Wunderwaffe:200 Knoten unter Wasser

Der Iran hat einen neuen, superschnellen Torpedo getestet. Das Geheimnis seiner Geschwindigkeit ist eine Gasblase, die er selbst erzeugt.

Christopher Schrader

Konteradmiral Ali Fadawi war offenbar stolz auf sein Land: "Wir besitzen jetzt eine Rakete, die 100 Meter pro Sekunde schnell ist" - und zwar unter Wasser. Iran sei das zweite Land der Welt, das eine solche Waffe besitze, gab der Offizier am vergangenen Sonntag bekannt.

Parallel dazu liefen Fernsehbilder, wie eine Art Torpedo von einem Schiff abgefeuert ins Wasser klatschte und dann wie in einem weißem Strahl unter der Wasseroberfläche entlangraste. Hundert Meter pro Sekunde, das sind 360 Kilometer pro Stunde oder fast 200 Knoten - also gut dreimal so schnell wie konventionelle Torpedos. Wie die iranische Waffe dieses Tempo erreicht, erklärte der Konteradmiral nicht, aber eigentlich kommt dafür nur eine einzige Methode in Frage: Der Sprengkörper huscht in einer Gasblase durch das Wasser, die er selbst erzeugt.

Das Geheimnis: Kavitation

Schiffbauer kennen das Phänomen unter dem Namen Kavitation: Gleitet ein Körper schnell durch das Wasser, entsteht an seiner Oberfläche ein Unterdruck, in dem sich Bläschen von Wasserdampf bilden. Das ist oft unerwünscht, zum Beispiel weil es an den Schrauben von Schiffen den Antrieb stört: Der Propeller kann wegen der Gasblase nicht mehr so viel Kraft auf das Wasser ausüben wie erwünscht. Bei U-Booten erzeugen die Bläschen zudem Lärm, wenn sie wieder platzen.

Inzwischen gibt es aber auch Ingenieure, denen die Bläschen willkommen sind. Beim japanischen Versuchsschiff Seiun-Maru erzeugt eine Pumpe am Bug einen Film von Bläschen, der den Wasserwiderstand verringert - zurzeit um etwa fünf Prozent (SZ, 11.5.2005). 20 Prozent Treibstoffersparnis sind nach Laborexperimenten drin.

Militärisch nutzt die russische Marine den Effekt bereits: Ihr Torpedo Schkwal (Sturmböe) erzeugt offenbar durch eine speziell geformte Kante kurz hinter dem Kopf eine große Gasblase, durch die der Rest des Geschosses mit sehr geringer Reibung gleitet; dieser Effekt heißt Superkavitation. Angetrieben von einem Haupt- und mehreren Nebenraketentriebwerken erreicht der Torpedo etwa 200 Knoten; die Abgase der Raketen werden zur Nase des Torpedos geleitet und dort ausgestoßen, um die Blasenbildung zu erleichtern. Nach Angaben der Rüstungsexperten von Jane's Missiles & Rockets bietet Russland seit einiger Zeit auch eine Exportversion an. Womöglich haben die Iraner die Technik also von den Russen übernommen.

Über die Zählweise des Konteradmirals Fatawi jedoch dürften Experten streiten. Auch die deutsche Rüstungsfirma Diehl BGT Defence am Bodensee arbeitet an einem Kavitationstorpedo namens Barracuda. Nach Angaben auf der Webseite des Unternehmens sind einige "Versuchskörper" gebaut und erfolgreich erprobt worden. Der Torpedo ist demnach dank einer beweglichen Nase im Gegensatz zum Schkwal lenkbar und schneller als die russische Waffe. Allerdings hat Diehl nur die Lenkung entwickelt; die weitere Entwicklung, so ein Firmensprecher, müsste woanders geschehen.

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