Wissensnachrichten:Der Schrumpfkopf der Spitzmaus

Warum diese Maus ihren Schädel bisweilen dramatisch verkleinert und wieso der Saurier Sinosauropteryx eine Art Augenmaske trägt: die Wissensnachrichten der Woche.

1 / 5

Waschbären-Look

Saurier Sinosauropteryx

Quelle: Robert Nicholls/dpa

Der Saurier Sinosauropteryx verbarg sich mithilfe einer besonderen Färbung vor Feinden. Ähnlich wie heute Waschbären, hatte er eine Augenmaske, einen dunkleren Rücken und hellen Bauch sowie einen gestreiften Schwanz. "Dinosaurier waren bei Weitem nicht alle diese schwerfälligen grauen Biester, die wir aus Kinderbüchern kennen. Zumindest einige hatten komplexe Farbmuster, um Angreifer zu verwirren und sich besser zu verstecken - genau wie heutige Tiere auch", sagt Fiann Smithwick von der Universität Bristol.

Bereits 2010 hatten die Forscher die braune Gefiederfarbe des Sinosauropteryx rekonstruiert. Das Team um Smithwick beschreibt nun im Journal Current Biology, welchem Zweck die Färbung gedient haben könnte und welcher Lebensraum dazu am besten passte. Die kontrastreiche Färbung von Rücken und Bauch des Sinosauropteryx wird in der Fachwelt als Konterschattierung bezeichnet. Beim Sinosauropteryx sei der Übergang zwischen Hell und Dunkel sehr deutlich.

Das spräche dafür, dass er viel Zeit in sonnigen offenen Landschaften wie einer Savanne verbracht habe. Im Wald wäre der Farbwechsel fließender. Die Augenmaske bewirke, dass die Augen weniger gut entdeckt werden können. Der gestreifte Schwanz könnte dazu gedient haben, Angreifer zu verwirren. Der etwa 1,2 Meter große Sinosauropteryx lebte vor etwa 130 Millionen Jahren und wurde in der sogenannten Jehol-Gruppe, einer Region im Nordosten Chinas, entdeckt.

2 / 5

Wein doch nicht!

-

Quelle: Florian Kopp/Mauritius Images

Über wenige Dinge wird so viel gestritten wie die Kindererziehung. So ist es gar nicht so lange her, dass manche Pädagogen sogar davor warnten, immer sofort auf das Schreien von Babys einzugehen. Heute scheint kaum noch jemand dieser Ansicht zu sein, wie eine Studie eines Forscherteams um Marc Bornstein vom National Institute of Child Health and Human Development in den USA im Fachmagazin PNAS zeigt.

Sie beobachteten 684 Mütter aus elf Ländern in Asien, Afrika, Europa und Amerika mit durchschnittlich fünf Monate alten Säuglingen. Dabei stellten sie fest, dass durchweg alle ihre schreienden Kinder hochnahmen, sie umarmten und mit freundlichen Worten trösteten.

Ein derart universelles Verhalten müsse wohl eine biologische Grundlage haben, folgerten die Autoren und bestätigten ihre These mit einem weiteren Experiment: Sie untersuchten mit funktioneller Magnetresonanztomografie, was in den Gehirnen von 43 Müttern aus den USA und 55 aus China geschieht, wenn sie das Schreien ihrer Kinder hören. Tatsächlich passierte bei allen Probandinnen das Gleiche: Es aktivierten sich Hirnregionen, die mit dem Willen zum Bewegen und Sprechen verbunden sind.

Christian Weber

3 / 5

Schrumpfende Köpfe

Waldspitzmaus

Quelle: Karol Zub/dpa

Jeder weiß, dass die Bäuche von Lebewesen ihren Umfang verändern können. Etwas überraschend ist jedoch, was jetzt Forscher um Javier Lazaro vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfszell berichten (Current Biology): "Wir haben entdeckt, dass jede Waldspitzmaus vom Sommer bis zum Winter ihren Schädel dramatisch verkleinert", berichtet Lazaro. "Im Frühling dann wächst der Schädel wieder, bis er im folgenden Sommer fast wieder seine Originalgröße erreicht."

Hinweise auf dieses Phänomen gab es bereits früher, doch jetzt wurde es erstmals wissenschaftlich belegt und quantifiziert. So fingen die Wissenschaftler ein Dutzend Waldspitzmäuse, betäubten sie und vermaßen den Kopf mit Röntgenstrahlen. Die Messungen ergaben, dass die Schädel der Spitzmäuse zum Winter hin um 20 Prozent schrumpfen und im Frühling wieder um 15 Prozent wachsen.

Wahrscheinlich hilft der kleinere Kopf dem Tier, mit weniger Nahrung durch den Winter zu kommen. Das Gehirn braucht bekanntlich besonders viel Energie. Unklar ist allerdings, wie die Spitzmaus es schafft, den Schädel zu verkleinern. Womöglich werde Gewebe zwischen den Schädelnähten erst ab- und dann wiederaufgebaut, spekulieren die Forscher. Und offen ist eine weitere Frage: Wie wirkt sich das Schrumpfen des Gehirns auf die geistige Leistungsfähigkeit aus?

Christian Weber

4 / 5

Vögel als Babysitter

Amselnachwuchs

Quelle: dpa

Mächtig verwirrt schienen die Vögel zu sein, die der Evolutionsbiologe Sjouke Kingma von der Universität Groningen beobachtete. Sie halfen lieber anderen Artgenossen bei der Aufzucht ihres Nachwuchses, als sich selbst fortzupflanzen - ohne mit den Eltern in irgendeiner Weise verwandt zu sein. Dabei legte schon Charles Darwin einst dar, dass es im Tierreich vor allem um eines geht: den Fortbestand der eigenen Gene zu sichern. Dennoch fand Kingma in fast zehn Prozent aller 44 untersuchten Vogelarten das mysteriöse Verhalten. Warum nur? Waren die Tiere einfach verblödet?

Womöglich steckt eben doch Eigennutz dahinter, erklärt der Evolutionsbiologe aktuell im Fachblatt Nature Communications. Vögel nämlich sehen ihr Terrain ähnlich wie wir Menschen unser Eigenheim. Sie erlauben manchmal nichtverwandten Artgenossen, in ihrem Gebiet zu leben, so wie ein Untermieter in einem Haus Platz findet. Je hilfsbereiter sich der fremde Vogel zeigt, desto größer seine Chancen, im Terrain toleriert zu werden. Um dort später eine eigene kleine Vogelfamilie zu gründen. Oder vielleicht sogar das Gebiet selbst zu übernehmen.

Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass Vögel allenfalls verwandten Artgenossen bei der Aufzucht helfen, dem kleinen Bruder oder der Schwester. Um eben den Fortbestand der Gene zu sichern.

Astrid Viciano

5 / 5

Einsamkeit und Egozentrik

-

Quelle: imago stock&people

Regelmäßig meldet sich eine Sehnsucht, doch bitte endlich von allen anderen sogenannten Mitmenschen in Ruhe gelassen zu werden. Endlich mal alleine und niemandem Rechenschaft schuldig zu sein, klingt in Phasen sozialer Überforderung wie eine paradiesische Verheißung.

Doch Vorsicht, wer zu lange alleine oder gar einsam ist, der fokussiert sich zu stark auf sich selbst. Das wiederum kann dazu führen, sich erst recht einsam zu fühlen; beziehungsweise darf darüber spekuliert werden, dass die Wandlung zum Egozentriker dazu führt, dass Mitmenschen automatisch auf Abstand gehen. Psychologen um John Cacioppo von der University of Chicago berichten zumindest im Fachmagazin Personality and Social Psychology Bulletin, dass sich Einsamkeit und Ichbezogenheit gegenseitig hochschaukeln.

Für ihre Studie begleiteten sie über zehn Jahre den Seelenhaushalt von 229 Bewohnern von Cook County, Illinois. Die Probanden erschienen jährlich, um umfangreiche Fragebögen auszufüllen. Dabei stellten die Psychologen fest, dass Einsamkeit in einem Jahr mit besonderer Ichbezogenheit im Jahr darauf korrelierte. Einen ähnlichen, wenn auch nicht ganz so deutlichen Effekte, identifizierte Cacioppo auch im umgekehrten Fall, dass also Ichbezogenheit Einsamkeit im Folgejahr begünstigte. Die Gesellschaft anderer Menschen mag zwar anstrengend sein, doch ohne soziales Umfeld mutiert man leicht zum seltsamen Schrat.

Sebastian Herrmann

© Sz.de/dpa/beu
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: