Wolkenphysik:Hilfe von unten

Damit sich Wasserdampf zu Tröpfchen oder Eiskristallen formt, braucht er Hilfe. Solche Kondensationskeime kommen auch aus dem Meer. Stücke von Algen werden in die Höhe getragen und bewirken, dass Tröpfchen gefrieren.

Von Christopher Schrader

Kieselalgen spielen womöglich eine wichtige Rolle bei der Bildung von Wolken, besonders von Eiswolken. Wassertröpfchen, in denen sich Bruchstücke und Sekrete der Einzeller angereichert haben, gefrieren bei höheren Temperaturen als Flüssigkeit mit weniger dieser Partikel. Ein internationales Forscherteam um Theodore Wilson von der Universität Leeds und Luis Ladino von der Universität Toronto hat in der Arktis, im Nordatlantik, Nordpazifik und Küstengewässern Kanadas Wasserproben genommen und untersucht. Tröpfchen von der Oberfläche des Polarmeers wurden ab minus sieben Grad Celsius zu Eis. Stammte das Wasser aus einigen Metern Tiefe, geschah das ab minus 17 Grad (Nature, Bd. 525, S. 234, 2015).

Der Unterschied zwischen solchen Proben liegt im biologischen Gehalt des Wassers, der auch vom Seegang abhängt. Im bewegten Meer drücken brechende Wellen Luft unter die Oberfläche. Sie steigt in Form von Bläschen wieder auf. Diese sammeln auf dem Weg Partikel auf, vor allem klebrige Sekrete von Algen und Bruchstücke zerstörter Zellen. Wenn die Blasen oben platzen, reichern sie die Meeresoberfläche mit Partikeln an. Viele davon werden in die Luft geschleudert, wo Winde sie in große Höhen tragen. Wolken, ob aus Wasserdampf oder Eiskristallen, können sich nur bilden, wo genügend solche Partikel als Kondensationskeime schweben. Nach Schätzungen werden jährlich zehn Millionen Tonnen organischer Partikel aus den Ozeanen in die Luft geschleudert. Das Forscherteam hat mit mehreren Tests belegt, dass es die Algenpartikel sind, die Tröpfchen schneller gefrieren ließen. So haben sie das Wasser vor dem Test erhitzt, um biologisches Material wie Proteine zu zerstören: Es gefror danach erst bei deutlich niedrigeren Temperaturen als zuvor. Außerdem haben die Wissenschaftler den Eis-Test mit Klebepartikeln und Zellkörpern einer Kieselalge wiederholt, die in Kultur gehalten wird: Nun hob das biologische Material die Gefriertemperatur um bis zu 13 Grad an.

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