Die Last der Federn
Einmal im Jahr verliert jeder Höckerschwan all seine Schwungfedern. Bis zu acht Wochen dauert es, bis sie wieder vollständig nachgewachsen sind. In dieser Zeit der Mauser können die Tiere nicht fliegen. Offenbar begrenzt gerade diese Zeitdauer die Körpergröße flugfähiger Vögel, haben nun Biologen an der University of Washington entdeckt (PLoS Biology, online).
Die Höckerschwäne mit einem Gewicht von bis zu 15 Kilogramm gehören zu den schwersten Tieren, die sich auf ihren Schwingen in die Luft erheben können.
Im Gegensatz zu Haaren wachsen Federn nur über einen begrenzten Zeitraum. Vögel pflegen daher ihr Gefieder regelmäßig, indem sie Körpersekrete über die Federn verteilen und sie so geschmeidig und wasserabweisend machen. Dennoch nutzen sich vor allem die großen Schwungfedern mit der Zeit ab, zum Beispiel durch die ultra-violette Strahlung der Sonne oder Bakterienbefall. Die Mauser ist notwendig, um sie zu erneuern. "Der Ablauf ist genau festgelegt", schreibt Sievert Rohwer, Hauptautor der Studie.
Eine Amselfeder braucht beispielsweise drei Wochen, um nachzuwachsen. Dagegen dauert die vollständige Mauser eines Albatrosses bis zu drei Jahre. "Große Seevögel sind auf absolut funktionsfähige Flügel angewiesen", sagt Rohwer. "Daher fällt bei ihnen stets nur eine Feder zur Zeit aus."
Die Reihenfolge, in der sich das Gefieder nach und nach erneuert ist stets die gleiche. "Schon eine fehlende Feder beeinträchtigt den Flug des Albatrosses", sagt Michaela Hau, Evolutions-Physiologin am Max-Planck-Institut für Ornithologie. Der Vogel muss demnach genau wissen, wie er seinen Flug während der Mauser anzupassen hat.
Je größer und damit schwerer ein Vogel ist, desto länger müssen seine Federn sein, um ihn zu tragen; beim Schwan bis zu 40 Zentimeter. Dennoch wachsen lange Federn pro Zentimeter kaum schneller als kurze. "Die Wachstumsrate der Federn kann irgendwann nicht mehr mit deren Länge mithalten", sagt Rohwer. Dies hätte zur Folge, dass Federn kaputt gingen, bevor sie ersetzt werden könnten. "Weil Vögel aber ein intaktes Gefieder brauchen, hört der Körper vorher auf zu wachsen", sagt Rohwer.
In theoretischen Modellen haben die Biologen berechnet, dass es 56 Tage dauert, bis die Flugfeder eines zehn Kilogramm schweren Vogels gewachsen ist. "Wie bei einem Flugzeug müssen auch bei Vögeln die Flügel deren Gewicht in der Luft halten können", sagt Michaela Hau. "Flügel, die zum Beispiel einen Straußenvogel tragen könnten, müssten gigantisch groß sein", sagt Hau. Doch der Strauß braucht keine Flügel: Mit seinen langen, kräftigen Beine kann er vor Fressfeinden davon laufen. Er hat scharfe Krallen entwickelt, um sich zu verteidigen.
Der Höckerschwan flüchtet dagegen während der Mauser schwimmend auf die Mitte seines Sees.
Foto: AP
(Christina Merkel/SZ vom 16.6.2009)
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