Zoologie-Zoom (1):Alle 400 Jahre Sex

Umgerechnet auf menschliche Verhältnisse pflanzen sich Blattläuse enorm selten sexuell fort. Trotzdem weisen sie eine erstaunlich große genetische Vielfalt auf. Das macht sie so erfolgreich.

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ddp/Erbsen- und Bohnenblattläuse

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Wenig Sex - explosive Vermehrung

Die Blattlaus kann laut neuesten Erkenntnissen ihre genetische Vielfalt sichern und sich an Abwehrgifte anpassen, obwohl sie sich jährlich nur einmal sexuell fortpflanzt. "Umgerechnet auf den Menschen würde das einmal Sex pro 400 Jahre bedeuten. Für unsere Evolution wäre das ein Desaster", schreibt Atlant Bieri vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Zürich in seiner am Montag veröffentlichten Untersuchung.

In der übrigen Zeit bringt das Weibchen täglich bis zu zehn Klone auf die Welt. Die Blattlaus richtet weltweit Milliardenschäden an Nutzpflanzen an. "Die Kombination aus ein bisschen Sex und explosiver Vermehrungsrate macht Blattläuse zur den erfolgreichsten Schädlingen der Welt", bilanziert Bieri. So produzieren die Weibchen nur im Herbst eine Generation von Männchen, die sich ganz normal mit den Weibchen paaren.

Nur auf diese Weise können sich Gene zu neuen zufälligen Kombinationen verbinden und Resistenzen gegen Gifte bilden. In der übrigen Zeit bringen die Weibchen täglich bis zu zehn lebende identische Klone zur Welt. Obwohl sich damit aber laut Bieri nur ungefähr jede 20. Generation sexuell fortpflanzt, zeigen die kleinen Blattsauger eine unerwartet große genetische Vielfalt und machen auch vor Nutzpflanzen mit erhöhter Blattlausresistenz nicht Halt. Dies erschwert die Bekämpfung des Schädlings zusätzlich.

Bieri zog für seine Studien den Rohrschwingel heran und setzte darauf Getreideblattläuse aus. Die Hälfte der Proben war mit einem Pilz befallen, mit dem sich das weit verbreitete Gras gegen Fressfeinde wie Blattläuse wehrt. Erwartungsgemäß ging es den meisten Blattläusen auf dem pilzbefallenen Gras schlecht: Sie entwickelten sich langsamer, produzierten weniger oder gar keine Nachkommen und verendeten früher.

Einigen von ihnen ging es allerdings wesentlich besser, obwohl sie mit dem Pflanzensaft einen Cocktail aus Pilzgiften aufsaugten. Sie überwanden also nicht nur das Gift, sondern passten sich auch noch rasch daran an, was üblicherweise nur mit einer über viele Generationen dauernden sexuellen Fortpflanzung gelingt.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal of Evolutionary Biology publiziert.

Foto: ddp/Erbsen- und Bohnenblattläus Text: AP/gal/bön

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Amsel, dpa

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Mit Köpfchen zum Weibchen

Intelligenz zahlt sich aus: Schlaue australische Laubenvogelmännchen haben mehr Erfolg bei den Weibchen als ihre minderbemittelten Artgenossen. Das zeigt eine Studie der University of Maryland, wie das Wissenschaftsmagazin Science (online) berichtet.

Laubenvögel haben ein sehr komplexes Werbungsverhalten: Zur Brutzeit fertigen die Männchen auf dem Waldboden eine kleine Laube, die sie mit seltenen Objekten wie blauen Federn oder schimmernden Glasstücken dekorieren. Um Weibchen anzulocken, geben sie zudem verschiedene Töne von sich, springen oder bewegen ihre Schwanzfedern.

Die Wissenschaftler machten sich dem Bericht zufolge dieses ausgefeilte Balzverhalten und eine Abneigung der Vögel gegen rote Objekte zunutze - und untersuchten die Klugheit von etwa 30 männlichen Laubenvögeln im australischen Wallaby Creek. Da die männlichen Vögel blaue Dinge vorziehen - offenbar da sie in der Natur seltener vorkommen -, platzierten die Forscher für die Vögel störende rote Objekte in den Lauben der Männchen.

In einem Fall wurden diese mit einem transparenten Behälter bedeckt, den die Vögel antippen und wegschaffen mussten. In einem anderen Fall wurden in den Nestern rote Objekte mit Schrauben befestigt, die die Vögel mit Zweigen oder Ästen bedecken mussten. Außerdem beobachteten die Wissenschaftler den Paarungserfolg der Vögel.

Das interessante Ergebnis: Die Vögel mit der höchsten Problemlösungskompetenz hatten auch bei den Weibchen den größten Erfolg, berichten die Forscher. Die intelligentesten Vögel paarten sich demnach durchschnittlich doppelt so oft wie die langsamsten Problemlöser. Den Forschern zufolge ist dies die erste experimentelle Studie, die bei einer Spezie eine Verbindung zwischen Intelligenz und Paarungserfolg nachweist.

Foto: dpa/kein Laubenvogel, sondern eine Amsel (sueddeutsche.de/gal)

Um ein Tier mit erstaunlichen Waffen geht es auf der nächsten Seite.

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Schwimmer mit grünen Bomben

Es ist ein Trick, der über Leben und Tod entscheiden kann: Bei Gefahr werfen die in der Tiefsee schwimmenden Würmer kleine grüne Leuchtbomben ab. Damit irritieren sie Fressfeinde wie etwa Tintenfische und nutzen die gewonnene Zeit zur Flucht.

Einige der sieben neu entdeckten Wurmarten halten bis zu acht winzige Blasen bereit, die sich bei Gefahr ablösen und dann grün aufleuchten, berichten Forscher um Karen Osborn von der Scripps Institution in La Jolla (Science, Bd. 325, S. 964, 2009).

Die neuen Arten waren bei den Fahrten eines unbemannten Tauchboots vor der amerikanischen Westküste und im Westpazifik in 1863 bis 3793 Metern Tiefe gefunden worden. Eine der insgesamt sieben anscheinend eng verwandten Arten trägt nun den Namen Swima bombiviridis, was so viel heißt wie ,"Schwimmer mit grünen Bomben'". Die bis zu acht kleinen Blasen an seinem Vorderende leuchten durch eine chemische Reaktion einige Sekunden intensiv grün auf, wenn sie abgeworfen werden.

Die Leuchtbomben bestehen aus einer Blase mit zwei Kammern, in denen vermutlich die Leuchtstoffe gespeichert werden, und zwei Gefäßen mit Körperflüssigkeit an den Polen. Sie könnten sich aus Kiemenanhängen gebildet haben, die man von verwandten Arten kennt, vermuten die Forscher. Der Fund solch einer neuen Gattung mit bisher unbekannten anatomischen Eigenheiten zeige, wie wenig über die Tiefsee bekannt sei, schreiben Osborn und ihre Kollegen.

Foto: Karen Osborn (SZ vom 21.8.2009)

Auf der nächsten Seite: Warum man Bienen nicht reizen sollte.

Biene, ddp

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Der Killer in der Honigbiene

Eine Honigbiene zu reizen, kann auch dann gefährliche Folgen haben, wenn man ihrem Stich entkommt. Womöglich fördert man damit die Entwicklung aggressiver Bienenvölker, deren erhöhte Angriffslust genetisch bedingt ist.

Im Gehirn aggressiver Bienen werden Hunderte Gene aktiv, die den spontanen Angriff steuern. Diese schnelle Reaktion hat jedoch auch langfristige Folgen: Die Insekten vererben die veränderte Genaktivität über Generationen, vermuten Biologen der Universität von Illinois (PNAS, online).

Ihre Entdeckung stützt die These, dass sich Umwelteinflüsse auf das Erbgut und damit die Evolution von Verhaltensweisen auswirken. Die ausgeprägte Angriffslust der Afrikanisierten Honigbiene, auch bekannt als "Killerbiene", könnte so entstanden sein.

Foto: ddp (SZ vom 18.08.2009/kabl/gal)

Welchen Sinn das Nachäffen hat, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Affen, ap

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Nachäffen macht Affen zu Freunden

Wir lieben es, wenn andere die Dinge so tun wie wir. Psychologen und Verkaufstrainer haben das "Spiegeln" der Ansichten des Gesprächspartners längst zur erfolgversprechenden, vertrauensbildenden Taktik bei Diskussionen in der Ehe und bei Geschäften erklärt.

Doch diese Methode ist keine Erfindung des Menschen: Auch Kapuzineraffen mögen solche Menschen am liebsten, die sie nachäffen, wie US-Forscher im Fachjournal Science (Bd. 325, S. 880) berichten. Annika Paukner vom National Institute of Child Health and Human Development in Poolesville (US-Staat Maryland) hatte mit den sehr sozialen Kapuzineraffen experimentiert. Die Affen konnten sich in drei miteinander verbundenen Käfigen aufhalten.

Standen Experimentatoren vor den beiden äußeren, so hielten sich die Tiere gleich häufig in jedem der Käfige auf, ebenso, wenn diese "auf Affenart" mit bunten Plastikbällen spielten. Bekamen die Affen aber selbst einen Spielball und tat einer der Versuchspersonen mit seinem Ball immer genau das, was der Affe gerade getan hatte, so blieben die Tiere verstärkt auf dessen Seite. Die Tiere interessierten sich aber nicht nur stärker für den Nachahmer, sie akzeptierten ihn auch eher als sozialen Partner, indem sie Gegenstände gegen Futter mit ihm tauschten.

Auch bei den Kapuzineraffen kann die Nachahmung von Verhalten die sozialen Bindungen stärken, schließen die Forscher. Das belege, dass dieser Mechanismus keine kulturelle Erfindung des Menschen ist, sondern auch tief im Repertoire seiner tierischen Verwandten verankert zu sein scheine, stellen die Forscher fest. "Imitation ist die beste Schmeichelei" - ein Weg zur Freundschaft geht über die Nachahmung des anderen.

Unter Menschen geschieht das Nachahmen von Mimik, Gestik oder Körperhaltung meist unbewusst. Aber selbst wenn die imitierten Personen dies nicht bewusst wahrnehmen, fühlen sie Studien zufolge zu ihren Nachahmern eine stärkere Sympathie.

Foto: AP Text: dpa/ap/gal

Wie Krähen Physik nutzen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Krähe, dpa

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Krähen-Physik

Um an einen leckeren, im Wasserbehälter treibenden Wurm zu gelangen, werfen Saatkrähen Steine in das Gefäß, damit der Wasserspiegel steigt. Britische Biologen haben beobachtet, dass die Vögel dabei sogar abschätzen können, wie viele Steine sie brauchen, um ihr Ziel zu erreichen.

Erst dann - und nicht etwa schon testweise vorher - schnappen sie sich die Beute. Zudem benutzen die Vögel bevorzugt größere Brocken, die einen stärkeren Effekt haben, berichten die Forscher in Current Biology (online).

"Rabenvögel kommen in ihrer technischen Auffassungsgabe und Fähigkeit, Probleme zu lösen, auf vielfältige Weise den großen Affen gleich", sagt Christopher Bird von der University of Cambridge. "Das ist bemerkenswert, da ihr Gehirn so völlig verschieden von dem der großen Affen ist."

Bird und seine Kollegen hatten vier Saatkrähen vor die Aufgabe gestellt, einen Wurm aus einem Gefäß mit Wasser zu fischen. Der Wasserspiegel war so niedrig, dass die Beute für die Vögel nicht erreichbar war. Alle vier schafften es aber, den Wurm mit Hilfe der Steine in ihre Reichweite zu bringen.

Trotz ihrer beeindruckenden technischen Intelligenz in künstlich geschaffenen Situationen benutzen Rabenvögel in freier Wildbahn kaum Werkzeuge. Dort fehlt ihnen schlicht die Notwendigkeit und damit die Motivation. Statt aufwendig einen Weg zu finden, an ein bestimmtes Futter zu gelangen, wählen sie meist eine nahrhafte Alternative, die leichter zu bekommen ist.

Foto: dpa SZ vom 07.08.2009/wsa/gal

Warum es besser sein kann, scheinbar zwei Köpfe zu haben, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Seeschlange, dpa

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Seeschlangen verwirren Feinde

Gegen Angreifer von vorn sind Seeschlangen gut gewappnet: Sie zählen zu den giftigsten Schlangenarten überhaupt. Was aber, wenn sich ein Feind von hinten anschleicht? Einige Seeschlangen haben das Problem gelöst: Ihr Hinterteil ähnelt der Kopfansicht frappierend, zudem bewegt sich der Schwanz auch noch so ähnlich wie das Vorderteil.

Das berichten skandinavische Forscher im Fachjournal Marine Ecology (online). In den tropischen Gewässern der südlichen Hemisphäre leben 65 Seeschlangenarten, die meisten verbringen ihr gesamtes Leben im Wasser. Die in der Regel ein bis eineinhalb Meter langen Tiere ernähren sich vor allem von Fischen, die sie an Riffen jagen.

Wenn sie zwischen den Korallen und in Vertiefungen herumstöbern, sehen sie allerdings Feinde oft nicht, die aus dem offenen Meer heranjagen - Haie, große Fische und Vögel etwa.

Johan Elmberg von der Kristianstad University in Schweden entdeckte nun, dass Gebänderte Gelblippen-Seeschlangen (Laticauda colubrina) ihren Schwanz so halten, dass er der Frontalansicht gleicht. Verstärkt wird dieser Eindruck durch Färbung und Muster, die der des Kopfes ähneln, stellte Elmberg bei Tauchgängen mit Arne Redsted Rasmussen von der Royal Danish Academy of Fine Arts in Kopenhagen vor der indonesischen Küste fest.

Foto: dpa / Hydrophis pachycercos Text: dpa/gal

Was niedlich scheinende Streifenhörnchen mit Tigern und Krokodilen gemein haben, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Streifenhörnchen, istock

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Ein Tier mit Biss

Bislang galten Streifenhörnchen als ausschließlich niedliche Tiere. Jetzt hat sich herausgestellt, dass sie zumindest eines mit Tiger, Krokodilen und Haien gemein haben: einen starken Biss.

Der Kaumuskel einiger Hörnchenarten enthält ein Muskelprotein, das man bislang vor allem von Raubtieren kannte, berichten Biologen der Ohio State University im Fachmagazin Journal of Experimental Biology (Bd. 212, S. 2511, 2009).

Das auch als "superschnelles" Myosin Heavy Chain M (MHC-M) bezeichnete Muskelprotein fanden die Forscher bei vier Hörnchenarten, darunter bei Grau- und Streifenhörnchen. Diese knacken harte Nüsse, während andere Vertreter der Spezies, etwa Gleit- und Rothörnchen, nagen müssen, um an den Inhalt der Nüsse heranzukommen.

Bisher dachten Wissenschaftler, dass Nager dieses Kaumuskel-Myosin im Laufe der Evolution verloren hätten. Nun vermuten sie, dass die Unterschiede bei den Muskelproteinen ein Wettbewerbsvorteil des amerikanischen Grauhörnchens sein könnte. Dieses hat Europas Eichhörnchen in manchen Gebieten bereits verdrängt.

Foto: istock (SZ vom 4.8.2009/lavö)

Auf der folgenden Seite: Warum hat der Tukan einen so großen Schnabel?

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Quelle: SZ

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Klimaanlange im Schnabel

Warum kippt der Riesentukan eigentlich nicht nach vorne um bei diesem stolzen Schnabel, den er da vor sich herträgt? Ein Drittel seines Körperlänge macht der exorbitante Zinken aus. Der Vogel gerät deshalb nicht aus dem Gleichgewicht, weil sein Schnabel aus einem leichten schaumartigen Material besteht.

Bleibt die Frage, wozu die Tukane überhaupt ihren überdimensionierten Schnabel brauchen. Kanadische Forscher haben nun entdeckt, dass er als Klimaanlage dient.

Sie setzten Tukane in Käfige, die sie entweder erhitzten oder abkühlten. Dabei nahmen sie die Tiere mit einer Wärmebildkamera auf. Bei hohen Temperaturen gaben die Tukane über ihren gut durchbluteten Schnabel Wärme ab. Bei niedrigen Temperaturen zogen sich diese Blutgefäße dann zusammen, um Wärme zu halten.

Wie effektiv die Klimaanlage arbeitet, zeigte sich abends. Binnen weniger Minuten kühlte der Schnabel der Tiere um zehn Grad Celsius ab. Die Vögel reduzierten so ihre Körpertemperatur beim Schlafen, um Energie zu sparen.

Foto: dpa

(SZ vom 24.7.2009/tiba)

Was dem Dackel seine kurzen Beine beschert, lesen Sie auf der folgenden Seite.

Dackel, dpa

Quelle: SZ

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Warum hat der Dackel so kurze Beine?

Laut Heidi Parker und Elaine Ostrander von den National Institutes of Health in Bethesda (USA) ist immer dieselbe Genveränderung für die besondere Bodennähe von Dackeln, Bassets und anderen kurzbeinigen Hunderassen verantwortlich (Science, online).

Die Wissenschaftler untersuchten die Erbanlagen von 835 Hunden aus 76 Rassen. Darunter waren 19 Rassen, die besonders kurze Beine haben - diese Tiere zeigten alle auffallende Ähnlichkeiten in einem Bereich des Erbguts.

Dort befindet sich normalerweise das Gen für einen Wachstumsfaktor aus der sogenannten FGF-Familie, die beim Menschen mit Kleinwüchsigkeit verbunden ist.

Auch wenn bei allen Kurzbeinern unter den Hunden die gleichen Gene betroffen seien: Solche Hunderassen seien in zahlreichen Ländern bei vielen Gelegenheiten gezüchtet worden, schreiben die Forscherinnen.

Deshalb glauben sie, dass die Erbgutveränderung schon früh in der Hundegeschichte entstand und später, bei der Züchtung von Dackel, Corgi oder Basset, nur immer wieder herausgekitzelt wurde.

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(SZ vom 17.07.2009/beu)

Wer sind die Meister der Manipulation? Mehr dazu auf der folgenden Seite.

Katze, AP

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Manipulation im Morgengrauen

Katzen sind Meister darin, Menschen morgens auf die Nerven zu gehen. Diese Situationen ergeben sich, wenn die Katze bei Morgengrauen oder früher Hunger hat oder wenn sie prüfen will, ob das Wetter einen Spaziergang zulässt. Dazu muss ihr aber erst die Türe geöffnet werden.

Wie gerissen die Tiere die Aufmerksamkeit ihrer Besitzer wecken, bestätigt nun Karen McComb von der britischen University of Sussex.

Die Katzenbesitzerin beschreibt im Fachblatt Current Biology (Bd. 19, S.R507, 2009), dass die Tiere hochfrequente Laute in ihr sonst als angenehm empfundenes Schnurren integrieren, die in einem Klangspektrum ähnlich den Geräuschen hilfloser Babys angesiedelt sind. Die Laute seien extrem schwer zu ignorieren, schreibt McComb, da sie bei Menschen eine Art Pflegeverhalten aktivieren.

"Einen Schrei in eine Lautäußerung zu integrieren, die wir eigentlich mit Zufriedenheit assoziieren, ist ziemlich raffiniert", sagt McComb. Eine schnurrende Katze stimme den Menschen so eher milde. Lautes Miauen oder andere grässliche Geräusche, zu denen diese Tiere in der Lage sind, könnten für die Katze hingegen kontraproduktiv wirken. Sie würde "wahrscheinlich aus dem Zimmer fliegen", sagt McComb. Zwar schaffen es viele Katzen, ihre Besitzer auch bei geschlossener Tür in den Wahnsinn zu treiben, aber der Weg zum vollen Futternapf ist trotzdem erst einmal versperrt.

Nun, wozu soll in diesem Fall eine Wissenschaftlerin zwischen Mensch und Katze vermitteln - jeder Katzenbesitzer kennt doch das Lied? Karen McComb kann eine neue Strophe hinzufügen. Sie stattete mehrere Katzenbesitzer mit Aufnahmegeräten aus, um das Frühstücksprogramm ihrer Tiere mitzuschneiden.

Die Aufnahmen spielten sie 50 Probanden vor. Die subtile Nachricht kam bei den Menschen sehr deutlich an. Selbst Studienteilnehmer, die nie eine Katze besessen hatten, empfanden die Laute einer hungrigen Katze als wesentlich dringlicher und unangenehmer als das niederfrequente Schnurren einer bedürfnislosen Katze. Je höher die Frequenz des Lautes war, desto dringlicher wurde er wahrgenommen.

Am häufigsten wenden Hauskatzen übrigens in Singlehaushalten diese Technik an - dort, wo sie sich ganz auf einen Besitzer konzentrieren können. Wo mehr Menschen den Futternapf füllen können, kommt eine hungrige Katze mit gewöhnlichem Miauen effektiver zu ihrem Ziel.

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(SZ vom 14.7.2009/Sebastian Herrmann/beu)

Hirsche sind wahrscheinlich mit Walen verwandt: Wie Zoologen darauf kommen, lesen Sie auf der folgenden Seite.

Wal, dpa

Quelle: SZ

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Wal-Verwandtschaften

Wer einen Hirsch beim Grasen aufschreckt, erwartet nicht, dass das Tier in den nächsten Teich springt und minutenlang unter Wasser verschwindet. Doch genau das haben Forscher bei sogenannten Mäuse-Hirschen (Großkantschil, Tragulus napu) auf Borneo beobachtet.

Während einer Feldstudie sahen Mitarbeiter der Naturschutzorganisation Nature Conservancy in Balikpapan in Indonesien die bis 30 Zentimeter großen, geweihlosen Hirsche (aus der Familie der Hirschferkel) in einem Fluss schwimmen.

Als die Tiere die Menschen bemerkten, tauchten sie ab. Während der folgenden Stunde kamen sie nur ein paar Mal kurz an die Wasseroberfläche, um nach Luft zu schnappen. Ein solches Verhalten war zuvor erst ein einziges Mal in Sri Lanka beobachtet worden.

"Es war ein Schock", berichtet der Naturfotograf Gehan de Silva Wijeyeratne. "Der Mäuse-Hirsch schien sich unter Wasser wohlzufühlen, als wäre er dazu gemacht."

Doch noch wichtiger seien die evolutionären Konsequenzen, kommentiert der Ökologe Erik Meijaard vom Nature Conservancy. Die Entdeckung stütze nämlich die These, dass Wale und Hirsche eng miteinander verwandt sind.

Ein weiteres Indiz für diese biologische Nähe: Die Mini-Hirsche ähneln dem vor zwei Jahren gefunden, 48 Millionen Jahre alten Indohyus-Fossil.

Das Skelett dieses Wiederkäuers hat Merkmale, die an den Knochenbau von Walen erinnern. Paläontologen vermuten daher, dass Indohyus ins Wasser zurückgekehrt sein muss und sich dort nach mehreren Millionen Jahren zu einem Wal entwickelt hat. Dass die asiatischen Mäuse-Hirsche auch heute noch tauchen, bestätigt diese Theorie.

Foto: dpa (SZ vom 09.07.2009/ Angela Neumann / gal)

Wie raffiniert eine Spinne in Taiwan ihr Lügennetz spinnt, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Spinnennetz, ddp

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Im Lügengespinst

Eine Spinne täuscht ihre Feinde, indem sie Doppelgänger aus Eihüllen und Resten ihrer Beute baut. Cyclosa mulmeinensis auf Orchid Island im Südosten Taiwans webt eine oder mehrere solcher Nachbildungen in das Netz ein und führt so ihre Feinde in die Irre.

Dabei ähneln ihr die Doubles nicht nur in Form und Größe, sondern auch in der Farbe, schreiben taiwanesische Wissenschaftler im Fachmagazin Animal Behaviour (online).

Die Forscher hatten eigentlich erwartet, dass die Dekorationen die Spinne in ihrem Netz tarnen sollen und sie damit weniger Attacken ausgesetzt wäre. Ling Tseng und I-Min Tso waren jedoch überrascht, als sie im Gegenteil mehr Angriffe beobachteten.

Zwar ziehen die Verzierungen des Netzes mehr Aufmerksamkeit auf sich, es scheint für die Spinne aber insgesamt ein Vorteil zu sein, da eher die Attrappen angegriffen werden, folgern die Wissenschaftler.

Die Feinde, beispielsweise Wespen, könnten farblich nicht zwischen Spinnen und den Attrappen unterscheiden. Befindet sich die Spinne mit mehreren der selbstgebauten Doppelgänger im Netz, ist es für den Angreifer also um einiges schwieriger, das richtige Ziel zu erkennen.

Netze, die mit zwei oder mehr solcher auffälligen Dekorationen ausgestattet sind, ziehen den Forschungen der beiden Biologen zufolge doppelt so viele Angriffe an wie undekorierte. Dabei gerät aber nur in einem Drittel der Fälle die Spinne selbst in Gefahr. Je größer die Spinnen werden, desto größer legen sie auch die Attrappen an.

Forscher rätseln schon lange darüber, warum Spinnen ihre Netze verzieren. Eine einheitliche Erklärung, was dieses Verhalten bewirken soll, gibt es bisher allerdings noch nicht. Die taiwanesischen Forscher vermuten, dass jede Spinnenart ihre eigene Verteidigungstaktik verfolgt.

Foto: Symbolbild/dpa

(SZ vom 8.7.2009/lavö/beu)

Eine Ameisenart in Costa Rica nutzt Pilze zum Tunnelbau - wie, erfahren Sie auf der folgenden Seite.

Ameise, dpa

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Kleine Statikerinnen

Eine Ameisenart in Costa Rica baut ihre Nester bevorzugt in Bäumen und benutzt dabei Schlauchpilze als Baumaterial. Azteca brevis konstruiert aus mehr als sieben verschiedenen Pilzarten ihr komplexes Röhrensystem.

Die Ameisen bauen ihre Tunnel entlang der Äste von Weidenbäumen, auf denen die Pilze gedeihen. Sie verweben dazu die fadenförmigen Hyphen der Schlauchpilze zu festen etwa drei Millimeter breiten Röhren, berichten die Biologen Veronika Mayer und Hermann Voglmayr von der Universität Wien im Fachjournal Proceedings of the Royal Society B (online).

Zuerst errichten die Ameisen Stützpfeiler, die sie anschließend durch zahlreiche Gewölbebogen verbinden. So sei die Konstruktion besonders stabil und trotze sogar tropischen Gewittern, schreiben die Forscher. Sie vergleichen den Bau mit Stahlgerüsten, wie sie menschliche Gebäude stützen.

Im Gegensatz zu anderen Ameisenarten züchtet Azteca brevis die Pilze ausschließlich als Baumaterial, nicht um sie zu fressen. Die Arbeiterinnen laufen durch das Gängesystem und pflegen es regelrecht. Sie achten darauf, dass die Pilze die Eingänge nicht überwuchern. Bisher waren lediglich Ameisen bekannt, die ihre Nester mit maximal zwei Pilzarten verstärken.

Foto: dpa / Cataglyphis fortis (SZ vom 25.06.2009/mech/gal)

Wie Ernährung und Fortpflanzung bei der Mönchsgrasmücke zusammenhängen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Mönchgrasmücke

Quelle: SZ

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Attraktives Schwarz

Es ist bei fast allen Tieren gleich: Die Weibchen suchen sich den Partner aus, nicht umgekehrt. Nur welche Merkmale überzeugen die Weibchen?

Männliche Mönchsgrasmücken signalisieren ihren Gesundheitszustand anhand ihres Gefieders: Je besser das Immunsystem ist, desto schwärzer sind die Kopffedern der Männchen. Das berichtet Carlo Catoni von der Universität Freiburg in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut Radolfzell im Fachmagazin Journal of Evolutionary Biology.

Es sind die in Früchten enthaltenen dunklen Farbpigmente, die indirekt die Federn am Kopf der Singvögel schwarz färben. Diese Flavonoide unterstützen das Immunsystem der Vögel. Die Antioxidantien machen freie Radikale unschädlich, die ansonsten durch ihre starke Reaktionsfreudigkeit mit anderen Molekülen die Zellalterung und das Entstehen von Krankheiten begünstigen.

Durch den Einsatz der aufgenommenen Flavonoide können die Mönchsgrasmücken körpereigene Pigmente, die sonst im Immunsystem benötigt werden, in die Federn einlagern.

Die Mönchsgrasmücken nehmen Flavonoide vor allem durch Brombeeren und schwarze Holunderbeeren zu sich. Je mehr Flavonoide ein Vogel aufnimmt, desto besser kann sein Immunsystem auf Infektionen reagieren. Das zeigte Catoni bereits im vergangenen Jahr.

Dabei stellte er auch fest, dass die Tiere Futter mit Flavonoiden anhand der Schwarzfärbung erkennen und dieses bevorzugen.

Bei den Weibchen ändert sich die Farbe des Gefieders nicht durch die Flavonoidaufnahme. "Ein klares Zeichen dafür", so Catoni, "dass die Farbintensivierung ein Signal der Männchen an ihre Artgenossinnen ist."

Foto: oh

(Veronika Schaefer, SZ vom 24.6.2009)

Die Männchen der Muschelkrebse werben dagegen mit Riesen-Sperma um Weibchen. Mehr dazu auf der folgenden Seite.

Muschelkrebs; istock

Quelle: SZ

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Krebse mit Riesen-Sperma

Bei vielen Tierarten müssen sich die Männchen etwas einfallen lassen, um ein Weibchen zu erobern. Vögel versuchen oft, die Auserwählte mit einem prächtigen Gefieder oder einem verführerischen Tanz zu überzeugen; Hirsche protzen mit ihrem beeindruckenden Geweih.

Bei Muschelkrebsen hat sich die Evolution etwas anderes ausgedacht: Sieger im Wettstreit mit den Rivalen wird, wer das größte Spermium produziert. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben nun herausgefunden, dass diese Art der Konkurrenz keine Erfindung der Neuzeit ist, sondern von Muschelkrebsen schon seit 100 Millionen Jahren praktiziert wird. (Science, online).

Mit einer speziellen Technik untersuchten sie das Innenleben fossiler Exemplare und entdeckten dabei Strukturen zur Produktion von Riesen-Spermien. Auch manche Fruchtfliegen haben solche Samenzellen, die manchmal größer sind als sie selbst.

Im Verhältnis zur Körpergröße müsste ein menschliches Spermium etwa 40 Meter lang sein, um mithalten zu können.

Foto: istock

(SZ vom 19.6.2009/tiba)

Wie Affen ihre Chefs täuschen, erfahren Sie auf der folgenden Seite.

Klammeraffe, dpa

Quelle: SZ

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Dummstellen hilft

Affen halten ihr Wissen über Futterstellen zurück, solange ihr Anführer in der Nähe ist. Dieses Täuschen eines Konkurrenten beherrschen verschiedene Affenarten unterschiedlich gut, berichtet ein internationales Forscherteam (Proceedings of the Royal Society B, online).

Die Gruppe um Federica Amici von der Universität Liverpool und dem Max Planck Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat Geoffroy-Klammeraffen, Hauben-Kapuzineraffen und Javaneraffen untersucht.

Für die Affen sichtbar, legten die Forscher Bananen und Rosinen in einen Karton. Die Versuchstiere kannten das Versteck, konnten die Kiste öffnen und das Futter fressen. Dann ließen die Forscher zusätzlich einen ranghöheren Affen ins Gehege. "Dem dominanten Anführer einer Gruppe ist es in der Natur normalerweise vorbehalten zuerst zu fressen", sagt Amici.

Doch die Tiere gaben das Versteck ihres Futters gegenüber den Alphamännchen nicht preis. Stattdessen hielten sie sich vom Futter fern, um die Aufmerksamkeit nicht darauf zu lenken. Erst wenn der starke Konkurrent wieder weit entfernt war, versuchten sie, das Obst zu holen.

Die Klammeraffen waren dabei besonders geschickt; sie konnten das Futter meist für sich behalten. Die Kapuzineraffen verloren ihr Fressen hingegen häufiger an den dominanten Artgenossen. Sie schienen sich nicht so lange zurückhalten zu können und verrieten die Futterquelle, solange das Alphatier noch in der Nähe war. Die Javaneraffen trauten sich in Gegenwart ihres Anführers kaum noch zur Kiste und konnten so ihren Wissensvorsprung nicht mehr ausnutzen.

"Das Verhalten entspricht genau der Gruppenstruktur der jeweiligen Art", sagt Amici. Während die Hierarchie der Javaneraffen sehr streng ist und Fehlverhalten sofort bestraft wird, ist die Gesellschaft der Klammer- und Kapuzineraffen lockerer: Die Tiere können sich daher einen Täuschungsversuch gegenüber dem Anführer erlauben.

(SZ vom 17.6.2009/mech)

Warum können Schwäne zeitweilig nicht fliegen? Mehr dazu auf der nächsten Seite.

Schwan, AP

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Die Last der Federn

Einmal im Jahr verliert jeder Höckerschwan all seine Schwungfedern. Bis zu acht Wochen dauert es, bis sie wieder vollständig nachgewachsen sind. In dieser Zeit der Mauser können die Tiere nicht fliegen. Offenbar begrenzt gerade diese Zeitdauer die Körpergröße flugfähiger Vögel, haben nun Biologen an der University of Washington entdeckt (PLoS Biology, online).

Die Höckerschwäne mit einem Gewicht von bis zu 15 Kilogramm gehören zu den schwersten Tieren, die sich auf ihren Schwingen in die Luft erheben können.

Im Gegensatz zu Haaren wachsen Federn nur über einen begrenzten Zeitraum. Vögel pflegen daher ihr Gefieder regelmäßig, indem sie Körpersekrete über die Federn verteilen und sie so geschmeidig und wasserabweisend machen. Dennoch nutzen sich vor allem die großen Schwungfedern mit der Zeit ab, zum Beispiel durch die ultra-violette Strahlung der Sonne oder Bakterienbefall. Die Mauser ist notwendig, um sie zu erneuern. "Der Ablauf ist genau festgelegt", schreibt Sievert Rohwer, Hauptautor der Studie.

Eine Amselfeder braucht beispielsweise drei Wochen, um nachzuwachsen. Dagegen dauert die vollständige Mauser eines Albatrosses bis zu drei Jahre. "Große Seevögel sind auf absolut funktionsfähige Flügel angewiesen", sagt Rohwer. "Daher fällt bei ihnen stets nur eine Feder zur Zeit aus."

Die Reihenfolge, in der sich das Gefieder nach und nach erneuert ist stets die gleiche. "Schon eine fehlende Feder beeinträchtigt den Flug des Albatrosses", sagt Michaela Hau, Evolutions-Physiologin am Max-Planck-Institut für Ornithologie. Der Vogel muss demnach genau wissen, wie er seinen Flug während der Mauser anzupassen hat.

Je größer und damit schwerer ein Vogel ist, desto länger müssen seine Federn sein, um ihn zu tragen; beim Schwan bis zu 40 Zentimeter. Dennoch wachsen lange Federn pro Zentimeter kaum schneller als kurze. "Die Wachstumsrate der Federn kann irgendwann nicht mehr mit deren Länge mithalten", sagt Rohwer. Dies hätte zur Folge, dass Federn kaputt gingen, bevor sie ersetzt werden könnten. "Weil Vögel aber ein intaktes Gefieder brauchen, hört der Körper vorher auf zu wachsen", sagt Rohwer.

In theoretischen Modellen haben die Biologen berechnet, dass es 56 Tage dauert, bis die Flugfeder eines zehn Kilogramm schweren Vogels gewachsen ist. "Wie bei einem Flugzeug müssen auch bei Vögeln die Flügel deren Gewicht in der Luft halten können", sagt Michaela Hau. "Flügel, die zum Beispiel einen Straußenvogel tragen könnten, müssten gigantisch groß sein", sagt Hau. Doch der Strauß braucht keine Flügel: Mit seinen langen, kräftigen Beine kann er vor Fressfeinden davon laufen. Er hat scharfe Krallen entwickelt, um sich zu verteidigen.

Der Höckerschwan flüchtet dagegen während der Mauser schwimmend auf die Mitte seines Sees.

Foto: AP

(Christina Merkel/SZ vom 16.6.2009)

Kolibris brechen bei ihrem Flug mehrere Rekorde. Mehr dazu auf der nächsten Seite.

Kolibri, Reuters

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Beschleunigungskünstler

Kolibris werben mit einem tollkühnen Sturzflug um die Weibchen und stellen dabei einen Geschwindigkeitsrekord auf. Gemessen an seiner Körpergröße fliegt kein anderer Vogel schneller, entdeckte Christopher Clark von der Universität Kalifornien in Berkeley mit Hilfe von Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen.

Die Sturzflüge des Annakolibris (Calypte anna) von der amerikanischen Westküste beschreibt Clark in den britischen Proceedings of the Royal Society B.

Die Tiere gehen dabei hart an ihr Limit. Ihre Maximalgeschwindigkeit beim Sturzflug betrug etwa 26 Meter pro Sekunde (93 Kilometer pro Stunde). Damit sind die Tiere zwar langsamer als etwa Wanderfalken, die es bis auf über 70 Meter pro Sekunde (250 km/h) bringen - verglichen mit der Körpergröße ist das nur sieben Zentimeter große Tier aber fast doppelt so schnell. Es legt pro Sekunden etwa 385 Körperlängen zurück.

Die Tiere schlagen zu Beginn des Sturzflugs noch mit den Flügeln, um zu beschleunigen, legen diese dann flach an den Körper und fangen sich schließlich wieder ab. Dabei treten Kräfte von etwa der neunfachen Erdbeschleunigung auf. Diese Beschleunigung sei die Höchste, die je von einem Wirbeltier bei einem freiwilligen Manöver beobachtet wurde, berichtet Clark. Sie ist vergleichbar mit den Kräften, denen sich Jetpiloten bei ihren Flugmanövern aussetzen.

Nach seinen Berechnungen liegen die Vögel knapp unter der Belastungsgrenze für ihre Flugmuskeln.

Foto: Reuters

(dpa/beu)

Tintenfische nutzen Bakterien als Sehhilfe: Wie das geht, erfahren Sie auf der folgenden Seite

Zwergtintenfisch, dpa

Quelle: SZ

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Sehen mit Bakterien

Für den Zwergtintenfisch Euprymna scolopes ist Tarnung alles. Wenn die Tiere durch pazifische Gewässer schwimmen, müssen sie stets auf der Hut vor Feinden sein. Euprymna scolopes ist deshalb eine Symbiose mit bioluminiszenten Bakterien eingegangen.

Diese leben im Mantel der Tintenfische und erzeugen Licht, das sie so an die Außenverhältnisse anpassen, dass ihre Wirte beinahe unsichtbar werden. Die Unterseite der Tintenfische gleicht dann dem umgebenden Wasser. Fressfeinde, die nach oben spähen, erkennen ihre potentielle Mahlzeit entsprechend schwer.

Biologen der University of Wisconsin-Madison haben nun festgestellt, dass die Tintenfisch-Bakterien-Kombination nicht nur Licht aussendet, sondern dass die Hülle der Tiere auch empfindlich auf Licht reagiert (PNAS, online). Durch das zusätzliche Riesenauge seien die Tintenfische in der Lage, die Intensität des Umgebungslichts zu erkennen und ihr optisches Täuschungsmanöver entsprechend auszurichten, schreibt die Studienleiterin Margaret McFall-Ngai.

Foto: picture-alliance

(SZ vom 3.6.2009/beu)

Saatkrähen stellen Werkzeuge her. Mehr dazu auf der nächsten Seite.

Saatkrähe, dpa

Quelle: SZ

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Handwerker mit Flügeln

Saatkrähen benutzen Werkzeuge ebenso geschickt wie Menschenaffen. In verschiedenen Experimenten wählten die Krähen, denen die Forscher der Universitäten von Cambridge und London die Namen Conolly, Fry, Monroe und Cook gegeben hatten, das richtige Werkzeug aus, um eine Wachsmotte zu ergattern.

Für den Leckerbissen stellten sie sogar Werkzeuge her oder benutzten zwei Werkzeuge nacheinander (PNAS, online). Anders als etwa Schimpansen gebrauchen Saatkrähen in freier Wildbahn keine solchen Hilfsmittel; die Vögel lösten im Labor also Probleme, die es in ihrer natürlichen Umwelt gar nicht gibt - ein Zeichen ihrer hohen Intelligenz.

Im ersten Versuch mussten die Krähen einen Stein in ein Röhrchen werfen, um den Deckel eines Behälters zu zertrümmern, in dem die Motte lag. Alle vier suchten sich dafür möglichst große Steine aus. Als die Forscher den Durchmesser des Röhrchens verkleinerten, wählten die Krähen sofort kleinere Steine. Gab es keine Steine, nahmen die Krähen einen Stock. War der Stock zu leicht, um damit den Deckel aufzubrechen, drückten die Vögel ihn mit dem Schnabel so lange nach unten, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Passte der Stock nicht in das Röhrchen, bearbeiteten sie ihn, bis er passte.

Im schwierigsten Experiment mussten die Krähen einen großen Stein benutzen, um an einen kleineren zu gelangen, der in das Röhrchen passte. Die Tiere lösten auch dieses Problem beim ersten Versuch.

Foto: dpa (SZ vom 26.05.2009/tiba/gal)

Auch Raben sind schlaue Vögel - und arbeiten beispielsweise zusammen, wenn es ihnen hilft. Mehr dazu auf der nächsten Seite.

Spottdrossel, ddp

Quelle: SZ

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Zwitschern mit dem Wetter

Vogel-Männchen singen aufwendigere Lieder, wenn sie in einer Gegend leben, in der das Wetter häufig wechselt. Raue Winter, sehr trockene Sommer und häufige Wetteränderungen erschweren das Leben der Tiere.

In solch einer anspruchsvollen Umwelt entwickeln Spottdrosseln kompliziertere Gesangsmuster als ihre Artgenossen in gemäßigten Breiten, beobachtete ein Team um den Neurobiologen Carlos Botero vom Labor für Ornithologie an der Cornell-Universität in Ithaca. Eine anspruchsvolle Melodie zeuge von einer hohen Gehirnleistung des Vogels, so Botero.

Die intelligenten Vögel setzen sich dann auch in der schwierigen Umgebung besser durch. Bleibt das Wetter jedoch stets gleich, müssen die Spottdrosseln ihr Gehirn weniger anstrengen. Damit bleiben auch ihre Lieder einfach strukturiert (Current Biology, online).

Einen weiteren Grund für die Wetterabhängigkeit sehen die Ornithologen in der sogenannten sexuellen Selektion. Die männlichen Singvögel werben mit ihrem Gesang um Weibchen und versuchen Rivalen auszustechen.

"Mit komplizierten Melodien wollen die Männchen zeigen, wie gut sie für die Paarung geeignet wären", sagt Botero. "Gerade in harten Zeiten paaren sich die Weibchen bevorzugt mit dem Besten und das ist aus ihrer Sicht eben der Vogel, der am schönsten singen kann."

Foto: Louis Guillette/ddp (SZ vom 22.05.2009/mech/gal)

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Quelle: SZ

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Der schon wieder

Brütende Spottdrosseln erkennen unter zahlreichen anderen Passanten einen Menschen wieder, der schon einmal ihr Nest bedroht hat. Nähert sich dieselbe Person erneut, flüchten die Tiere eher als bei einem noch unbekannten Menschen.

Das Team um den Biologen Douglas Levey von der University of Florida beobachtete 24 brütende Spottdrosseln auf dem Campusgelände (PNAS, online). An vier aufeinanderfolgenden Tagen berührte derselbe Mensch das Nest und die Vögel flogen mit jedem Tag schneller davon.

"Die Spottdrosseln müssen diesen einen Menschen von den tausend anderen unterscheiden, die täglich über den Campus laufen", sagt Levey. Kam am fünften Tag eine neue Person auf die Vögel zu, verhielten sie sich wieder wie am ersten Tag.

Bisher nahmen Forscher an, das eigentlich nur Säugetiere Individuen einer anderen Art unterscheiden können. Vögeln war dies nur in Gefangenschaft gelungen. Die untersuchten Spottdrosseln hätten sich, so die Biologen, besonders gut an das Leben in der Stadt und unter Menschen angepasst.

Foto: AP (SZ vom 19.5.2009)

Gorillas klatschen

Quelle: SZ

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Affenalarm

Die Gorilla-Mutter klatscht zwei Mal in die Hände schon schaut ihr Nachwuchs auf. Was bei einem Menschen ganz normal erscheinen würde, haben Verhaltensbiologen nun auch bei Flachlandgorillas beobachtet.

Vier verschiedene Gruppen der Menschenaffen warnten durch das Klatschen sowohl ihre Kinder als auch die ganze Gruppe vor möglichen Gefahren (Primates, online). "Am meisten überrascht hat mich, wie kontrolliert die Gorilla-Weibchen klatschten", sagt Studienleiterin Ammie Kalan von der Oxford Brookes University. Die Affen standen dabei auf zwei Beinen. "Eben genauso wie ein Mensch klatschen würde."

Als die Forscher den Gorillas zu nahe kamen, klatschte eines der Weibchen. Die ganze Gruppe unterbrach das Fressen, folgte dem Blick der Mutter und zog kurze Zeit später tiefer in den Wald.

Das Klatschen alarmierte auch den männlichen Anführer der Gruppe. Er brüllte und trommelte sich auf die Brust, um seine Gegenüber einzuschüchtern. Erst einmal, vor mehr als 20 Jahren, war bei wilden Gorillas eine Art Klatschen beobachtet worden.

Foto: dpa (SZ vom 12.5.2009)

Goldschopf-Pinuin, Reuters

Quelle: SZ

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Talent für die Langstrecke

Ein halbes Jahr im Wasser ohne ein einziges Mal festen Boden unter den Füßen - Goldschopf-Pinguine sind wahre Marathon-Schwimmer.

Die Tiere, die auf dem Kerguelen-Archipel im südlichen Indischen Ozean leben, legen während ihrer jährlichen Winter-Wasserreise im Schnitt etwa 10.000 Kilometer im offenen Meer zurück. Das haben Forscher um Charles-André Bost vom Chizé-Zentrum für Biologische Studien in Viliers-en-bois beobachtet (Biology Letters, online). Die Jagd nach Futter erledigen die Tiere unterwegs; Sinn der langen Reise ist vor allem die Nahrungssuche.

Um die Route der Goldschopf-Pinguine zu verfolgen, banden ihnen die französischen Wissenschaftler nur sechs Gramm schwere Überwachungsapparate an die Schwimmfüße. Die Geräte zeichneten während der Reise den jeweiligen Ort ihrer Träger auf, außerdem Lichtverhältnisse und Wassertemperaturen.

Eines der Ergebnisse ist, dass sich die mutigsten Pinguine bis zu 2400 Kilometer weit von den Kerguelen-Inseln entfernen. Im Frühling kehren die Tiere zu ihrer heimatlichen Inselgruppe zurück und bewältigen dabei manchmal mehr als 1700 Kilometer pro Monat.

Foto: Reuters (SZ vom 14.05.2009)

Riesenhai

Quelle: SZ

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Geheimquartier der Riesenhaie entdeckt

Mit bis zu zehn Metern Länge ist der Riesenhai der zweitgrößte Fisch der Erde. Dennoch haben es die stattlichen Tiere in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, sich jedes Jahr im Winter irgendwo im Ozean zu verstecken - so gut, dass Meeresforscher nicht sagen konnten, wohin sie entschwinden. Erst jetzt haben Biologen das winterliche Quartier der Riesenhaie entdeckt (Current Biology, online).

Die Tiere ziehen von den gemäßigten Breiten Neu-Englands entlang der Küste bis in die tropischen Gewässer der südlichen Halbkugel. Dabei legen die Haie bis zu 9000 Kilometer zurück und schwimmen wochen- manchmal sogar monatelang in Wassertiefen von 200 bis 1000 Metern. So blieben sie den Messgeräten der Forscher verborgen.

"Wir waren bisher überzeugt, dass Riesenhaie Kaltwasser-Fische sind", sagt Studienleiter Gregory Skomal, Direktor der Meeresfischerei-Behörde von Massachusetts.

Foto: istock (SZ vom 9.5.2009)

Papagei

Quelle: SZ

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Leidenschaftliche Tänzer

Sie können nicht nur Rollschuh fahren, sondern auch tanzen: Papageien sind sind nach Erkenntnissen von US-Forschern die einzigen Tiere, die sich rhytmisch bewegen. Dass gerade diese sprachbegabten Vögel besonders musikalisch sind, deuten Wissenschaftler der Universität Harvard als Beleg dafür, dass die Musikalität des Menschen ein Nebenprodukt der Sprachentwicklung ist.

Auf der Internetplattform YouTube sichteten die Wissenschaftler Videos tanzender Tiere. Auf einigen Aufnahmen bewegten sich Vögel - darunter 14 Papageienarten - tatsächlich synchron zur Musik. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift Current Biology weiter berichten, bestach vor allem ein Kakadu durch seine Tanzkünste. Er bevorzugte den Song "Everybody" von den Backstreet Boys.

Foto: dpa (AP)

Guppys

Quelle: SZ

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Flossen weg!

Sexuelle Belästigung veranlasst Guppy-Weibchen dazu, ihren Schwarm zu verlassen und sich einem anderen anzuschließen. Das haben Zoologen des Forschungszentrums für Tierverhalten der britischen University of Exeter beobachtet (Proceedings of the Royal Society B., online).

Schon nach kurzer Zeit konnten die abgewanderten Guppy-Weibchen zudem ihre Artgenossinnen aus dem alten Schwarm nicht wiedererkennen. Hielten die Forscher die Fische dagegen in rein weiblichen Gruppen, scheuten sie die fremden und bevorzugten die ihnen bekannten Fische. "Enge soziale Strukturen sind in der Natur lebenswichtig", sagt die Hauptautorin der Studie. Die ausgewanderten Weibchen hätten geringere Chancen zu überleben.

Foto: istock (SZ vom 28.4.2009)

Ameisen

Quelle: SZ

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Ein Staat ohne Männer

Eine Welt ohne Männer - die hat sich eine Ameisenart in Südamerika geschaffen. Die Ameisen verzichten vollständig auf Sex, stattdessen vermehren sie sich durch Klonen.

Mycocepurus smithii ist die erste bekannte Ameisenart, in der deshalb ausschließlich weibliche Tiere existieren, berichtet das Team um die amerikanische Evolutionsbiologin Anna Himler im Fachjournal Proceedings of the Royal Society B (online).

Die Eier der Königinnen entwickeln sich auch unbefruchtet zu neuen Tieren. Alle Nachkommen einer Kolonie sind dann genetisch identische Töchter. Die Forscher hatten 370 Ameisennester aus verschiedenen Teilen Südamerikas über fünf Jahre hinweg beobachtet und dabei kein einziges Männchen entdeckt.

Beim Sezieren der Tiere fanden die Biologen außerdem zurückgebildete Sexualorgane vor, die Weibchen sind auch physisch nicht mehr in der Lage sich zu paaren. Dies lässt auf eine lange Generationen-Folge ohne Sex schließen.

Foto: ddp (SZ vom 16.4.2009)

Küken

Quelle: SZ

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Küken können zählen

Nach einer Studie italienischer Forscher haben Küken arithmetische Fähigkeiten. Die frisch geschlüpften Tiere sind demnach zumindest in der Lage, große von kleinen Mengen zu unterscheiden, wie die Forscher der Universitäten Trient und Padua im Fachjournal Proceedings of the Royal Society B erläuterten.

In einem Testverfahren wurden den Tieren fünf gelbe Plastikbehälter aus Überraschungseiern in den Käfig gelegt. Nach drei Tagen wurden abwechselnd zwei oder drei der Plastikeier vor den Augen der Küken hinter zwei Trennwänden versteckt. Die Küken wählten jedes Mal die Trennwand, hinter der die meisten Behälter lagen. Dass sich die Tiere dabei tatsächlich nach der Anzahl und nicht nur nach dem Volumen der versteckten Objekte richteten, bestätigten die Forscher, indem sie anstatt der Eier flache rote Plättchen verwendeten.

Foto: dpa (AP)

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