Der oder die Kleinere zu sein, kann einem viele Chancen im Leben verbauen. Zumindest gilt das für Erdmännchen. Zierlich gebaute Exemplare dieser Mangusten schaffen es zum Beispiel seltener bis an die Spitze der Rangfolge. Dabei winkt dort ein verlockendes Privileg: die Möglichkeit, sich fortzupflanzen.
Oft bekommt nur das ranghöchste Pärchen in den bis zu 50-köpfigen Gruppen Nachwuchs. Alle anderen Erdmännchen müssen sich zwar an der Aufzucht der Jungen beteiligen, Babysitter- und Wachdienste übernehmen, haben aber kaum die Chance, selbst einmal zum Zug zu kommen.
Was hilft? Viel fressen. Wer mehr futtert, wächst besonders stark und erhöht damit seine Chancen auf einen höheren sozialen Rang - so weit ist das Prinzip gut bekannt. Nicht belegt war aber bisher, dass Tiere ihr Fressverhalten auch am Wachstum ihrer Artgenossen ausrichten nach dem Motto: Rückt dir ein Rivale in der Hierarchie dicht auf die Pelle, friss einfach mehr, um den anderen auf Abstand zu halten.
Diesen Zusammenhang zeigen Biologen um Elise Huchard von der University of Cambridge in einer Studie im Fachmagazin Nature (online). Die Forscher wählten aus 14 Erdmännchen-Gruppen in der afrikanischen Kalahari je zwei heranwachsende, gleichgeschlechtliche Wurfgeschwister aus. Eines von ihnen päppelten die Wissenschaftler über drei Monate mit einem gekochten Ei pro Tag.
Erwartungsgemäß nahmen diese Tiere zu - doch nicht nur sie. Auch ihre nicht extra gefütterten Geschwister wurden während der Studie schwerer und größer, und zwar deutlich mehr als gleichaltrige Kontrolltiere, deren Geschwister nicht zugefüttert wurden. Um das zu ermitteln, hatten die Forscher den Tieren zuvor beigebracht, freiwillig auf eine grammgenaue Waage zu klettern.
Eine weitere Analyse bestätigte den Einfluss eines Rivalen in der gruppeninternen Hierarchie auf den Appetit. War ein Erdmännchen aus irgendeinem Grund in der Rangordnung aufgestiegen - etwa weil das bis dahin dominante Tier gestorben war - futterte sich der Emporkömmling in den folgenden fünf Monaten zusätzlichen Speck an.
Dies lasse sich nicht allein auf besseren Zugang zu ergiebigen Nahrungsquellen zurückführen, wie sie eine ranghohe Stellung meist mit sich bringt, schreiben die Autoren. Vielmehr handele es sich um "kompetitives Wachstum". Denn die Gewichtszunahme des sozialen Aufsteigers fiel umso deutlicher aus, je ähnlicher sich gewichtsmäßig das nun dominante Tier und das zweite in der Rangfolge waren. Übertrumpfte hingegen das aufgestiegene Erdmännchen seinen Rivalen auf der Waage sowieso schon deutlich, hatte es zusätzliche Fressorgien nicht mehr so nötig, um seinen Status zu behaupten.
Wie genau ein Erdmännchen Gewicht und Größe seiner Rivalen wahrnimmt, lässt sich bislang nur vermuten. Möglicherweise seien dafür Körperkontakt wichtig sowie Aussehen, Stimme und Geruch der Artgenossen. Die Forscher halten es für denkbar, dass "kompetitives Wachstum" auch bei anderen sozial lebenden Säugetieren vorkommt, möglicherweise auch beim Menschen.