen und Details in den Buback-Prozessen gegen Mohnhaupt, Klar und Folkerts nicht weiter nach. Dort stützte man sich vor allem auf Zeugenaussagen, weniger auf die Spuren.

Nach BKA-Bewertungen waren an der Ermordung Bubacks und seiner Begleiter 15 bis 20 Personen beteiligt; nur so habe die umfangreiche Logistik (Wohnungen, Waffen, Fahrzeuge) hergestellt werden können. Ausdrücklich verurteilt wurde nur ein kleiner Teil dieses Terrorkreises. Wer sonst noch namentlich an der Ermordung beteiligt war und wie - das ist bisher nicht aufgeklärt.

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